Duisburg. . Reinhard Weinen möchte wieder arbeiten. Doch obwohl Sonderpädagogen an vielen Schulen fehlen, lässt das Gesetz eine Rückkehr nicht zu.

Mit 67 Jahren erreichen Lehrer die Pensionsgrenze. Viele machen vorher Schluss. „Ich kann es verstehen. Das ist ein harter Job“, sagt Reinhard Weinem. Der Sonderpädagoge will zurück in den Schuldienst. Mit 70. „Ich bin zwar alt, aber einsatzfähig“, lautet die Selbstbeschreibung Wedauers. Weil er von vielen unbesetzten Stellen in der WAZ las, hat er seine Arbeitskraft angeboten bei Stadt und Bezirksregierung. Alter hin oder Erfahrung her – gegen seine Rückkehr steht das Landes-Beamtengesetz.

Sport ist immer Teil seines Lebens gewesen, das sieht man dem gebürtigen Münsteraner an. 30 Jahre war er an der Buchholzer Waldschule als Sonderpädagoge tätig. „Ich hab’ meinen Beruf immer sehr gerne ausgeübt, mich in der Schule wohlgefühlt“, betont er. Freizeiten auf die Beine stellen, Sportfeste organisieren, das habe er lange und mit Begeisterung gemacht, berichtet der Pädagoge. Bis heute hält der Kontakt zu Ehemaligen. „Gerade war ich in Kaiserwerth, wo damalige Schülerinnen nun eine gemeinsame WG eingeweiht haben. Ein tolles Erlebnis.“

Kontakt zum Job gehalten

Für Reinhard Weinem war im Schuldienst noch mit 65 Schluss. „Ich hatte einen Hals“, erinnert er sich an seinen letzten Arbeitstag. Den Kontakt zum Job hat er in den vergangenen fünf Jahren gehalten. Für den Verein Integrationsmodell hat er Menschen mit Behinderung unterstützt, Fortbildungen beim Kinderschutzbund geleitet und sich zuletzt für Flüchtlingskinder engagiert.

Über die angespannte Personallage in den Duisburger Förderschulen und den Grundschule, die das „gemeinsame Lernen“ umsetzen, weiß der Wedauer auch von seiner Frau, die ebenfalls Sonderpädagogin ist. „Warum mache ich dann nicht, was ich kann“, hat sich gefragt und sich erkundigt, ob es möglich sei, ihn „gegen angemessene Besoldung“ etwa für das gemeinsame Lernen für eine begrenzte Stundenzahl zu reaktivieren.

Die Reaktionen haben ihn erstaunt. Weder bei der städtischen Schulverwaltung noch bei der Bezirksregierung Düsseldorf – sie ist zuständig für die Ausstattung öffentlicher Schulen mit Personal – kam er weiter. „Ich erhielt weder eine zufriedenstellende Antwort, noch eine klare Auskunft darüber, an wen ich mich konkreten wenden könnte.“

Antrag vor dem Ruhestand

Auskunft erteilt auf Anfrage der Redaktion schließlich die Bezirksregierung: „Ein Hinausschieben der Altersgrenze ist nur auf Antrag und nur bis zu drei Jahren und nicht über die Vollendung des 70. Lebensjahres hinaus möglich“, zitiert die Behörde das Landes-Beamtengesetz, außerdem sei „ein solcher Antrag spätestens sechs Monate vor Eintritt in den Ruhestand zu stellen.“

Den Rückweg in die Schule verstellt der Gesetzgeber Reinhard Weinem damit. Dem Vorwurf, sich nicht angeboten zu haben, muss er sich nicht ausetzen. „Aber ich biete mich nicht an wie Sauerbier“. sag er.

Sonderpädagogen: Trotz Personalmangel nur sieben Ausschreibungen im gesamten Regierungsbezirk 

Die Regelaltersgrenze erreichen beamtete Lehrkräfte an öffentlichen Schulen am Ende des Schulhalbjahres, in dem das 67. Lebensjahr vollendet wird, teilt die Bezirksregierung Düsseldorf. Sie ist auch zuständig für eine Wiedereinstellung dieser Lehrkräfte, die grundsätzlich möglich ist. „Ein Hinausschieben der Altersgrenze ist gemäß §32 Absatz 1 Satz 1 LGB NRW nur auf Antrag und nur bis zu drei Jahren und nicht über die Vollendung des 70. Lebensjahres hinaus möglich“, zitiert eine Sprecherin der Behörde das Landesbeamtengesetz. Außerdem, so heißt es dort weiter, „ist dieser Antrag sechs Monate vor Eintritt in den Ruhestand zu stellen“.

Einzige Voraussetzung für die Rückkehr ist ein eintragungsfreies erweitertes Führungszeugnis. Beschäftigt werden Rückkehrer nur als Angestellte und ausschließlich auf Vertretungsstellen, die auf der Internet-Plattform „Verena“ ausgeschrieben werden.

Über die Zahl der Rückkehrer könne man „keine aussagefähigen Angaben“ machen, teilt die Behörde mit. Es werde darüber keine Statistik geführt. Der aktuelle Personalengpass führe aber nicht zu vermehrten Anfragen von potenziellen Wiedereinsteigern. „Die beschränken sich bisher auf wenige Einzelfälle.“ Für die unbefristete Einstellung seien derzeit sieben Stellen im gesamten Regierungsbezirks ausgeschrieben, teilt die Behörde mit. Eine überraschend geringe Zahl angesichts des Mangels? „Wir sind noch nicht aufgefordert worden, in diesem Bereich tätig zu werden“, so die Sprecherin.

Lufthansa-Piloten klagten erfolgreich gegen Zwangsruhestand 

Dass Berufstätige ihre Versetzung in den Ruhestand bei Erreichen einer Altersgrenze nicht hinnehmen, kommt häufig vor. Etwa bei Piloten der Lufthansa, die vor dem Europäischen Gerichtshof gegen ihre vom Arbeitsgeber verordnetes Dienstende mit 60 erfolgreich klagten.

Die bei der Fluggesellschaft gültige Altersgrenze sei eine Diskriminierung und verstoße gegen europäisches Recht, stellten die Richter 2011 fest. Auch Berufspiloten könnten bis 65 aktiv sein, ein Flugverbot mit 60 sei „unverhältnismäßig“ und „für den Schutz der öffentlichen Sicherheit nicht notwendig“.