Duisburg. Vor 185 Jahren bekam auch Duisburg seinen Hafen, nachdem Ruhrort schon längst Schiffer und Matrosen kannte - Spurensuche mt einem Stadtführer.

„Haben alle Ihren Pass mit?“ Kurt Walter schlendert vom Calais-Platz über die Schwanentor-Brücke. Dahinter, in Kaßlerfeld, begann früher, also bis 1801, die Grafschaft Moers. „Aber mit denen haben wir uns immer gut verstanden.“

Der Stadtführer und Historiker wandelt diesmal auf den Spuren des Duisburger Hafens, umrundet deshalb mit seinen aufmerksamen Zuhörern den Innen- und Außenhafen. Im Grunde würde nämlich gar nicht 300 Jahre Duisburger, sondern Ruhrorter Hafen gefeiert. Im März vor 185 Jahren kam das erste Schiff in Duisburg an. Es wurde begrüßt mit den Worten: „Vater Rhein, Deine Wellen spielen wieder klar und helle, wie sie in der Vorzeit that bis zur Mauer unserer Stadt.“

Gemeinsame Gesellschaft von 1905

Duisburg war lange Zeit vom Rhein und dem Welthandel abgeschnitten. Der Fluss hatte im 12. Jahrhundert sein Bett verlagert. Nur der Dickelsbach floss noch in die heutige Innenstadt. Den kann man allerdings nicht mehr sehen, weil er verrohrt wurde und nun unterirdisch, etwa unter dem Theater am Marientor, fließt. Derweil hatte Ruhrort 1716 einen Hafen gebaut – einfache Anleger waren das zu Beginn. „Ruhrort war kleiner, aber in London und Paris bekannter als Duisburg“, blickt Walter zurück. Das machte die Bürger der Nachbarstadt neidisch. Unternehmer wie Böninger, Carstanjen und vom Rath waren es dann, die beschlossen, dass Duisburg auch einen Hafen brauche.

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1831 war es soweit – das erste Schiff, die „Concordia“, erreichte den „Zollhafen“, der so genannt wurde, weil er sich in unmittelbarer Nähe des Zollamtes befand. Sechs bis zehn Pferde waren nötig, damit das Boot zum Anleger geschleppt werden konnte. Per Flüstertüte wurden die Helfer animiert. „Jungens, helft mal“, macht Walter nach, wie es damals geklungen haben muss. Mittendrin war übrigens sein Großvater, der als Fuhrmann arbeitete, oft im Hafengebiet unterwegs war und deshalb auch so manche Kneipe kannte. Erst 1905 wurde eine gemeinsame Hafengesellschaft gegründet: die „Duisburg-Ruhrorter Häfen“. Gleichzeitig wurde, auf Drängen des Preußischen Staates, aus den Städten Ruhrort, Meiderich und Duisburg eine gemeinsame Stadt. „Die Mehrzahl der Hafenbecken liegt ja auf Meidericher Gebiet.“ Walter lenkt den Blick seiner aufmerksamen Zuhörer aber nicht nur auf die Geschichte, sondern auch auf Kleinigkeiten am Wegesrand. Vor dem Gebäude der Landeszentrale für Polizeiliche Dienste öffnet er ein Tor und klettert die Stufen der Kaimauer herunter. „Führungen mit ihm sind immer ein bisschen abenteuerlich“, weiß Elsa Cremers. Sie und die anderen klettern hinterher. Aus den Ritzen sprießen hübsche, farbenfrohe Pflanzen. „Die gefallen mir viel besser als die graue Architektur“, sagt Walter. Überhaupt sei es im Hafen früher kommunikativer gewesen. Zwar verbringe der eine oder andere Landesbedienstete seine Mittagspause auf der neuen Promenade, aber ins Gespräch komme man selten.

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Vor dem Marientor stoppt Walter wieder. „Sehen Sie den grünen Strich da?“, fragt er – und deutet auf das bunte Tor nach Neuenkamp, das der Künstler Martin Schmitz mit Ehrenamtlichen und Flüchtlingen gestaltet hat, um das Entree nach Neuenkamp bunter zu gestalten. „Den Strich hab’ ich gepinselt“, klärt Walter auf. Direkt daneben, auf dem Parkplatz, könne man übrigens hervorragend grillen und aufs Becken des Außenhafens schauen. Kaffee, Tee und andere Kolonialwaren kamen hier an. Zudem die Holzstämme aus dem Schwarzwald. Derzeit hocken aber nur ein paar Angler auf ihren Klappstühlen und warten darauf, dass vielleicht ein Barsch beißt. Das Rhein-Wasser habe mittlerweile eine hervorragende Qualität, so Walter. Doch zum Verweilen ist es zu kalt und so stiefelt die Gruppe über das Firmengelände der Schiffswerft Harbisch. „Wenn ihre Schiffsschraube Probleme macht, können Sie hier anrufen.“ Doch die meisten haben nur Bötchen für die Badewanne zu Hause.

Alt und Neu

Auf der anderen Seite steht die Gruppe dann prompt im Rotlichtviertel. Im „Love-Love“ wird gerade durchgewischt. Ein Leopardenfell hängt zum Auslüften über einer Balkonbrüstung. Morgens um 11 Uhr ist hier noch nicht sonderlich viel Betrieb. „Früher war es hier heimeliger“, erinnert sich Walter und grinst verschmitzt. Mit Hilfe alter Bilder zeigt der Stadtführer immer wieder, wie es in den vergangenen Jahrzehnten in der Altstadt aussah.

So manche historische Häuserzeile wurde durch „Beton brutal“ ersetzt. „An der Mauer vor der Kirche trafen wir Kinder uns früher zum Kungeln.“ So nannte sich der Schwarzmarkt. Hübsch aufregend war das für die Kleinen. „Aber das ist eine andere Geschichte“, sagt Walter, und führt die Gruppe zurück zum Innenhafen.