Duisburg. . Der 85-jährige Heinrich Rodemann war als Stahlbau-Schlosser am Bau der 1950 eröffneten „Brücke der Solidarität“ in Duisburg beteiligt.

Als Heinrich Rodemann in der vergangen Woche seine Zeitung aufschlug und auf dieser Seite eine Geschichte mit alten Fotos über die „Brücke der Solidarität“ entdeckte, lief ihm sofort ein Schauer über den Rücken. Denn an die Einweihung der Querung zwischen Hochfeld und Rheinhausen im Juli 1950 erinnert sich der 85-jährige Buchholzer noch ganz genau – schließlich hatte er damals als junger Stahlbau-Schlosser die imposante Konstruktion mitgebaut.

„Damals auf der Baustelle gab es bei weitem nicht so strenge Sicherheitsauflagen wie heute“, erinnert sich Rodemann. „Wir haben in normalen Straßenschuhen gearbeitet, in denen wir sogar den Brückenbogen hochgeklettert sind.“ Es hätte zwar eine Art Sicherungsgurt gegeben, doch viele Kollegen seien „da auch freihändig hoch“.

Eine Festschrift vom Richtfest am 5. Mai 1950

Auf einer Höhe von bis zu 50 Metern über der Wasseroberfläche zogen er und seine vier bis fünf Mitstreiter, die zu seiner Arbeitsgruppe gehörten, die Stahlschrauben mit Buchsenschlüsseln fest. „Die wurden erst verschraubt, danach noch genietet“, erzählt Rodemann.

Der Rentner hat von damals noch zahlreiche Erinnerungsstücke in seinem Privatarchiv aufbewahrt. Dieses liegt in den Schränken seines Arbeitszimmers verstaut. Und dort lagert auch jene im Querformat gedruckte Festschrift, die am 5. Mai 1950 anlässlich des Richtfestes der Stahlkonstruktion erschienen war. Darin sind auch einige Schwarz-Weiß-Aufnahmen zu finden, die das Fortschreiten der Brücken-Bauarbeiten dokumentieren.

Auf Schwimmmeister umgesattelt

„Da ganz links in der oberen Reihe, das bin ich“, deutet Rodemann auf den jungen Mann, der sich mit seinen Arbeitskollegen zum Gruppen-Erinnerungsfoto formiert hat. „Von denen lebt niemand mehr“, sagt Rodemann mit Wehmut in der Stimme. Die überkommt ihn auch noch, wenn er durch die vielen Zeitungsausschnitte zur Brücke aus den 50ern blättert, die er aufgehoben hat. Die Demag und das Eisenwerk Wanheim waren die Firmen, die das Brückenteilstück von der Hochfelder Seite vorangetrieben hatten, Stahlbau Rheinhausen war linksrheinisch verantwortlich.

Beruflich hat sich Rodemann aber trotz dieser eindringlichen Erfahrungen dann noch einmal umorientiert: Er absolvierte 1954 seine Prüfung zum Schwimmmeister und arbeitete als solcher sowie als Maschinist im damaligen Hallenbad an der Heerstraße in Hochfeld. Das ist längst abgerissen. Bis zu seinem Wechsel in den Ruhestand im Jahr 1990 war Rodemann dann im Großenbaumer Bad beschäftigt, im Sommer absolvierte er aber auch viele Schichten im Freibad Wolfssee in Wedau.

Noch immer auf Motivsuche mit der Fotokamera

„Ich habe diesen Berufswechsel nie bereut“, sagt der 85-Jährige, der in Neudorf aufgewachsen ist und seit 1982 mit seiner Frau Katharina in Buchholz lebt. „Wer weiß, ob ich so alt geworden wäre, wenn ich im Stahlbau geblieben wäre.“

Top-fit ist der Senior derzeit nicht. Nach einem Sturz im heimischen Arbeitszimmer brach er sich einen Halswirbel. Operation und Reha-Maßnahmen fordern nun ihren Tribut. Wenn er wieder genesen ist, will Rodemann schnellstmöglich wieder mit seiner Fotokamera losziehen – und in Duisburg Ausschau nach spannenden Motiven halten. Noch heute bleibt er übrigens am liebsten unter Brücken stehen. „Dann guck ich stets, wie gut alles verschraubt ist“, sagt er und lacht. Einmal Schrauber, immer Schrauber.