Duisburg. . Charif Mohamed Chahin (22) weiß, was es bedeutet, in einem Asylbewerberheim zu leben. Jetzt lehrt er Flüchtlinge Deutsch und vieles mehr über seine Heimat.

Den Krieg hat Charif Mohamed Chahin selbst nicht miterleben müssen. Aber die späteren Erzählungen seiner Eltern, die als Paar mit palästinensischen Wurzeln im Libanon gelebt haben, sind ihm noch sehr präsent. Vom Geräusch der Flugzeuge, das die nächsten Angriffe ankündigte, habe seine Mutter viel erzählt. Von der Angst ums eigene Leben, von ihrem Bruder, den sie verloren hat, und was es bedeutet, buchstäblich über Leichen gehen zu müssen. Vor 23 Jahren dann die Flucht nach Deutschland, wo Charif Mohamed Chahin kurz darauf geboren wird.

Die Familie, zu der noch zwei weitere Kinder gehören, landet schließlich in Duisburg und lebt sechs lange Jahre in einem Asylbewerberheim in Marxloh. Eine Zeit, die Charif geprägt hat. Als die Flüchtlingssituation sich in den vergangenen Monaten zuspitzt, fragt Susanne Lohaus vom Jugendzentrum „Zitrone“ und Newcomer-Netzwerk „Kinder-, Jugendarbeit und Flucht“, die ihn seit vielen Jahren kennt, ob er helfen will. Für den 22-Jährigen keine Frage.

Sprachkurs im Jugendzentrum

Der Maschinenbaustudent aus Neumühl packt erst einmal eine Tüte mit Klamotten und marschiert zur Notunterkunft Usedomstraße, wo 80 junge Erwachsene, vorwiegend aus Syrien, in einer Turnhalle leben. „Ich kann ja Arabisch, bin sofort angesprochen und gleich gefragt worden, ob ich ihnen nicht die deutsche Sprache beibringen könnte“, erzählt Charif. „Ich hab erst mal geschluckt, dann Susanne gefragt, ein paar Unterrichtsmaterialien und Anleitungen bekommen und es dann einfach gemacht.“ Erst in der Unterkunft in Neumühl selbst, mittlerweile einmal in der Woche im nicht weit entfernten Jugendzentrum „Einstein“.

Im Schnitt zehn junge Flüchtlinge kommen regelmäßig vorbei, lernen die wichtigsten Wörter für den Alltag, aber nicht nur. „Ich diskutiere mit ihnen auch über ihre Rechte und Pflichten, versuche, Normen und Werte unserer Gesellschaft zu vermitteln. Pünktlichkeit, Ordnung, Höflichkeit, den Unterschied zwischen Siezen und Duzen“, berichtet Charif.

Arabische Köstlichkeiten

Er hat auch schon Fußballspiele und sogar ein Opferfest für die Menschen der Notunterunterkunft Usedomstraße organisiert, die zudem einmal in der Woche von seiner Mutter mit arabischem Köstlichkeiten versorgt werden. „Sie erzählt mir oft, wie schön es damals für sie in einem ja noch völlig fremdem Land war, wenn man mal etwas Vertrautes essen konnte“, sagt Charif. „Wir hatten im Asylbewerberheim nicht diese Unterstützung. Das hat mir als Kind gefehlt.“

Der 22-Jährige freut sich, dass sich diesbezüglich viel geändert hat und auch er seinen Beitrag leisten kann. „Die vielen positiven Reaktionen sind für mich Antrieb weiterzumachen“, sagt der junge Ehrenamtler, der einen Wunsch hat: „Ich hoffe, dass die Flüchtlinge so schnell wie möglich ganz normale Mitglieder dieser Gesellschaft werden.“ So er und seine Familie, die allerdings erst seit drei Jahren nicht mehr mit der Angst leben muss, abgeschoben zu werden.