Duisburg. In Duisburg gibt es dreimal so viele Ratten wie Einwohner. Bei den Wirtschaftsbetrieben kümmern sich drei Teams um die Bekämpfung der Nagetiere.
Die Zahlen behagen nicht jedem. Auf jeden Duisburger Einwohner kommen ungefähr zwei bis drei Ratten. Die Nagetiere sind hier in der Stadt ganz eindeutig in der Überzahl. Da kann es einem schon mal kalt den Rücken runter laufen.
Torsten Hassel und Enes Dinler gehören zu den drei Trupps der Wirtschaftsbetriebe, die den Ratten in der Kanalisation den Kampf angesagt haben. Auch, wenn die Menschen sich vor allem vor Ratten ekeln, die auf Straßen und in Parkanlagen herumlaufen, die eigentliche Heimat der gemeinen Kanalratte ist eben dieses, das Kanalsystem der Stadt. „Der Rückzugsort“, wie Torsten Hassel das nennt. Der Kanalunterhaltungsarbeiter fährt regelmäßig mit seinem Auszubildenden Dinler die Schachteinstiege auf den Bürgersteigen und Fahrbahnen ab, hebt die Deckel und kontrolliert die Giftköder. Die werden - ähnlich wie Weihnachtskugeln - an ein Drahtgeflecht angehangen und per langer Stange mit Haken am Ende in die Fußrasten eingehangen, die zum Kanalgrund führen. Beim Ortstermin am Bahnhof Meiderich ist deutlich zu erkennen, dass die Ratten ihre Henkersmahlzeit genossen haben. Nicht ein Fitzel von dem Giftköder ist noch an dem Drahtgeflecht vorhanden. Alles abgenagt. Gut für die Rattenbekämpfer, schlecht für die Ratten.
48 Stunden bis zum Tod
Difenacum heißt das Gift, das den Raten den Garaus macht. „Ein mittelschweres Gift“, sagt Torsten Hassel. Eingemischt in einem pinkfarbenen 200 Gramm schweren Köder namens Myocurattin mit Geruchsstoffen, denen die Nagetiere nur schwerlich widerstehen können. Der Giftanteil pro Köder beträgt 0,0025 Prozent. Als Antikoagulationsmittel verhindert das Gift die Blutgerinnung, so dass die Ratte nach der Aufnahme des Wirkstoffs an inneren Blutungen stirbt. Doch es dauert 48 Stunden vom Fressen bis zum Sterben. Aus gutem Grund.
Ratten sind Rudeltiere und schicken immer einen „Testesser“ vor, erklärt Torsten Hassel. Dann warten die Tiere etwa 36 Stunden ab, ob dem vorgeschickten Tier das Essen bekommt, bevor die übrigen Ratten sich an die Mahlzeit wagen. Deshalb ist es so wichtig, dass das Gift zeitverzögert wirkt, um möglichst viele Tiere zu töten.
Mit den pinkfarbenen Ködern in Seifenform, die die Wirtschaftsbetriebe zur Zeit testen, klappt das ganz gut. Aber die alten Köder, so Hassel, waren noch effektiver. Die sind zwar nur schnöde schwarz und sind zu runden Scheiben geformt, haben aber Haferflocken beigemengt bekommen. Das scheinen die Duisburger Ratten zu bevorzugen. Oder die Ratten folgen der alten Volksweisheit, wie der WBD-Experte glaubt: Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht.
Rudel von bis zu 130 Tieren
„Wir haben mittlerweile Rudel von bis zu 130 Tieren“, weiß der Rattenexperte über das Geschehen in den etwa 1500 Kilometern Kanalstrecke in Duisburg ziemlich genau: „Das sind sehr gesellige Tierchen.“ Vor allem produzieren Ratten ausgesprochen viel Nachwuchs. Da ein Pärchen pro Jahr etwa 32 Jungtiere erzeugt, die wiederum nach acht bis zwölf Wochen geschlechtsreif sind, läppert sich das ganz gehörig.
Deshalb bestellen die Wirtschaftsbetriebe im Jahr etwa drei Tonnen Giftköder für etwa 33.000 Euro und belegen etwa 15.000 Schachteinstiege von den insgesamt 36.000 im Stadtgebiet, um der Rattenpopulation Herr zu werden. Ausrotten werden sie die Ratten mit all diesen Maßnahmen aber nicht.