Duisburg. Duisburg hat eine neue Zentralbibliothek im “Stadtfenster“. Seit Juli ist sie in Betrieb. Doch erst Ende November wird offiziell Eröffnung gefeiert.
Die Zeit der Bibliotheks-Neubauten im Revier schien vorbei, nachdem 1999 fast gleichzeitig die Dortmunder Stadt- und Landesbibliothek den anspruchsvollen Bau von Mario Botta gegenüber dem Hauptbahnhof bezogen hatte und das Essener Pendant ins ehemalige Bad des Gildehof-Centers gegenüber dem Hauptbahnhof umgesiedelt wurde. Insofern ist es kein kleines Wunder, was da in der Duisburger Innenstadt an der vier Autospuren breiten Steinschen Gasse entstanden ist, einen Steinwurf von Rathaus und Salvatorkirche entfernt.
Früher standen hier ein Hochbunker und eine 70er-Jahre-Scheußlichkeit, zuerst genutzt von einem Möbelhaus, dann vom „Knüller-Markt“. Doch nun zieht hier das „Stadtfenster“ alle Blicke an, das die Zentralbibliothek und die Volkshochschule beherbergt: ein dreigeschossiger Bau in edlem Hellgrau, fünf riesige Fensterrahmen rhythmisieren die Fassade mit großem Glas-Gehalt. Sie gaben dem Entwurf des Architektenbüros Bolles + Wilson seinen Namen, das schon Anfang der 90er-Jahre mit dem Neubau der Stadtbibliothek Münster bewiesen hatte, wie gut sich edle Modernität mit älterer Bausubstanz vertragen kann.
Die Duisburger Stadtbücherei musste neu gebaut werden, weil der Sanierungsbedarf des alten Gebäudes die Neubaukosten überstieg – und die Stadtplaner zudem danach gierten, die 1a-Lage der alten Bücherei in der Fußgängerzone am heutigen „Forum“ lukrativ zu vermarkten. Trotzdem hätte Duisburg als Stadt in der Haushaltssicherung den 30-Millionen-Neubau nicht stemmen können; so baute ein Investor, und die Stadt zahlt 1,6 Millionen Euro Betriebskosten im Jahr für Bücherei und Volkshochschule.
Laptops und tragbare DVD-Player
Dass die Stadtbibliothek ihre Gesamtfläche von ursprünglich geplanten 13.000 Quadratmetern auf 7500 fast halbiert hat (über die Hälfte davon ist Ausleihfläche), fällt durch den hohen Tageslicht-Anteil im Gebäude kaum auf. Was aber, neben den zwei Rückgabe-Automaten im Foyer und den Selbstverbuchungs-Bildschirmen allerorten besonders auffällt: die behagliche Inneneinrichtung im 1. bis 3. Obergeschoss der Bibliothek mit einfallsreich abwechselnden, modernen Sesseln, Stühlen, Hockern, Sofas, Kuschelecken. Die hat sich die Stadt Duisburg 6 Millionen Euro kosten lassen – was sich nicht nur als Augenweide, sondern auch in der Besucherstatistik niederschlagen dürfte. Bibliotheksdirektor Jan-Pieter Barbian schwärmt zu recht von der „Aufenthaltsqualität“ des Hauses, das zwar schon seit Juli in Betrieb ist, aber erst Ende dieses Monats seine offizielle Eröffnung feiert. Weitere Glanzlichter: die internationale Bibliothek in Dutzenden von Fremdsprachen, die großen Bildschirme für die Zeitschriftenlektüre, die Arbeitskabinen und liebevolle Details wie die Buggy-Parkplätzen für Eltern, die schon die Kleinsten ans Lesen heranführen wollen.
Ein schalldichtes Musikzimmer mit dem altbewährten Stutz-Flügel hat die Bibliothek ebenso wie eine durch Glas gesicherte „Schatzkammer“, in der mittelalterliche Wiegendrucke und andere bibliophile Kostbarkeiten nicht nur angeschaut, sondern auf Wunsch auch eingesehen werden können. Auf allen Etagen lassen sich Laptops und tragbare DVD-Player ausleihen, im Erdgeschoss wartet gar ein „Intelligentes Vormerk-Regal“ mit gläsernen Türen, das bei Vorhalten des richtigen Ausweises das bestellte Buch freigibt.
„Leihen Sie uns leer!“
Die größten Umzugshelfer zwischen der Schließung des alten Standorts und der Eröffnung des neuen waren übrigens – die Leser. In hellen Scharen folgten sie dem Aufruf „Leihen Sie uns leer!“ Von den 320.000 Medien des Hauses waren in den fünf Umzugsmonaten fast die Hälfte ausgeliehen. Das sparte gewaltig Transportkosten.