Duisburg. . 1975 erschien die Erstausgabe des „Gitarrenlehrers der Nation“. Zum runden Geburtstag gibt’s eine überarbeitete Auflage.
„Nach fünf Minuten kannst du das erste Stück“, sagt Peter Bursch. Der Mann hat Nerven. Dreieinhalb Jahrzehnte sind vergangen, seit ich in einem Gitarrenkurs schon einmal vor dem Buch saß, dass ihn zum „Gitarrenlehrer der Nation“ machte. 40 Jahre und geschätzte drei Millionen Exemplare später hat der 66-Jährige „Peter Bursch’s Gitarrenbuch“ neu herausgegeben. Neben dem falschen Apostroph im Titel haben es einige Evergreens der Popgeschichte auch in die überarbeiteten Neuauflage geschafft, mit vielen inhaltlichen und optischen Retuschen geht der Klassiker auf fast 200 Seiten mit der Zeit.
Die Entscheidung, eher eine große Karriere auf dem grünen Rasen als auf großen Bühnen anzustreben, beendete damals meinen musikalischen Fortschritt. Im Rückblick wohl der richtige Entschluss, doch kein Grund, mit dem Musiker-Autoren nicht höchstselbst einen erneuten Versuch zu wagen.
Hits mit nur drei Akkorden
Also los: Kleiner Finger im dritten Bund auf die unterste Saite, die unteren vier anschlagen. „Der G-Akkord ist der einfachste der Welt“, sagt Bursch. Einen Knopfdruck später tönt aus dem Lautsprecher nebenan Bo Diddleys „Diamond Ring“, ich brumme zur Melodie Burschs deutschen Text „Die Musik ist wunderbar“ und schon ist das fünf Minuten-Songversprechen eingelöst.
Das war einfach, also weiter zum nächsten Griff. Ring-, Mittel- und Zeigefinger auf die unteren Saiten im zweiten und dritten Bund, wieder vier untere Saiten anschlagen – auch der D-Akkord und das Wechselspiel mit G ist keine Akrobatik. „Ich will und ich kann“ hat Bursch auf die Melodie von Johnny Winters „Who do you love“ gedichtet. „Nicht der einzige Nummer-1-Hit, der nur aus drei Akkorden besteht“, sagt er. Ich ahne: Bis Griffe und Wechsel geschmeidig funktionieren, braucht’s Übung. Ohne die geht’s auch hier nicht.
Zahlen statt Noten
Die klassische Lernmethode, die Notenkenntnis voraussetzt und mit dem Üben von Tonleitern beginnt, hat Peter Bursch in seinem Buch ersetzt durch Zahlen für die Finger, Buchstaben für die Akkorde und Tabulaturen für die Spieltechnik. „Man lernt nach Gefühl, Gehör und Rhythmus“, sagt der 66-Jährige, „auch die meisten Rock-Gitarristen spielen nicht nach Noten.“ Eine Konfrontation zwischen beiden Methoden muss es deshalb nicht geben, betont er: „Aber vielleicht ist es besser, zunächst die einfache Version zu lernen, um dann die klassische Ausbildung anzuschließen.“
Nur wenige Seiten und Griffe weiter im Buch finden sich „Get Back“ von den Beatles, das „House of the rising sun“ (Animals) und Bob Dylan’s „Blowin’ in the Wind“. Trifft er damit noch den Musikgeschmack der Jugendlichen. „Klar“, sagt Peter Bursch, „das ist doch wie Bach in der Klassik.“ Ein guter Vergleich. Wo habe ich bloß vor 35 Jahren meine Gitarre hingestellt?
Methode aus den USA „importiert“
Die Lernmethode hat Peter Bursch in den 1970er Jahren auf einer Tournee mit seiner Band „Bröselmaschine“ in den USA kennengelernt und mitgebracht. „Hier gab’s das damals nicht. Immer mehr Leute fragten, ob ich ihnen das nicht beibringen kann. Sie wollten nicht nach Noten lernen, weil man das für die Rock- und Pop-Musik nicht benötigt“, erinnert er sich an die Ursprünge für die Buch-Idee.
Das größte Problem war, nach einer ersten, eigenproduzierten 100er-Auflage mit selbstgezeichneten Comics einen Verlag zu finden. „Keiner wollte das machen. Ohne Noten, das war unter ihrer Würde“, erinnert der Musiker. Den Bonner Voggenreiter-Verlag überzeugte er schließlich von seiner Idee, 1975 erschien schließlich die 2000er-Auflage, damals noch mit einer Folienplatte zum Abspielen. Der Erfolg war durchschlagend, der Rest ist Geschichte: Rund 1,5 Millionen Mal verkaufte sich das Gitarrenbuch – alle fünf Jahre wird die Ausgabe überarbeitet – in Deutschland, längst ist das Buch in Übersetzungen auch in China, Brasilien und den USA in ähnlicher Stückzahl verbreitet.