Duisburg. Zwischen Herkunft und Bildungskarriere gibt es einen engen Zusammehang. Fünf Talentscouts der Uni wollen das ändern.

„Ich bin gescheitert“, klagte der junge Student seinem Friseur. In Chemie alles bestens, aber eben nicht in der Mathematik. Gut, dass er es ausgerechnet dem Friseur erzählt hat. Denn auf dem Nachbarstuhl wurde Dzenan Kurspahic barbiert. „Warum studierst du nicht einfach nur Chemie“, war seine Frage, die aus einem Studienabbrecher einen erfolgreichen Absolventen mit Migrationsgeschichte machte. Ein Zufall, denn eigentlich rettet Kurspahic keine Uni-Karrieren beim Friseur. Als einer von fünf Scouts bereitet er künftig den Weg an die Hochschule für Jugendliche, die ihn sonst nicht finden würden.

Akademisch formuliert lautet der Auftrag: Die enge Kopplung von Herkunft und Bildungserfolg lösen. Dieses Ziel verfolgt die Universität Duisburg-Essen (UDE) seit Jahren in einem eigenen Prorektorat für Diversity Management. Doch Aishe und Ahmet haben noch nicht die gleichen Chancen wie Anna und Alexander – Name und Postleitzahl, Einkommen, Herkunft und Universitätserfahrung der Familie sind besonders im Ruhrgebiet immer noch maßgeblich für eine Entscheidung zum Studium.

Das sollen nun fünf UDE-Bildungsscouts für Duisburg und Essen fortan ändern. „Wir mächten junge Menschen motivieren und sie langfristig persönlich begleiten“, sagt Sarah Schröter, die im Zentrum die Hochschulentwicklung an der Keetmanstraße in Neudorf die Arbeit der Gruppe koordiniert. Berufskollegs, Gesamtschulen und Gymnasien werden sDzenan Kurspahic regelmäßig besuchen, dort ihre Expertise für die Hochschullandschaft des Reviers anbieten. Angewiesen sind sie dabei auf die Lehrer, die Schüler für die Begleitung empfehlen können. „Sie müssen unsere Augen und Ohren sein. Im Mittelpunkt stehen Jugendliche, die mit Talenten auf sich aufmerksam machen“, so Schröter. Oft sei es die Angst vor dem unbekannten Universitätskosmos, mangelndes Selbstvertrauen und nicht zuletzt die Frage der Finanzierung eines Studiums, die junge Jugendliche davon abhalte, ihr Potenzial zu nutzen. „In den Familien fehlen oft Vorbilder für eine akademische Karriere“, erklärt Scout Inka Achtelik.

Die eigene Biografie als Vorbild für die Jugendlichen

Diese Rollen wollen die Scouts nicht zuletzt selbst übernehmen. „Ich bin selbst erst als Kind von Polen nach Deutschland gekommen“, sagt Jacek Czarnota. Der Sozialwissenschaftler ist ein Scout mit Zuwanderergeschichte wie Dzenan Kurspahic. Junge Akademiker unter den Flüchtlingen und Migranten stehen im Fokus von Laura Keders. „Wir wollen allen ein Angebot machen, die schon in ihrer Heimat ein Studium begonnen oder abgeschlossen hatten“, sagt die Sozialwissenschaftlerin. Sie wird Kontakte knüpfen zum Jobcenter und zu Bildungsträgern um auf die Scouts aufmerksam zu machen, Bindeglied sein zum akademischen Auslandsamt. Oft sind Unterlagen auf einer langen Flucht verloren gegangen, Studienleistungen müssen anerkannt werden. „Die wichtigste Voraussetzung ist aber auch für die Akademiker die Sprache“, betont Laura Keders.

Landesprogramm für den Ausbau der Talentsuche 

Vorbild für die Talentscouts ist Suad Yilmaz, der seit 2011 an der Hochschule Westfalen (FH Gelsenkirchen/Bocholt/Recklinghausen) erfolgreich arbeitet. Für den Ausbau des Scoutings in Schulen stellt das Land fortan jährlich bis zu 6,4 Millionen Euro zur Verfügung. Neben der Uni Duisburg-Essen haben sich Hochschulen aus Bochum und Dortmund sowie die Hochschule Ruhr-West (Mülheim) über einen Wettbewerb der Landesregierung für das Programm qualifiziert.

Die Scouts sind bei den einzelnen Hochschulen angestellt, blicken jedoch bei ihrer Beratung über den Tellerrand hinaus. „Wir auf die Angebote der anderen“,erklärt UDE-Koordinatorin Sarah Schröter. Das Scout-Quintett der UDE hat Anfang Februar seine Arbeit aufgenommen und wird sich mit den Schulen in beiden Städten in Verbindung setzen. Schulen können Kontakt aufnehmen zum Scout-Team der UDE per E-Mail:
sarah.schroeter@uni-due.de