Duisburg. . Künstler Jörg Mazur will dem Wal, der sich 1966 im Rhein verirrte, ein Denkmal setzen. Bei den Duisburger Akzenten greift er die alte Geschichte auf.
Wale haben Jörg Mazur schon immer fasziniert. Als Kind haben ihm seine Eltern oft von dem Wal erzählt, der sich 1966 im Rhein verirrt hatte. Später machte Familie Mazur oft Ausflüge entlang des Duisburger Rheinabschnitts. Inzwischen ist Mazur erfolgreicher Künstler – und die riesigen Säugetiere interessieren ihn noch immer. Bei den „Akzenten“ greift er die alte Geschichte auf und will dem Wal ein Denkmal setzen. Aus dem Prototyp, den er aus einem riesigen Styrofoam modellieren will, könnte am Ende eine Landmarke werden. Walkommen, Rhineheart.
In Mazurs Atelier stehen schon kleine Modelle der Büste. Mit einem Messer bearbeitet der 45-Jährige das Tier. Der Absolvent der Folkwang-Uni war für einige Arbeiten immer wieder im Duisburger Zoo und hat die Meeres-Säuger studiert. Später reiste er auf die Lofoten, an die Westküste, nach Kanada, um die Tiere in freier Wildbahn zu beobachten und die Arbeit von Forschungsstationen mitzuerleben.
Der Wal ein Held
Für Mazur ist der Wal, der am 18. Mai 1966 von Schiffern gesichtet wurde, ein Held. Er schwamm bis ins Bonner Regierungsviertel, erregte dort bei einer Pressekonferenz große Aufmerksamkeit. Politiker und Journalisten, die eigentlich ein anderes Thema besprachen, beobachteten den Wal. Später wurde festgestellt, dass das Tier mit Ekzemen übersät war. Das führte dazu, dass kurze Zeit danach ein Gesetz zur Renaturierung des Rheins erlassen wurde, das die Wasserqualität erheblich verbesserte. „Der Wal hat außerdem eine große Solidarität erfahren“, erinnert sich Mazur.
Der damalige Zoo-Direktor Wolfgang Gewalt wollte den Wal bejagen und mit einer orangenen Boje markieren. Tierschützer aber charterten ein Luftschiff und warfen Orangen ins Wasser – der Wal tauchte immer rechtzeitig unter und entwischte dem Zoo-Chef. Mit Blick auf die Pegida-Bewegung in Duisburg sagt Mazur: „Es ist doch schön, dass so ein fremdes Wesen wie ein Wal so eine Solidarität erfährt.“ Damals wurde das Tier im Volksmund „Moby Dick“ genannt. Mazurs Kunstwerk heißt „Rhineheart“: „Reinhard heißt im Deutschen ,der weise Ratgeber’ – und ,Rhineheart’ hat einfach eine ganz schöne, andere Bedeutung.“
Der Oberhausener, der früher im Duisburger Handarbeitsladen seiner Mutter Malkurse gab, hat ein Faible für rundliche Formen. Die Wal- und Delfin-Büsten sind ebenso üppig wie die menschlichen Körper, die er entwirft. Zuletzt hat er in Oberhausen die umstrittene „Concordia“ für einen Kreisverkehr gefertigt. „Zum einen erzeugt Masse eine andere Wirkung. Zum anderen ist das eine Huldigung an das Leben. Das Leben ist eine fette Sache.“
Künstler lässt sich bei der Arbeit zuschauen
Mit Styrofoam werden eigentlich Dächer gedämmt. Anders als Styropor hat das Material allerdings keine Kügelchen-Struktur und lässt sich deshalb gut bearbeiten. 17 Platten, jede 1,20 Meter lang und 60 Zentimeter breit, wird Jörg Mazur zu einem Block zusammenkleben. Aus diesem wird dann nach und nach die Wal-Büste entstehen. „Das ist spannend, als Bildhauer vor Publikum zu arbeiten.“
Am 7. März geht’s im Uni-Polster-Kaufhaus los, später zieht er mit der Arbeit um an den Rhein. Vor dem „Hübi“ will er arbeiten, vor der „RuhrArt“-Galerie, im Lehmbruck-Museum, im Zoo und am Ziegenpeter. „Das Material ist nicht sonderlich schwer, aber ich habe trotzdem Assistenten dabei, die mir beim Transport helfen.“
Jörg Mazurs Wunsch wäre es, dass aus der Styrofoam-Variante irgendwann eine Stahl- oder Bronze-Plastik wird, die tatsächlich einen Platz im Rhein findet. Als Landmarke und Erinnerung an dieses außergewöhnliche Ereignis von 1966.