Duisburg. Fehler bei Umsetzung, soziale Härten, Fehlentwicklungen am Arbeitsmarkt. Duisburger Arbeitsmarktexperte Matthias Knuth sieht Hartz-Reformen kritisch.
Vor zehn Jahren trat Hartz IV – das „Vierte Gesetz für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ – in Kraft. Die Arbeitsmarktpolitik sollte damit effizienter, die Vermittlung in Arbeit schneller werden. Einen „kritischen Rückblick auf Hartz IV“ hält der Arbeitsmarktexperte Prof. Dr. Matthias Knuth vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).
Demnach müsste die "viel gepriesene große Sozialreform" dringend selbst reformiert werden. Das „Jobwunder“ der letzten Jahre ist laut Knuth weniger den Hartz-Reformen als vielmehr dem demografisch bedingten Rückgang an Erwerbstätigen, der Verteilung der Arbeit auf mehr Köpfe und rekordmäßigen Exportüberschüssen zu verdanken.
Angst vor Hartz IV
Gleichzeitig wirkten starke psychologische Effekte auf den Arbeitsmarkt: Aus Angst vor dem Abstieg in Hartz IV müssten Arbeitslose fast jeden – auch schlechteren – Job annehmen. Die Vermittlung sei so zwar beschleunigt, aber der Wechsel des Arbeitsplatzes behindert worden: Das Risiko erscheine zu groß. „Eine Reform mit dem Ziel der Aktivierung und Flexibilisierung hat die Fluktuation am Arbeitsmarkt insgesamt verringert – und das trotz der Klagen über angeblichen Fachkräftemangel“, kritisiert Knuth.
Gesunkene Einstiegslöhne machen Jobwechsel unattraktiv
Die Arbeitsmarktdynamik werde auch gebremst durch die gesunkenen Einstiegslöhne, die einen Jobwechsel unattraktiv machten, und durch prekäre Beschäftigungsformen, wenn Stellenangebote nur befristet oder als Leiharbeit zur Verfügung stehen. Dass die „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ (Hartz IV) so niedrig ist, dass sich die Betroffenen viele Dinge des täglichen Bedarfs nicht leisten können, wirkt laut Knuth nicht als „Arbeitsanreiz“.