Duisburg. . Dalia El Guindi ist bei den Philharmonikern Spezialistin für die Oboe. Weil zwischen den Einsätzen oft Wartezeiten liegen, wird es unberechenbar.

Dalia El Guindi hat auf ihrem Weg zur Oboe und weiter zum Englischhorn manche Kurve genommen und Grenzen getestet. Seit zehn Jahren ist sie die Spezialistin für das Instrument bei den Duisburger Philharmonikern, hier hat sie erkannt, dass das Englischhorn gut zu ihr passt, und jetzt spielt sie es „besonders gerne“. Obwohl das Alt-Instrument aus der Oboenfamilie launisch ist. Denn es hat zwar viele schöne Soli, aber dazwischen liegen „unangenehme Wartezeiten“. Das Englischhorn bleibt „kalt“, und „man weiß nicht, was das Rohr in der freien Stunde gemacht hat“. Dann kommt – zack – das Solo. „Das ist die Herausforderung, man muss Erfahrungen sammeln.“

Dalia El Guindi, die einen ägyptischen Vater hat, ist als Tochter einer Schweizer Klavierlehrerin in der Nähe von Zürich aufgewachsen. Blockflöte und Klavier lernte sie als Kind, wollte schon früh die Musik zu ihrem Beruf machen. Aber nicht mit Klavier oder Blockflöte. „Ich habe vieles ausprobiert“, sagt sie. Aber den Vorschlag ihrer Musiklehrerin, es mal mit der Oboe zu versuchen, lehnte die Zwölfjährige vehement ab. Sie fand das Instrument schrecklich – bis sie eines Tages im Radio eine Sonate mit Oboe von Camille Saint-Saëns hörte.

„Es war Liebe auf den ersten Ton, und ich habe in Sekunden gewusst: Das muss mein Beruf werden.“ Eine „völlig irrationale“ Situation, ein Moment, den sie bis heute nicht begreifen kann. „Ich hatte das Instrument noch nie in der Hand gehalten. Und dann war ich sofort besessen.“ Bis dahin sei Musik eine von vielen Interessen gewesen. „Ich war schon 15, musste bei Null anfangen und mich sputen.“

Musik als Motor und Kraftquelle

Dennoch wollte sie noch ein Jahr im Ausland verbringen, unter der Bedingung, weiter Oboe lernen zu können. An Frankreich, Kanada oder Schweden hatte sie gedacht. Als ihr dann von der Austausch-Organisation Honduras angeboten wurde mit der Zusicherung, dort gebe es eine Musikschule, sagte sie ja. „Eigentlich ein verrücktes Abenteuer.“

Das sie tief beeindruckte, denn der riesige Gegensatz zwischen der wohlhabenden Familie, in der sie in dem mittelamerikanischen Land lebte, und der Armut der Menschen, die sie auf der Musikschule kennenlernte, war für die Schülerin aus der reichen Schweiz nur schwer zu ertragen. „Die Menschen hatten weniger, als ich es mir bis dahin vorstellen konnte.“ Zugleich habe die „Musik ihr Leben erfüllt als Motor und Kraftquelle“. Musik löse nicht die existenziellen Probleme, aber sie sei dort Antrieb für „unbeschreiblichen Einsatz“.

Duisburger haben ihr Herz erobert

Dalila El Guindi begann in Zürich, Oboe zu studieren, Englischhorn ist kein eigenes Studium. Später lernte sie in Berlin und Augsburg weiter, machte ein zweijähriges Praktikum an der Orchesterakademie des Züricher Opernhauses. Sie gewann ihr Probespiel in Bochum, überstand dort aber nicht die Probezeit, sie gewann ihr Probespiel als Englischhornistin in Duisburg, versuchte es dennoch in der Schweiz und kehrte nach der Probezeit zurück nach Duisburg. Eine interessante Stelle, weil „so viele verschiedene Konzerte und schöne Opern“ gespielt werden. „Toll“ sei ihr Instrument bei Puccini, Barockmusik, Mozart-Opern zu spielen.

In ihrer Freizeit würde sie ihren musikalischen Horizont gern erweitern in Richtung Barock-Oboe, Jazz-Klavier oder orientalische Musik. „Ich möchte diese Welten nicht trennen, sondern zusammenführen.“ Die Duisburger haben ihr Herz erobert. „Dass uns so viele Abonnenten treu geblieben sind, ist gar nicht genug wertzuschätzen. Ich hatte den Eindruck, dass sie auch im TaM eine gute Zeit hatten. Und dafür sind wir schließlich da, dem Publikum etwas zu geben.“

„Das habe ich mir ganz anders vorgestellt“ 

Den Satz „Ein Horn habe ich mir aber jetzt ganz anders vorgestellt“ hat Dalia El Guindi schon oft gehört. „Es ist eigentlich eine Alt-Oboe, und woher der Name kommt, ist unklar“, sagt die Musikerin. Es gebe verschiedene Theorien. Eine mutmaßt, das Instrument komme aus England, eine andere, der Name habe etwas mit Engeln zu tun. „Ich halte aber einen Übersetzungsfehler für wahrscheinlich“, sagt Dalia El Guindi. Ursprünglich habe es krumme Instrumente gegeben, die auf Französisch „cor anglé“, also geknicktes Horn hießen. Daraus sei dann möglicherweise „cor anglais“, also englisches Horn geworden, das dann wörtlich ins Deutsche übersetzt wurde.

Wer das Englischhorn spielt, darf weder eitel noch ungeduldig sein. Auch für diese Oboe müssen die Mundstücke mühevoll selbst gemacht werden, beim Rohrbau entstehen viele unbrauchbare. „Und wenn man zu viel Blasdruck aufbaut, wirkt der Kopf runder, das ist weder gesund noch schön“, sagt Dalia El Guindi.