Duisburg. . Vom Straßenverkehrsamt über Bauberatung, Sozialamt bis Einbürgerungsbehörde sorgen lange Wartezeiten für Ärger in Duisburg. Anträge bleiben liegen.
In immer mehr städtischen Ämtern herrscht der personelle Notstand. Etliche Klagen über lange Wartezeiten an verschiedenen Stellen haben die Redaktion in den vergangenen Wochen erreicht. Ein Überblick.
Das Straßenverkehrsamt bleibt einer der größten Aufreger. Durch krankheitsbedingte Ausfälle, aber auch verwaltungsinterne Wechsel auf höher dotierte Stellen bleiben Führerscheinanträge monatelang liegen. Seit Juni soll das Team der Fahrerlaubnisbehörde, in der zwischenzeitlich nur zwei von sechs Mitarbeiterinnen zur Verfügung standen, wieder komplett sein. Bis die aufgelaufenen Anträge abgearbeitet sind, ist es laut der Beigeordneten Daniela Lesmeister aber Sommer.
Bis zu 6,5 Stunden Wartezeit
In der Zulassungsstelle, in der Kunden von Wartezeiten bis zu 6,5 Stunden berichteten, hatten die beiden neuen Mitarbeiterinnen für den direkten Kundenkontakt jetzt zwei Monate Zeit für die Einarbeitung. Zudem sind fünf Projektstellen wegen der Personalnot eingerichtet worden. Auch soll der Organisationsprozess optimiert werden.
Ärger auch über die Bauberatung: Man bekomme schneller einen Termin bei einem Facharzt als dort, kritisierte unlängst ein Ungelsheimer, der Rat in einer Grundstückfrage suchte. Die Stadt musste auch hier erhebliche Wartezeiten eingestehen. Ein Mitarbeiter fehlte lange krankheitsbedingt, kehrt jetzt zurück. Und die verbliebene Kollegin musste in einem anderen Fachbereich der Stadtplanung einspringen. Die kostenlose Bauberatung hat als freiwilliger Service nicht die obere Priorität bei der Stadt.
Langfristige Ausfälle
Unmut über lange Wartezeiten auch beim Sozialamt: An allen fünf Außenstellen gab es zuletzt personelle Engpässe. Grund seien unbesetzte Stellen und langfristige krankheitsbedingte Ausfälle.
Und die Einbürgerungsbehörde musste durch Ruhestand oder stadtinterne Wechsel personell komplett neu aufgestellt werden. Mit 717 Einbürgerungen ist die Zahl 2015 im Vergleich zu den Vorjahren fast um die Hälfte zurückgegangen. Einen Duisburger wundert das nicht. Seine Partnerin aus der Ukraine, erzählt er, habe allein für ein Informationsgespräch erst einen Termin in sechs Monaten bekommen. Und danach müsse sie noch ein paar Jahre auf ihre Einbürgerung warten.
Deutlich mehr Einbürgerungen 2016
Sieben neue Mitarbeiterinnen sind laut Stadt derzeit damit beschäftigt, die Rückstände aus 2015 abzuarbeiten. Termine seien deshalb teilweise schon bis Ende des Jahres vergeben. Die Stadt rechnet für 2016 wieder mit deutlich mehr Einbürgerungen.
Dies hilft etwa der Ukrainerin aktuell nicht weiter. Was ihren Partner besonders ärgert: Sie spreche fließend Deutsch, lebe und arbeite seit 20 Jahren in Deutschland, ihr Sohn sei hier geboren. Und vor allem habe sie in Magdeburg, ihrer früheren Heimatstadt, bereits ein Beratungsgespräch geführt und auch einen Sprach- und Einbürgerungstest erfolgreich absolviert. „Wenn die Stadt überall solche personellen Probleme hat: Warum werden dann auch in solchen Fällen noch zusätzliche Ressourcen unnötig gebunden?“
Personalrat der Stadtverwaltung: „Die Lage ist schizophren“
„Strukturelle Mängel“ hat der Personalratsvorsitzende Rainer Hagenacker bei der aktuellen Beschäftigungssituation in der Stadtverwaltung ausgemacht, in der 6200 Mitarbeiter arbeiten. 2015/16 wurde allein im Sozial- und im Ordnungsbereich ein Bedarf von 350 zusätzlichen Stellen ausgemacht. Hausmeister beispielsweise wurden auf dem freien Arbeitsmarkt gesucht. Doch mehr als 200 Mitarbeiter kamen durch das interne Bewerbungsverfahren. „Da wird ein Loch gestopft und das nächste direkt gerissen“, beurteilt Hagenacker die Lage. Die neuen Mitarbeiter fehlen an ihren alten Arbeitsplätzen.
„Das interne Rotieren führt zum Beispiel zu Engpässen in der Postverteilung“, nennt er ein Beispiel. Auch die Stadtkasse sei akut unterbesetzt. Gleiches Bild bei den Politessen, die sich auf frei gewordene, höher dotierte Stellen beworben haben. „Wir haben nicht alle Stellen besetzt“, lautet die Lagebeschreibung.
Eine Zumutung für die Bürger
Ein großes Problem ist die Bauordnung. Bürger gehen davon aus, dass sie für einen Carport-Bausatz nach vier Wochen eine Genehmigung haben. „Da stapeln sich aber die Anträge, die nacheinander abgearbeitet werden müssen“, beschreibt Hagenacker den Mangel: „Zur Zeit dauert das Genehmigungsverfahren dann fünf, sechs Monate. Das ist den Kollegen dort selbst hochnotpeinlich.“ Abhilfe könnte nur mehr Personal schaffen. „Oder die Mitarbeiter prüfen nicht mehr“, Hagenacker. Aber das sei seit der Loveparade völlig undenkbar. „Für die Bürger ist die Situation eine Zumutung“, weiß der Personalratsvorsitzende. Zwar werde sich die Zahl der Verwaltungsauszubildenden in 2017 auf 85 verdoppeln. In der aktuellen Lage helfe das aber wenig. Wenn nun angesichts der Haushaltslage Personalabbau, der auch von der Bezirksregierung angemahnt wird, im Raum steht, findet Hagenacker das „schizophren“. Er fordert Mitarbeiter auf dem externen Markt zu suchen: „Wir bräuchten mindestens 50 Neue pro Jahr“, zumal in naher Zukunft die Babyboomer aus dem 55-er Jahrgang in Rente gehen.