Duisburg. . Ruhrtriennale zeigt in der Kraftzentrale die Filminstallation „Manifesto“ von Julian Rosefeldt. Cate Blanchett: von der Punkerin zur Börsenmaklerin.
- Es ist die zweite Arbeit von Julian Rosefeldt im Duisburger Landschaftspark
- Der Künstler aus Berlin Er will damit die Texte von Künster-Manifesten wiederbeleben
- In nur zwölf Tagen entstanden die Filme mit dem Hollywood-Star Cate Blanchett
Cate Blanchett in 13 Rollen in zwölf Filmen in der Kraftzentrale des Landschaftsparks: So groß hat der Berliner Künstler Julian Rosefeldt seine Arbeit „Manifesto“ noch nie gezeigt. Und so vielgestaltig, intensiv und im direkten Vergleich hat die Oscar-Preisträgerin ihre Schauspielkunst wohl auch noch nicht unter Beweis stellen können wie in dieser Arbeit. Sie wird nach „In the Land of Drought“ (2015 zu Haydns „Schöpfung“ und anschließend im Schalthaus Ost ausgestellt) als zweite Filminstallation Rosefeldts bei einer Ruhrtriennale im Landschaftspark gezeigt.
"Man darf brüllen, aber mit Sinn und Verstand"
Während Menschen „Im Land der Dürre“ nur Statistenrollen hatten, stehen diesmal Menschen im Mittelpunkt. Rosefeldt betont, er habe Texte wiederbeleben wollen, Manifeste, meist von Künstlern am Anfang ihrer Karriere „mit juvenilem Aufschrei“ verfasst. Dabei habe er die Verfasser als Literaten, ja Lyriker entdeckt: Futurismus, Expressionismus, Kreationismus, Suprematismus, Dadaismus, Surrealismus – „Ismen“, aber auch Architektur und Film wurden in Manifeste gefasst. Als Prolog ist – zum Bild einer brennenden Zündschnur – das wohl bekannteste vertreten, das Kommunistische Manifest. „Manifesto“ sei auch eine politisch brisante Arbeit, sagt der Künstler. Weil heute viel gebrüllt werde, aber ohne Verstand. „Man darf brüllen, aber mit Sinn und Verstand“, so Rosefeldt, der von „Sätzen voller Strahlkraft“ in den ausgewählten Texten schwärmt.
Cate Blanchett habe er vor fünf Jahren bei einer Ausstellung in Berlin kennen gelernt. Drei Jahre später war die konkrete Idee zu „Manifesto“ geboren. In nur zwölf Drehtagen entstanden die jeweils zehneinhalb Minuten langen Filme, die Blanchett als ungemein wandelbare Schauspielerin zeigen, Frisur, Maske und Kostüme in Hollywood-Perfektion.
Jeden Tag in einem anderen Dialekt
Bewundert habe er an ihr aber auch, wie sie die großen Textmengen bewältigt – und dazu noch jeden Tag in einem anderen Dialekt gesprochen habe. Als herunter gekommener Obdachloser zum Beispiel mit schottischem, als spießige Mutter mit Südstaaten-Zungenschlag. Blanchett als betrunkene, tätowierte Punkerin, als angespannte Börsenmaklerin, als verhärmte Arbeiterin, als perfekte Gastgeberin, als weiß verhüllte Wissenschaftlerin, als Trauernde, als engagiert-freundliche Nachrichtenmoderatorin und Reporterin, als zuchtmeisterliche Choreographin, als Puppenspielerin, deren Puppen Angst machen, als mustergültige Lehrerin.
Je nach Standort in der Halle hört man die gesprochenen Worte eher inhaltlich oder als parallelen Klang. In exakt getaktetem Abstand wendet die Hauptdarstellerin das Gesicht in die Kamera, blickt also den Zuschauer direkt an und vermittelt mit eindringlichem Blick einzelne Sätze. Das Pop-Art-Manifest von Claes Oldenburg betet ausgerechnet die Mutter vor dem Sonntagsmahl. „Ich bin für die Kunst, die ein Kind abschleckt, nachdem es sie ausgewickelt hat.“
Dritter „Manifesto“-Künstler ist Kameramann Christoph Krauss. Seine Kunst zeigt die zwölf Filme in eindringlichen Bildern von großer atmosphärischer Dichte. Erstaunlicherweise wurden die Orte fast alle in Berlin gefunden, vermitteln dem, der in der Hauptstadt nicht zu Hause ist, aber das Gefühl, in irgendeiner Großstadt zu sein. Die Bilder von Interieurs – ob Wohnzimmer, Müllverbrennungsanlage oder Friedhof – entfalten eine emotionale und erzählerische Kraft, die ohne Worte gefangen nimmt.
Bis 24. September in der Kraftzentrale
„Manifesto“ bleibt bis 24. September in der Kraftzentrale. Geöffnet: dienstags bis sonntags 13 bis 20 Uhr, am 16. und 17. September von 13 bis 17.30 Uhr; geschlossen am 6., 7., und vom 12. bis 15. September.