Duisburg. Eine Vielzahl von Hartz IV-Klagen belastet das Duisburger Sozialgericht. Der Gerichtspräsident fordert deshalb mehr Personal.
Klagen zu Hartz-IV-Zahlungen, Rechtsstreite um Leistungen der Pflege- oder Krankenversicherung: Exakt 12.554 Verfahren landeten 2015 vor dem Duisburger Sozialgericht. Tendenz steigend! Und die Fälle werden immer komplizierter, die Verfahren „bissiger“ geführt: „Die Belastungsgrenze ist erreicht“, verlangt Sozialgerichtspräsident Ulrich Scheer nun mehr Stellen.
Das Duisburger Sozialgericht, drittgrößtes in NRW und zuständig für Essen, Mülheim, Oberhausen, Duisburg und die Kreise Wesel und Kleve, ist ein Spiegelbild der Gesellschaft, aber auch der Arbeit von Sozialbehörden – und sozialer Notlagen. „95 Prozent der Klagen haben einen ernsten Hintergrund“, unterstreicht Scheer – wenn der Arbeitslose um ein paar Euro seiner Grundsicherung kämpft oder der Behinderte um seine Rentenhöhe.
Richter kämpfen sich durch Aktenberge
Hartz-IV-Streitigkeiten bescheren den rund 40 Richtern den Löwenanteil ihrer Arbeit: 41 Prozent (also über 5000) aller Verfahren verhandeln strittige Zahlungen zur Grundsicherung von Arbeitslosen. Bei über der Hälfte, 56,8 Prozent, scheiterten die Klagen, bei 37,3 Prozent hatten die Hartz-IV-Empfänger Erfolg. Streitpunkt: meist Kosten für Unterkunft und Heizung. Scheer befürchte zusätzliche Verfahren von EU-Ausländern, die Zahlungen der Sozialhilfe einklagen, weil Job-Center angekündigt haben, Entscheidungen des Bundessozialgerichtes nicht zu akzeptieren. Auch der Flüchtlingsstrom wird das Sozialgericht erreichen: Mit bis zu 2200 weiteren Verfahren rechnet Scheer, wenn nur fünf Prozent der Flüchtlinge Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsrecht gerichtlich überprüfen lassen. Vor allem bei den Jobcentern wünscht sich der Jurist bessere Verwaltungsarbeit, um strittige Gerichtsfälle öfter zu vermeiden.
Denn im Sozialgericht türmen sich die unerledigten Verfahren auf über 12.000 Fälle. Auch weil der Anteil der Verfahren, die länger als 18 Monate dauern, gestiegen ist. „Die Verfahren werden immer komplexer“, beschreibt Scheer den steigenden Ermittlungsaufwand der Richter, die sich durch Aktenberge kämpfen, Gutachten einholen und Zeugen vernehmen müssen. Rund 380 Streitsachen erledige jeder Richter im Jahr. „Da wird hervorragende Arbeit geleistet“, bescheinigt Scheer, „aber um in Zukunft Rechtsschutz in angemessener Zeit zu gewähren, muss kurzfristig eine Personalverstärkung erfolgen“.