Duisburg.. Das Institut IAQ warnt vor wachsender Langzeit-Arbeitslosigkeit. Prof. Gerhard Bosch meint, dass die Ziele der Bildungspolitik verfehlt wurden.
Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen (UDE) warnen vor einer steigenden Zahl von Langzeit-Arbeitslosen. Zur Vermeidung fordern sie verstärkte Anstrengungen in die Ausbildung von gering qualifizierten älteren Arbeitnehmern und Jugendlichen ohne Abschluss.
„Das deutsche Bildungssystem hält nicht Schritt mit der steigenden Nachfrage nach Fachkräften. Es gibt zu viele Jugendliche ohne Berufsabschluss.“ Zu diesem Schluss kommt der Arbeitsmarktforscher Prof. Dr. Gerhard Bosch vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).
Wenn sich nichts ändere, gebe es immer mehr Langzeitarbeitslose, warnt Bosch: „Das wird über Jahrzehnte erheblich teurer als eine präventive Bildungspolitik, die im Übrigen die beste Arbeitsmarktpolitik ist.“
Das Bundesinstitut für berufliche Bildung (BiBB) und das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sagen: Schon im Jahr 2025 wird es rund 1,3 Millionen mehr gering Qualifizierte geben, als die Wirtschaft einsetzen kann. Schon seit rund 20 Jahren liegt deren Arbeitslosenquote über 20 Prozent. Auch der wachsende Niedriglohnsektor in Deutschland wurde nicht zum erhofften Auffangbecken einfacher Arbeit, stellen die Wissenschaftler fest: Denn inzwischen sind 75,4 % der Niedriglöhner qualifiziert, haben eine berufliche (66,8 %) oder sogar eine akademische (8,6 %) Ausbildung.
Nachfrage nach einfacher Arbeit sinkt
Auch der Beschäftigungsaufschwung der letzten Jahre in Deutschland sei an den gering Qualifizierten fast spurlos verbeigegangen. „Qualifikationsprobleme lassen sich offensichtlich weder mit Lohnsenkungen noch mit Wachstum lösen, sondern wir müssen endlich unsere Hausaufgaben im Bildungssystem machen“, fordert Bosch.
Diese Herausforderungen sind deutlich umfangreicher als früher, da die deutschen Unternehmen anders einstellen als noch vor 20 Jahren. Der wichtigste Trend ist dabei die sinkende Nachfrage nach einfacher Arbeit, stattdessen sind zunehmend beruflich und akademisch ausgebildete Fachkräfte gefragt.
Auf dem Dresdener Bildungsgipfel 2008 strebten die Regierungschefs das anspruchsvolle Ziel an, den Anteil der jungen Erwachsenen (20- bis 29-Jährige) ohne Berufsabschluss bis 2015 von rund 17 Prozent auf 8,5 Prozent zu halbieren. Dieses Ziel wurde verfehlt, stellt der Arbeitsmarktforscher vom IAQ fest: 2013 hatten immer noch rund 1,4 Millionen junge Menschen – das entspricht einer Quote von 13,8 Prozent – keinen Berufsabschluss und waren auch nicht dabei, einen zu erwerben.
Sprache als Schlüssel zur Bildung
Während sich so einerseits Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt, droht auf der anderen Seite Fachkräftemangel in den Unternehmen. „Diese Lücke wird man nicht alleine durch Zuwanderung schließen können“, meint Bosch. Eine Trendwende bei dieser Entwicklung sei nur durch ein Paket von Maßnahmen zu erreichen.
Dazu müsse unter anderem die vorschulische Erziehung ausgebaut werden, um schon bei den Kindern frühzeitig die sprachlichen Voraussetzungen für den späteren schulischen Erfolg zu schaffen. „Weniger Schulabbrecher und mehr Ausbildungsplätze ist die Devise“, betont Gerhard Bosch. Schließlich müsse es im Erwachsenenalter noch eine zweite Chance für gering Qualifizierte geben, einen Berufsabschluss nachholen zu können.