Duisburg. . Beim Finalabend des Niederrheinischen Kabarettwettbewerbs im Theater am Marientor hatte die Jury einige Probleme, sich auf die Preisträger zu einigen.

Vor der Pause hatte Moderator Matthias Brodowy noch gescherzt, dass die Finalrunde des Kabarettwettbewerbs „Das schwarze Schaf“ glücklicherweise nicht die Länge einer Wagner-Oper habe. Doch als nach fast einer Stunde Wartezeit immer noch kein „weißer Rauch“ über der Jury aufgestiegen war, unterhielt Brodowy das Publikum am Samstagabend im nahezu ausverkauften Theater am Marientor erstmal mit Erinnerungen an Hanns Dieter Hüsch (1925-2005), den Kabarettisten, Humanisten und Wettbewerbsgründer aus Moers, der Texte von erstaunlicher Aktualität hinterlassen hat. Großes Kompliment an den souveränen Brodowy, der 1999 der erste Preisträger des Wettbewerbs war, und das Publikum schon zu Beginn geistreich und witzig auf den Abend eingestimmt hatte.

Der wurde dann mit vier Stunden doch so lang wie eine lange Wagner-Oper. Komikerin Mirja Boes, die als Jury-Mitglied schließlich den Gewinner Sebastian Nitsch verkündete, machte sich nach dem Ringen um die Preisträger Luft: „Wir haben uns die Köpfe eingeschlagen.“

Kabarett-Poet Sebastian Nitsch als Sieger

Dass dabei der sanfte, liebenswürdige Kabarett-Poet Sebastian Nitsch als Sieger hervorgegangen ist, war ebenso nachvollziehbar wie der zweite Platz für Christoph Tiemann aus Münster und die Entscheidung für den Dritten Kai Spitzl aus Köln. „Sebastian Nitsch hat uns überzeugt, weil er aus den kleinen Geschichten des Alltags großes Kabarett macht – urkomisch , politisch und immer wieder überraschend“, begründete Mirja Boes die Entscheidung. Nikolaus Schneider, ehemaliger EKD-Ratsvorsitzender und Ex-Vorsitzender des Fördervereins, über die Wahl von Tiemann: Er habe wichtige politische Themen mit Biss angesprochen und „positive Unterhaltung mit Haltung im besten Sinne“ geboten. Wobei Tiemanns Klage darüber, dass es ohne FDP und Typen wie Herbert Wehner an kabarettistischem Stoff mangele, etwas abgestanden wirkte.

Volker Weiniger, als „Schwarzes Schaf“ 2014 ebenfalls Jury-Mitglied, pries Spitzls Mut, „herrlich absurde Geschichten zu erzählen“ und seine „Wandlungsfähigkeit“. Tatsächlich erfindet der Kölner in seiner Datscha im Ural köstliche Superkurzgeschichten, beherrscht aber auch die lange Form, wie er in einer Nummer über die lästigen Begleiterscheinungen von immer mehr Marathonläufen bewies.

Als erster war Marvin Spencer ins Finale gegangen, der „hellhäutige Halb-Jamaikaner und agnostische Islamwissenschaftler“. An diesem Abend spürbar aufgeregt und ein bisschen steif, bewegt er sich zwischen Comedy und Kabarett. Ihn können Salafisten wie Pierre Vogel („Sieht aus wie Pumuckl auf Ajatollah umgeschult“) schon wegen ihres kölschen Dialekts nicht ängstigen.

Katalyn Bohn, die Artistik und Pantomime studiert hat, ging mit einer Nummer ins Rennen, die zwar mit einer wunderbar leichten Körpersprache umgesetzt wurde, aber eher wie ein gespielter Witz wirkte: Besuch wegen Kopfschmerzen beim Arzt, Heilpraktiker, Guru – und alle wollen nur ihr Geld.

Lustiger war da schon „De Frau Kühne“ aus Xanten, die als letzte Kandidatin auf die Bühne kam und im Alltagswahnsinn stets die Orientierung behält. Als niederrheinisches Alpha-Weib hält sie eine Fritzbox für was Unanständiges und kämpft – immer auf 180, laut, schlagfertig und ganz nah an der Wirklichkeit. Zum Beispiel mit der Service-Hotline der Telekom.

Fazit: An diesem unterhaltsamen Finalabend hatte nur die Jury eine etwas lange Leitung.

Publikum entscheidet über die Finalteilnehmer 

Der Niederrheinische Kabarettpreis „Das schwarze Schaf“ wurde 1999 zum ersten Mal vergeben, 2016 zum neunten Mal. Aus den bundesweit rund 60 Bewerbern wurden zwölf für die Vorrunden ausgewählt, die in Emmerich, Krefeld, Moers und Wesel ausgetragen wurden. Das Publikum entschied übers Weiterkommen.

Ziele des Preises sind unter anderem die Förderung talentierter Künstler, die das Kabarett im Sinne von Hanns Dieter Hüsch weiterleben lassen, der Erhalt des politisch-gesellschaftskritischen Kabaretts sowie die Erinnerung an den Preisgründer. Eine der Initiatorinnen war Martina Linn-Naumann, die Leiterin des Duisburger Kleinkunsttheaters „Die Säule“, die auch der Jury angehört.

2002 wurde der Förderverein gegründet, der unter der Leitung von Nikolaus Schneider die Trägerschaft des Wettbewerbs übernahm. Sie wurde 2012 von der Ruhr-Futur GmbH übernommen. Die Stiftung Mercator fördert den Wettbewerb seit 2001.