Duisburg.. Bernhard Schmeltzer ist Uhrmacher aus Leidenschaft und repariert in seiner Freizeit die antiken Zeitmesser der russischen Zaren. Fachgeschäft wird 135 Jahre.
Bei Bernhard Schmeltzer tickt es rund um die Uhr – und immer wild durcheinander. Manche Kunden machen diese „Tick-Tacks“ nervös – für den Uhrmachermeister aber sind sie wie Herzschläge, die den Raum mit Leben füllen. Denn dieser ist sein Lebenswerk: Seit 55 Jahren führt er sein Uhren- und Schmuck-Fachgeschäft in der Innenstadt, das in diesem Jahr 135 Jahre alt wird. Er spezialisierte es zur Antik-Werkstatt, um über die Zeit bestehen zu können.
Das Geschäft an der Untermauerstraße 6 ist mittlerweile halb Ladenlokal und halb Werkstatt, der kleine Raum gefüllt mit Uhren: kleine, große, schwere, schlichte. Mittendrin hockt Bernhard Schmeltzer am Arbeitstisch unter einer Lampe, die Lupe zwischen das Lid geklemmt, und operiert mit der Pinzette im Inneren einer Taschenuhr. „Die Schönheit eines Uhrwerkes und ihre Technik haben mich schon immer fasziniert“, sagt der 77-Jährige. Sie sind für ihn mehr als nur Zeitanzeiger. „Wenn ich eine Schweizer Uhr öffne, sehe ich die Berge vor mir, bei einer Uhr aus Frankreich stelle ich mir die Riviera vor, rieche das Meer und spüre die Lockerheit der Franzosen“, beschreibt Schmeltzer. Und lacht: „Ich könnte den ganzen Tag lang über Uhren, ihre Technik und ihre Geschichte erzählen.“
Historische Modelle
Vor allem die historischen Modelle haben es ihm angetan. Seit vielen Jahren reist Bernhard Schmeltzer nach St. Petersburg, um dort in den Palästen des Museums Petersburg die Uhren der russischen Zaren zu reparieren und zu restaurieren. Über den Fachkreis Historische Uhren Raesfeld, den er mitgründete, kam der Kontakt nach Russland zustande. Anfang der Neunziger reiste er mit fünf Kollegen zum ersten Mal nach St. Petersburg. Seitdem fährt er fast jeden Sommer zum Arbeiten dorthin – ohne Bezahlung, „manchmal 40 Stunden die Woche. Wir Uhrmacher sind da zeitlich sehr korrekt“, scherzt Schmeltzer. „Als Fachleute bringen wir das Verständnis für diese historischen Uhren mit und uns macht es Riesenspaß.“ Zuletzt reparierte er im Katharinenpalast bei St. Petersburg, „genau über dem Bernsteinzimmer“ eine französische Pendule, eine Pendeluhr, die „bestimmt 100 Jahre stehen geblieben und von innen sehr verstaubt war“. In solchen Momenten sind die Uhren für ihn Zeitfenster in die Vergangenheit: Etwa bei der Restauration der Taschenuhr, die einst Alexander II gehörte. Als der Zar 1881 Opfer eines Bombenanschlags wurde, tickte die Uhr in seiner Brusttasche. „Die hatte noch eine dicke Beule“, sagt Schmeltzer.
Zusammen mit seinen Kollegen hat er mittlerweile über 200 antike Uhren aus 23 Schlössern wieder zum Laufen gebracht. Darunter auch die Reiseuhr von Nikolaus II, „eine Uhr aus England mit Weckfunktion und Schlagwerk“. Oder von Nikolaus I, die komplett mit Brillanten verziert ist. Ohnehin sei es ein schönes Gefühl, dass die russischen Museumsleiter so viel Vertrauen in die Arbeit der deutschen Experten haben. „Schließlich sind die Uhren in den Palästen von unschätzbarem Wert.“ Über die Jahre seien eben über alle politischen Fragen hinweg enge Freundschaften entstanden. Daher möchte Bernhard Schmeltzer sich auch in diesem Sommer wieder Zeit nehmen, nach Russland reisen und an den Uhren der Zaren werkeln.
Uhrmacher in dritter Generation
1881 gründete der Uhrmacher A. Waldmann in der Duisburger Innenstadt ein Fachgeschäft für Uhren und Schmuck. Bernhard Schmeltzers Großvater, der dort seine Lehre absolvierte, übernahm dieses 1894. Sechs Jahre später trat sein Vater in das Geschäft ein, Bernhard Schmeltzer übernahm den Laden 1961.
Auch in Indien war der Uhrmachermeister bereits zu Gast: Im Palast des Maharadschas brachte er die Uhren wieder zum Laufen. Weitere Infos im Internet unter schmeltzer-antik.de.
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