Duisburg. Jedes sechste Schulkind in Duisburg hat deutliches Übergewicht oder ist schon fettleibig, trotz Gegenmaßnahmen des Gesundheitsamtes.
Das ist beunruhigend: Immer mehr Duisburger Kinder sind deutlich zu dick oder leiden an gesundheitsgefährdender Fettleibigkeit. Dies belegen neue Zahlen aus Schuleingangs-Untersuchungen des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes der Stadt, die die Verwaltung jetzt den Jugend- und Schulpolitikern des Rates vorlegen will.
Demnach leidet mittlerweile gut jedes sechste Schulkind in Duisburg (17,8%) an Übergewicht, in NRW ist es nur jedes 10. Kind (10%). Waren die Zahlen des ersten und bislang einzigen Kindergesundheitsberichtes des Jahres 2007 bereits alarmierend, bereiten die neuen Zahlen in der Gesundheitsverwaltung nunmehr großes Unbehagen.
„Weil die Zahlen weiter ansteigen, und weil wir nicht wissen, ob unsere bisherigen Maßnahmen überhaupt gewirkt haben und wir im Grunde jetzt mit unserem Latein am Ende sind“, bekennt der stellvertretende Leiter des Gesundheitsamtes. Dr, Georg Vogt selbstkritisch: „Es hat keinen Sinn, an der Realität vorbei zu reden.“
Ausfall elterlicher Verantwortung für Erziehung
Eine weitere Feststellung, die die Experten angesichts beschränkter Mittel an Geld und Fachpersonal ratlos macht: Ein Viertel der Grundschüler verlässt ohne Pausenverpflegung das Haus, wobei der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund deutlich überwiegt. Der Ausfall elterlicher Verantwortung für Erziehung und Fürsorge ihrer Kinder bereitet der Behörde großes Kopfzerbrechen.
Weitere 18 % der Grundschüler verzehren ungesunde Frühstücksgetränke (Limo, Cola) und 13% lieben offenbar ungesunde Speisen zum Frühstück (Kuchen, Kekse, Chips, stark gesüßte Cerealien). Besonders ungünstig ist die Kombination, in der weder ein Frühstück zuhause noch in der Schule ein zweites Frühstück eingenommen wird, sondern die Kinder entweder nüchtern (Leistungseinbuße durch Konzentrationsstörung und Hungergefühl) den Schultag durchstehen müssen oder sich in der Schule von aus ernährungsphysiologischer Sicht minderwertigen Lebensmitteln (Snacks, Süßigkeiten, Fast Food) ernähren.
Stadtplan des Übergewichts
Um hier gegenzusteuern, hatte die Gesundheitsverwaltung der Politik vor Jahren fünf Handlungsempfehlungen und ein 11-Punkte-Maßnahmen-Paket an die Hand gegeben. Beispiele: Prävention von Übergewicht im Kleinkindalter durch Mütterberatung, Fortbildung von Erziehern an städtischen Kitas, Entwicklung von Unterrichtsreihen zum Thema „Gesunde Ernährung“ für die 3. Klassen oder das Angebot von wertiger Mittagsverpflegung im Offenen Ganztag.
Das deprimierende Ergebnis: Mehr Duisburger Schulkinder denn je steigen mit Übergewicht auf die Waage der Schuleingangsuntersuchung. Und es gilt auch weiterhin: Kinder aus benachteiligten Familien sind überdurchschnittlich häufig von Übergewicht betroffen; ihre Eltern sind zudem durch gesundheitsfördernde Maßnahmen eher schwer zu erreichen.
Somit gibt es heute wie bereits 2007 einen Stadtplan des Übergewichtes und der Adipositas (Fettleibigkeit) von Kindern. An der Spitze: Die Innenstadt, gefolgt von Meiderich-Beeck, Hamborn, Walsum, Rheinhausen.
Der Ausweg? „Schwer“, bekennt Dr. Vogt: „Wenn man die Eltern nicht erreicht, bewirkt man nichts.“