Duisburger "Jupp-Kolonie" war eine Kolonie für die Kumpel
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Duisburg. Über Jahrzehnte wuchs die Hamborner Josefs-Siedlung für die Mitarbeiter der Thyssen-Zeche, die im Osten Deutschlands oder in Polen angeworben wurden.
Die Straßennamen lassen keinen Zweifel: Steigerstraße, Glückaufstraße, Stollenstraße – hier wurden einst Häuser für Bergleute gebaut. Migrationshintergrund haben viele der heutigen Bewohner, aber das war schon immer so in der Josefs-Kolonie, von den meisten liebevoll „Jupp-Kolonie“ genannt.
Der Siedlungsbau gehörte zum boomenden Ruhrgebiet des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, er prägte wie die Industrie das Stadtbild Duisburgs, und das bis heute. Dabei war es nicht die reine patriarchalische Nächstenliebe, die die Industrieellen zum Wohnungsbau motivierte, sondern auch durchaus handfeste wirtschaftliche Interessen. Arbeitskräfte, die im fernen Osten des damaligen Deutschen Reiches oder gar in Polen angeworben werden sollten, konnten mit vergleichsweise komfortablen Unterkünften leichter zur Reise in den Westen verlockt werden.
Und wer einmal eine Wohnung in der Kolonie bezogen und seinen kleinen Garten bestellt hatte, wechselte auch nicht mehr so schnell und leichtfertig die Stelle. Wer den Job kündigte – Bergleute waren überwiegend jung, von der Konkurrenz begehrt und daher hochmobil – verlor auch die Unterkunft, was manch einen vom Zechenwechsel abgehalten haben dürfte. Das dürfte auch die Gemengelage gewesen sein, die die Gewerkschaft Deutscher Kaiser, der Ursprung des Thyssen-Konzerns, zum Bau einer der ganz frühen Arbeitersiedlungen in Hamborn bewogen hat.
Der Blick in die Runde wird nie langweilig
Die ersten Gebäude entstanden an der Straße An der Abtei in den 80er Jahren des vorletzten Jahrhunderts, zu erkennen an der Eingeschossigkeit. Eine Etage mehr gab’s in den Folgejahren und -jahrzehnten, als die Jupp-Kolonie zum heutigen Umfang mit vier größeren jeweils vierseitigen Baublocks mit grünem Innenraum anwuchs – und zur Heimat vieler Beschäftigter der nahen Doppelschachtanlage Friedrich Thyssen 1/6.
Wie bei vielen alten Arbeitersiedlungen fasziniert die Einheit der Proportionen im Zusammenspiel mit der Vielzahl der Varianten. Fassaden in Backstein oder in Putz. Oder Backstein mit Putzflächen oder in Putz mit Backsteinbögen – langweilig wird der Blick in die Runde eigentlich nie.
Zwischen den Häusern öffnet sich immer wieder einmal der Blick ins Innere der Karrees, auf Gärten, Lauben, Fahnenstangen, Rankgerüste, Spielgeräte. Eine ruhige Wohngegend gestern wie heute und eine attraktive in wechselnden Zeiten. Bis 1930 zog sich der Bau der Thyssen-Siedlung in mehreren Abschnitten. Gebäude aus der Nachkriegszeit runden die ältere Bausubstanz an einigen Stellen ab, und ein Bauschild für vier Doppelhaushälften zeigt an, dass die Jupp-Kolonie nicht nur ganz viel Geschichte, sondern auch Zukunft hat.
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