Duisburg. Ballettdirektor Martin Schläpfer über das neue Domizil, seine Kompanie, den Duisburger Musikpreis und den Film „Feuer bewahren – nicht Asche anbeten“.
Seit er 2009 als Ballettdirektor an der Deutschen Oper am Rhein kam, hat Martin Schläpfer Großes erreicht. 48 Tänzer formte er zu einer Kompanie, die zuletzt drei Mal in Folge zur „Kompanie des Jahres“ gewählt wurde, er schuf 13 zum Teil abendfüllende Choreographien, wurde für „Ein Deutsches Requiem“ von Johannes Brahms 2012 mit dem „Faust“ ausgezeichnet, er zieht Publikum aus dem In- und Ausland in seinen Bann. 2013 schlug er das Angebot aus, Intendant des Staatsballetts Berlin zu werden. Eine Bedingung dafür war ein neues Balletthaus, das im September in Bilk bezogen werden konnte.
Herr Schläpfer, sind Sie glücklich mit dem Neubau?
Martin Schläpfer: Es ist ein großer Gewinn für alle, wir sind sehr zufrieden. Hier gibt es fünf Studios, da müssen wir die Proben nicht so eng durchtakten, das bedeutet größere Qualität. Man ist flexibler und hetzt weniger. Die Tänzer sind froh und stolz, hier zu sein. Es gibt schöne Garderoben, Ruhe -und Behandlungsräume. Man kann zusammen kochen oder für sich sein. Der Tänzer-Alltag ist eine große mentale und körperliche Anstrengung. Die Umgebung hilft, das acht Stunden am Tag durchzuhalten.
Sie haben eine Reihe von Gastspielreisen gemacht. Moskau, Edinburgh, gerade Tel Aviv. Wie waren die Reaktionen in der Israeli Opera?
Schläpfer: Es war sehr erfolgreich für uns. Wir haben fünf Mal das „Requiem“ gezeigt, das gut besucht war. Tel Aviv ist eine großartige, aufregende Stadt. Man spürt die Risse und das Tauziehen unter den Israelis um den richtigen Weg. Aber man spürt auch das Leben im Moment, ohne ganz sicher zu sein.
Sie sind viel unterwegs.
Schläpfer: Wir sind schön unterwegs und wären es gerne mehr. Aber das ist nur bedingt ausbaubar. Die Qualität der Kompanie ist längst da, sie hat das Niveau, sich international zu zeigen. Das muss passieren. Das Ensemble ist erwachsen, selbstsicher, erfahren. Es darf nicht drinnen hocken, Reisen macht lebendiger. Und es schweißt zusammen.
Am 29. November wird Ihnen der Duisburger Musikpreis verliehen. Was bedeutet er für Sie?
Schläpfer: Dieser Preis ist etwas ganz Besonderes. Er ist sehr renommiert. Wenn man sich mal anschaut, wer ihn bekommen hat... Pina Bausch und Hans van Manen – neben Hans zu stehen ist großartig und eine Ehre. Es ist der Höhepunkt meiner Preise.
Von April 2014 bis Mai 2015 hat Annette von Wangenheim einen Film über Sie gedreht, der am 20. November als Preview im Düsseldorfer Opernhaus gezeigt wird. Sind Sie zufrieden mit diesem Porträt?
Schläpfer: Es ist nicht einfach, sich selbst zu sehen. Es hat schon einmal einen Film über mich gegeben, der war Low Budget und an mir war noch niemand interessiert. Da war so viel Unbeschwertheit und Verrücktheit. Annette improvisiert nicht, sie ist eine Filmemacherin. Und ich bin jetzt künstlerisch an einem anderen Ort. Es war ein so anstrengendes Jahr. Bogdan Nicula ist gestorben, ich habe selbst getanzt, das Balletthaus hat viel Arbeit gemacht. Ich bin dankbar für den Film. Auch wenn es komisch ist, sich selbst zu sehen.
Was bedeutet der Titel „Feuer bewahren – nicht Asche anbeten“?
Besucher sind zum Rundgang willkommen
Am Samstag, 7. November, lädt das Ballett am Rhein von 13 bis 17 Uhr zur Besichtigung seines Probenhauses in Düsseldorf-Bilk, Merowinger Straße 88, ein. Der Rundgang gibt einen Einblick in die verschiedenen Bereiche und informiert über die Arbeit des Balletts am Rhein. Die Tänzer selbst sind nicht zu erleben. Die Kosten für Bau und Betrieb für 30 Jahre liegen bei etwa 26 Millionen Euro. Mieterin ist die Rheinoper, die von Düsseldorf und Duisburg finanziert wird.
Schläpfer: Es ist ein Mahler-Zitat und gerade für den Tanz gültig. Man muss die Originale am Leben erhalten, aber was ist der richtige Weg, wenn es etwa um Tudor-Choreographien geht? Ich sehe mich als Künstler von heute. Brenne ich noch?
Wohin möchten Sie?
Schläpfer: Ich habe Ziele als Tänzer und Choreograph, nicht als Mensch. Ich will etwas herausfinden über Menschen und die Gesellschaft. Es wird viel von Sasha Waltz und Pina Bausch gesprochen. Ich will eine Weltkarriere versuchen. Das Balletthaus ist der Neubeginn.