Duisburg-Bruckhausen. Nach acht Jahren Planung, Streit, Ankauf, Abriss, Rückbau, Neubau feiert ein ehrgeiziges Stadtentwicklungsprojekt mit einem Fest seine Vollendung.

Auch der längste Marathonlauf führt irgendwann einmal durchs Ziel: So am kommenden Samstagmittag im Duisburger Norden, wo ein 72 Millionen Euro gewichtiges wie ehrgeiziges Stadtentwicklungs-Projekt namens „Grüngürtel Duisburg-Bruckhausen“ nach achtjähriger Zeit der Planung, des hitzigen Wettstreites um Ankauf, Abriss, Rückbau und Neubau nunmehr mit einem großen Volksfest gefeiert werden soll. Mission erfüllt, die Zukunft kann beginnen.

So sehen es Oberbürgermeister Sören Link und Stadtplanungsdezernent Carsten Tum, die gestern zusammen mit Vertretern von Thyssen-Krupp-Stahl und der städtischen Entwicklungs-Gesellschaft Duisburg (EGDU) im neuen Park vor die Presse traten.

Von Land, Bund, EU und Thyssen-Krupp finanziert

Der „Park vor der Haustür“, wie der Bruckhauser Grüngürtel heißen soll, hat nach Worten von OB Link „eine große Strahlkraft für die ganze Stadt“. Er sei zukunftsweisend und biete eine große Chance für ein attraktiv gewordenes Wohnquartier am Rande der Stahlindustrie, für ein Viertel, das sich in „großer Schieflage befand“. Er sei zudem mit über 500 neu angepflanzten Bäumen bestes Beispiel für Duisburg als die „Grüne Stadt“.

Pose im Park: Oberbürgermeister Sören Link gestern im neuen Park in Bruckhausen.
Pose im Park: Oberbürgermeister Sören Link gestern im neuen Park in Bruckhausen. © FUNKE Foto Services

Der Grüngürtel ist eine von Land, Bund, EU und Thyssen-Krupp finanzierte Stadterneuerungsmaßnahme in den drei Nord-Stadtteilen Marxloh, Bruckhausen und Beeck. Mit der Umsetzung des Projektes wurde im Jahr 2008 begonnen.

Erklärtes Ziel war es , durch Abriss von oft auch leerstehenden Häusern in schlechtem Zustand die Wohn- und Lebensqualität der Einwohner vor Ort in den Stadtteilen zu stabilisieren und zu verbessern. Dafür wurden zwischen 2008 und 2015 bislang 161 Wohngebäude abgerissen und 450 Haushalte mit mehr als 1000 Bewohnern in neue Wohnungen umgesiedelt. Jeder zweite von ihnen ließ sich im eigenen Stadtteil wieder ansiedeln.

Niemals schäbig werden lassen, was schön geplant war

In Bruckhausen wurde dann auf 8,3 Hektar freigeräumter Fläche zwischen Kaiser-Wilhelm-Straße und Reiner-/Bayreuther Straße im Schatten vom Thyssen-Krupp-Stahl der neue Park errichtet. „Dies ist“, so Dezernent Tum, „ein sinnvoller Puffer für eine entspanntes, zukunftsweisendes Nebeneinander von Industrie und Wohnen.“ Eine Einschätzung, die von kritischen Beobachtern außerhalb der Stadt indes massiv in Zweifel gezogen wird.

Erst 65 von 72 Millionen Euro sind nach Worten von Heiner Maschke, dem Geschäftsführer der als Sanierungsträger auftretenden EGDU ausgegeben worden. Der Rest stehe somit für kommende drei Jahrzehnte zur Parkpflege zur Verfügung. Damit hier niemals mehr etwas schäbig werde, was einst schön geplant war.

Bruckhausen: Vom Arbeiterviertel zum Grüngürtel am Stahlwerk

Im Schatten des Stahlwerks: Bruckhausen wie zu Schimanskis Zeiten. Zwischen diesem Foto von 2007...
Im Schatten des Stahlwerks: Bruckhausen wie zu Schimanskis Zeiten. Zwischen diesem Foto von 2007... © WAZ Fotopool
... und diesem (Oktober 2015), beide entstanden an der Ecke Kaiser-Wilhelm-Straße/Dieselstraße, liegen zwölf Jahre. Wie an so vielen Stellen im Ruhrgebiet prägt das Nebeneinander von...
... und diesem (Oktober 2015), beide entstanden an der Ecke Kaiser-Wilhelm-Straße/Dieselstraße, liegen zwölf Jahre. Wie an so vielen Stellen im Ruhrgebiet prägt das Nebeneinander von... © Fabian Strauch
... Relikten der Industrie und Grünflächen für die Bürger nun auch in Bruckhausen das Stadtbild.
... Relikten der Industrie und Grünflächen für die Bürger nun auch in Bruckhausen das Stadtbild. © Fabian Strauch
Schandfleck wäre vielleicht zu hart, aber ein Vorzeigeviertel war das Gebiet des heutigen Grüngürtels definitiv nicht, wie diese wilde Müllkippe auf der Edithstraße im Juli 2013 zeigt.
Schandfleck wäre vielleicht zu hart, aber ein Vorzeigeviertel war das Gebiet des heutigen Grüngürtels definitiv nicht, wie diese wilde Müllkippe auf der Edithstraße im Juli 2013 zeigt. © Kerstin Bögeholz
Das Problem in Bruckhausen: Immer mehr Häuser standen leer, das Viertel war geprägt von den Abbrucharbeiten - und Vandalismusschäden wie an diesem Haus an der Kaiser-Wilhelm-Straße. Eine Abwärtsspirale.
Das Problem in Bruckhausen: Immer mehr Häuser standen leer, das Viertel war geprägt von den Abbrucharbeiten - und Vandalismusschäden wie an diesem Haus an der Kaiser-Wilhelm-Straße. Eine Abwärtsspirale. © Kerstin Bögeholz
Bruckhausen war besonders stark vom Bevölkerungsrückgang betroffen - in direkter Nachbarschaft zu den Hochöfen wollten die Menschen aber nicht mehr wohnen.
Bruckhausen war besonders stark vom Bevölkerungsrückgang betroffen - in direkter Nachbarschaft zu den Hochöfen wollten die Menschen aber nicht mehr wohnen. © Hans Blossey
Jeder Meter Kanal, jeder Meter Straße, den man nicht mehr unterhalten müsse, brächte direkte finanzielle Entlastung, sagte der damalige Duisburger Stadtplanungsdezernent Jürgen Dressler 2006. Deshalb wurde ganze Häuserzeilen nach und nach abgerissen.
Jeder Meter Kanal, jeder Meter Straße, den man nicht mehr unterhalten müsse, brächte direkte finanzielle Entlastung, sagte der damalige Duisburger Stadtplanungsdezernent Jürgen Dressler 2006. Deshalb wurde ganze Häuserzeilen nach und nach abgerissen. © Hans Blossey
Vom Schandfleck ist heute kaum noch etwas zu sehen. Der Grüngürtel wurde als Park freigegeben.
Vom Schandfleck ist heute kaum noch etwas zu sehen. Der Grüngürtel wurde als Park freigegeben. © Fabian Strauch
Jetzt steht er Bürgern zur Nutzung offen. Für Sport, Grillen...
Jetzt steht er Bürgern zur Nutzung offen. Für Sport, Grillen... © Fabian Strauch
... oder als Kinderspielplatz. Offiziell eröffnet wird der Park im Frühjahr 2016.
... oder als Kinderspielplatz. Offiziell eröffnet wird der Park im Frühjahr 2016. © Fabian Strauch
Bezahlt wurde die über 70 Millionen teure Stadterneuerungsmaßnahme von Land, Bund, EU und ThyssenKrupp Europe.
Bezahlt wurde die über 70 Millionen teure Stadterneuerungsmaßnahme von Land, Bund, EU und ThyssenKrupp Europe. © Fabian Strauch
Der Grüngürtel trennt das Thyssen-Werksgelände nun deutlich von der Wohnbebauung.
Der Grüngürtel trennt das Thyssen-Werksgelände nun deutlich von der Wohnbebauung. © Hans Blossey.
Vor den Wohnhäusern ist eine Allee gepflanzt. Die Fassaden der Anbauten werden in den kommenden Monaten zum Teil noch verschönert.
Vor den Wohnhäusern ist eine Allee gepflanzt. Die Fassaden der Anbauten werden in den kommenden Monaten zum Teil noch verschönert. © Fabian Strauch
Insgesamt 121 Häuser wurden abgerissen. Die Abbrucharbeiten dauerten mehrere Jahre.
Insgesamt 121 Häuser wurden abgerissen. Die Abbrucharbeiten dauerten mehrere Jahre. © Stephan Eickershoff
Die Schrottimmobilien waren teils jahrelang vernagelt oder zugemauert gewesen.
Die Schrottimmobilien waren teils jahrelang vernagelt oder zugemauert gewesen. © Udo Milbret
Trotzdem dienten viele der leerstehenden Mehrfamilienhäuser als Unterkünfte. Immer wieder kam es zu Bränden...
Trotzdem dienten viele der leerstehenden Mehrfamilienhäuser als Unterkünfte. Immer wieder kam es zu Bränden... © Stephan Eickershoff
... im Februar 2009 starben unter tragischen Umständen zwei Menschen bei einem Wohnungsbrand an der Dieselstraße. Die Diakonie hatte das Gebäude als Unterkunft für Nichtsesshafte genutzt.
... im Februar 2009 starben unter tragischen Umständen zwei Menschen bei einem Wohnungsbrand an der Dieselstraße. Die Diakonie hatte das Gebäude als Unterkunft für Nichtsesshafte genutzt. © Stephan Eickershoff
Auch versuchten Metalldiebe immer wieder, an die Rohre und Leitungen in den Häusern zu kommen, um das Metall herauszureißen. Manche Gasleitung war noch nicht abgedreht - ein hochgefährliches Unterfangen.
Auch versuchten Metalldiebe immer wieder, an die Rohre und Leitungen in den Häusern zu kommen, um das Metall herauszureißen. Manche Gasleitung war noch nicht abgedreht - ein hochgefährliches Unterfangen. © Stephan Eickershoff
Vor dem Spatenstich am 13. Mai 2014 befassten sich die Gerichte ausführlich mit dem Projekt Grüngürtel.
Vor dem Spatenstich am 13. Mai 2014 befassten sich die Gerichte ausführlich mit dem Projekt Grüngürtel. © Udo Milbret
Kreuz und quer verläuft die Lärmschutzwand entlang der der Kaiser-Wilhelm-Straße. Zum Zeitpunkt dieser Aufnahme - April 2015 - wurde der Park gestaltet.
Kreuz und quer verläuft die Lärmschutzwand entlang der der Kaiser-Wilhelm-Straße. Zum Zeitpunkt dieser Aufnahme - April 2015 - wurde der Park gestaltet. © Hans Blossey
Hinter dem Wall, hier in der Bauphase,...
Hinter dem Wall, hier in der Bauphase,... © Jörg Schimmel
...gibt es Flächen für Freizeit- und Sportaktivitäten.
...gibt es Flächen für Freizeit- und Sportaktivitäten. © Fabian Strauch
605 Wohnungen wurden für den Bau des Grüngürtels abgetragen, die Vermieter wurden entschädigt.
605 Wohnungen wurden für den Bau des Grüngürtels abgetragen, die Vermieter wurden entschädigt. © Stephan Eickershoff
Die Enteignung war nicht unumstritten: Frei werdende Wohnungen durften nicht erneut vermietet werden,...
Die Enteignung war nicht unumstritten: Frei werdende Wohnungen durften nicht erneut vermietet werden,... © Stephan Eickershoff
...renovieren durften die Eigentümer ihre Immobilien auch nicht.
...renovieren durften die Eigentümer ihre Immobilien auch nicht. © Stephan Eickershoff
Mancher Anwohner kämpfte um sein Haus.
Mancher Anwohner kämpfte um sein Haus. © FUNKE Foto Services
Katrin Gems (vorne rechts) organisierte 2013 eine Demo gegen den Abriss.
Katrin Gems (vorne rechts) organisierte 2013 eine Demo gegen den Abriss. © Udo Milbret
Der Abriss der Häuser und der Bau des Parks gingen nicht völlig geräuschlos vonstatten. Aber letztlich doch mit breiter Zustimmung aus der Bevölkerung.
Der Abriss der Häuser und der Bau des Parks gingen nicht völlig geräuschlos vonstatten. Aber letztlich doch mit breiter Zustimmung aus der Bevölkerung. © Fabian Strauch
"Der Park wertet Bruckhausen auf", dieser Meinung sind heute viele Anwohner. 550 Gehölze sind gepflanzt worden. © Fabian Strauch
Was bleibt sind Erinnerungen: Das Elternhaus von Thomas Mielke...
Was bleibt sind Erinnerungen: Das Elternhaus von Thomas Mielke... © Stephan Eickershoff
...gibt es nicht mehr.
...gibt es nicht mehr. © Stephan Eickershoff
Aus einer Arbeitersiedlung...
Aus einer Arbeitersiedlung...
...am Stahlwerk...
...am Stahlwerk... © Hans Blossey
...wurde Stück...
...wurde Stück... © Stephan Eickershoff
...für Stück...
...für Stück... © Hans Blossey
...die
...die "grüne Lunge" von Bruckhausen. © Fabian Strauch
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