Duisburg. . Hombergs Rheinseite steckt voller Geschichte und Geschichten. Früher zogen Pferde vom Ufer aus Schiffe. Jetzt gibt’s eine Straße, die direkt in den Rhein führt.
Diese Ruhe, diese Abgeschiedenheit, das ganze Grün in allen Schattierungen – dass unweit der Homberger Rheinanlagen einmal Züge rangierten, dass Lokomotiven pfiffen und zischten, ahnt man kaum, aber Reinhard Stratenwerth weiß es. Und noch viel mehr über Homberg gestern und heute. Mit ihm haben wir den Leinpfad der „Stadt im Grünen“ erkundet, wo er uns seinen Lieblingsplatz gezeigt hat.
Wir treffen uns zu Füßen des Homberger Hebeturmes, der heute einem Künstler als Atelier und Wohnung dient, früher aber dafür sorgte, dass Eisenbahnwaggons per Schiff auf die andere Rheinseite kamen. Ein Bahnhof hüben, einer drüben, dazwischen die Waggonfähre – das war einmal. Jetzt sind die Rheinanlagen eine Insel der Ruhe im Getriebe der Großstadt. Eine Skulptur aus Teilen einer alten Straßenbahnlinie erinnert an der Ruhrorte Straße an bewegtere Zeiten am Homberger Rheinufer.
Schifferverein errichtete einen Flaggenmast
Über einen ummauerten Platz gehen wir zum backsteinstufengiebelgezierten Klubhaus von Germania. Der Ruderklub hat seinen Anleger im nahen Eisenbahnbecken und eine Bier-Terrasse namens „Rheinblick“. Das Bier lassen wir aber aus und gehen an einem schönen, baumbeschatteten Spielplatz vorbei zum evangelischen Pastorat, wo bis in die 50er Jahre ein 300 Jahre alter Maulbeerbaum stand. Stratenwerths Eltern wohnten nebenan, diese Gebäudehälfte wurde von der früheren Zeche Rheinpreußen genutzt. Wir queren die Königstraße, die von einem Eisengeländer gesäumt ist, das schon 1907 zum Ensemble der „Admiral-Scheer-Brücke“ gehörte. Auch Teile der Brückenköpfe sind erhalten, wie Stratenwerth uns am Eisenbahnhafen zeigt. Sie tragen die „Friedrich-Ebert-Brücke“, die 1954 der gegen Kriegsende gesprengten Vorgängerin folgte.
Neben einem Reedereigebäude hat der Homberger Schifferverein einen Flaggenmast errichtet und ihn mit Anker, Schiffsschraube, Glocke und Steuerrad verziert. Die Bank direkt daneben, sagt der Überzeugungs-Homberger Stratenwerth, sei sein Lieblingsplatz: „Nirgendwo hat man einen schöneren Blick auf Ruhrort.“ Recht hat er.
Weiter geht’s durch den Biergarten „Hafensturm“, wieder gibt’s kein Bier, aber weitere Informationen. Das weiße Türmchen zwischen den Biertischen gehörte früher zur Pumpstation, die sich hinter der Ufermauer verbirgt. Auch wenn man das nicht so genau weiß, sagt Stratenwerth, „kann man hier stundenlang sitzen“.
Tankschiffe und Schubverbände sorgen für Abwechslung
Oder eine Treppe hinuntergehen in Richtung Eisenbahnhafen und Rhein, wo man auf den Leinpfad stößt. Früher wurde der Weg genutzt von den Treidlern, die mit ihren Pferden Schiffe stromauf zogen. Heute ist nicht mehr harte Arbeit, sondern Entspannung angesagt auf dem Weg, der bis Essenberg bestens ausgebaut ist. Immer am Rhein lang, der zwischen Ruhrort und Homberg laut Stratenwerth so breit ist, wie nirgends sonst: „Deshalb dürfen hier auch Schiffe wenden.“
Links sorgen Tankschiffe und Schubverbände für Abwechslung, rechts taucht der historische Schriftzug an der Ufermauer auf: „Homberg, Stadt im Grünen“, gerade wieder einmal frisch erneuert vom Freundeskreis Historisches Homberg. 1936 gab’s die unübersehbare Information erstmals, als Homberg offiziell zum Fremdenverkehrsort ernannt wurde. Bei extremen Hochwasser steht der Rhein bis zum Querstrich im großen „H“, genauer abzulesen ein paar Schritte weiter beim Wasser- und Schifffahrtsamt auf einer präzisen Skala mit allen bemerkenswerten Pegelständen der letzten Jahrzehnte.
Etwas seltsam sieht die Straße aus, die wir nun entdecken: Sie führt geradewegs in den Rhein. Ein Gegenstück findet sich am anderen Rheinufer, unweit der Skulptur „Rheinorange“. Es handele sich um eine sogenannte „Nato-Rampe“, erläutert unser Homberg-Experte. Sie erlaubt Panzern die Querung des Rheins und es ihrer noch mehrere am ganzen Strom. „99 von 100 Leute wissen das nicht“, sagt Stratenwerth. Wir wissen’s jetzt.