An Rhein und Ruhr. “Moby Dick“ im Rhein: 50 Jahre ist es her, dass sich ein weißer Wal in den Rhein verirrt hat. Er blieb nicht der einzige ungewöhnliche Gast.

Am 18. Mai 1966 funkt die Besatzung eines Tankschiffs an die Wasserschutzpolizei in Duisburg eine schier unglaubliche Beobachtung - eine Walsichtung im Rhein. Die Polizei vermutet erst einen Scherz der Männer. Dann aber entdecken auch die Beamten den hellen und etwa vier Meter langen Beluga im trüben Rhein. Beheimatet sind die Tiere eigentlich in arktischen und subarktischen Gewässern. Der Name für den Riesen steht schnell fest - „Moby Dick“, benannt nach dem berüchtigten Wal aus dem Roman von Herman Melville. Der Wal ist eine Attraktion: Von Duisburg bis hinter Bonn stehen die Menschen in Scharen am Flussufer.

„Ich habe ihn etliche Male gesehen, weil er immer in Begleitung von Wasserschutzpolizei und etlichen Sportbooten auf dem Rhein unterwegs war“, erinnert sich Werner Proff. Der heute 77-Jährige war vor 50 Jahren täglich auf dem Fluss – als Steuermann auf der „Bismarck“, einem Radschiff der Köln-Düsseldorfer Rheinschifffahrt. Einmal sei „Moby Dick“ ganz nah gewesen. „War ein schöner Kerl, enorm groß“, erzählt Proff. „Hin und wieder hat man gesehen, wenn er eine Wasserfontäne hochgeblasen hat.“ Bis heute weiß man nicht, wie sich der Gast aus dem eisigen Meer in den Rhein verirren konnte. „Es ist etwas, was man nicht mehr erleben wird“, ist sich Volker Grün, Kurator im Duisburger Zoo, sicher. Um den 16. Juni hatte der Wal wieder den Weg zurück in die Nordsee gefunden.

Tierwanderungen von der Nordsee in den Rhein

Dabei ist der weiße Wal nicht der einzige ungewöhnliche Gast im Rhein gewesen. 2014 wurde eine Robbe im Düsseldorfer Medienhafen gesichtet. Schon elf Jahre zuvor war es zu einer ähnlich tierischen Sichtung gekommen – ein Seehund hatte sich ebenfalls in den Rhein verirrt und war bis Düsseldorf geschwommen.

Pottwal strandet am Duisburger Rheinufer

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    Seehunde und Wale sind im Rhein schon außergewöhnlich. Mittlerweile tummeln sich in dem Fluss aber auch wieder viel kleinere Lebewesen, die aus der Nordsee ihren Weg gefunden haben. „Durch die verbesserte Wasserqualität in den letzten 30 bis 40 Jahren sind die Flüsse für viele Fischarten durchgängiger geworden“, sagt Peter Schütz, Pressesprecher vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV).

    Vom Salz- ins Süßwasser

    Das seien jedoch vor allem Fischarten, die es bereits früher einmal im Rhein gegeben hat, die sich aber dann aufgrund der schlechten Wasserqualität in die Nordsee zurückgezogen haben. Sowohl der Nordseeschnäpel als auch der Weißflossengründling sind Fische, die laut LANUV nun wieder vereinzelt im Rhein auftauchen. Auch Wanderfische wie den Aal gibt es wieder häufiger, auch wenn sie nach wie vor zu den gefährdetsten Tierarten im Rhein zählen.

    Dass auch Wale in die Flüsse aufsteigen können, sei theoretisch weiterhin möglich, sagt Schütz. Für Fische sei ein Wechsel von Salz- in Süßwasser kein Problem, für Säugetiere könne es zwar durchaus schwieriger, aber nicht unmöglich sein, meint Dr. Michael Möhlenkamp vom Fischereiverband NRW. Denn bei Robben sei beispielsweise zu beobachten, dass sie sich hin und wieder im Brackwasser oder an Flussmündungen aufhalten. Dort sei der Salzgehalt des Wassers deutlich niedriger als im Meer.

    Heute ist "Moby Dick" ein Ausflugsschiff

    Ein Überleben von verirrten Walen über einen längeren Zeitraum im Rhein stuft Dr. Möhlenkamp als schwierig ein. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Allein der Lebensraum sei für einen Wal aufgrund des Platzmangels ungeeignet. Hinzu kommt der Stress für das Tier, der durch den regen Schifffahrtsverkehr ausgelöst wird.

    Dennoch gibt es einen Lichtblick für alle Wal-Enthusiasten – einen „Moby Dick“ gibt es seit 1976 wieder auf dem Rhein; ein Ausflugsschiff in Form eines Wals. Und die Wasserschutzpolizei Duisburg verwendet für ihren Polizeifunk immer noch den Funkrufnamen „Beluga“. (mit dpa)