Duisburg. . Das Ballett „7“ von Martin Schläpfer zu Gustav Mahlers 7. Sinfonie hatte Premiere im Duisburger Theater. Es war ein überwältigender Abend.
Am Anfang jeder Choreographie steht bei Martin Schläpfer die Musik. Dass er Gustav Mahler besonders nahe ist, zeigt das abendfüllende Ballett „7“ zu Mahlers 7. Sinfonie. Alles, was der große Balletterfinder Martin Schläpfer auf die Bühne bringt, schöpft aus diesem Mahler-Kosmos und bleibt dabei ganz eigene Schläpfer-Kreation.
Die Duisburg-Premiere am Samstag im Stadttheater war nicht nur ein großes Tänzerfest, sondern auch eine Sternstunde der Musik. Die Duisburger Philharmoniker leuchteten unter der Leitung von Wen-Pin Chien dieses dunkle, groteske, am Ende grell jubilierende Klanggemälde schmerzhaft intensiv aus.
Tanzen in schweren Stiefeln
Mahler hat sich als Getriebener gefühlt. Seine Ehefrau Alma Mahler zitierte ihn in ihren „Erinnerungen“: „Ich bin dreifach heimatlos: als Böhme unter den Österreichern, als Österreicher unter den Deutschen und als Jude in der ganzen Welt.“ Im ersten Bild kommen Tänzer in schwarzen Mänteln mit schweren Stiefel gebeugt auf die Bühne wie Menschen, die nach einer langen Reise erschöpft ankommen.
Doch das bedeutet keineswegs Ruhe und Glück, sondern immer weitere, neue Kämpfe, in denen es Momente von Nähe und Liebe gibt, die aber schnell abgelöst werden von Qual und Trauer. Es ist auch der rasante Wechsel der Szenen, die die Tänzer solistisch, als Paare, in Dreiergruppen und in großen Ensembles auf die Bühne bringen, die diese Ruhelosigkeit so greifbar machen. Die Bühne von Florian Etti aus Lamellenwänden wird dazu meist in kühl blaues Licht getaucht.
Zarte und groteske Szenen
Gegensätze prallen aufeinander in den Bildern und in der Körpersprache dieser 45 Tanzvirtuosen. Brutale, ja mörderische Szenen gehen über in zarte, dann groteske, in denen die Tänzerinnen ihre Münder wie Fische auf dem Trockenen bewegen, dann wieder gibt es Spielerisches wie Rudern in einem Boot. Zu sehen sind die zerbrechlichen Ballerinen, deren harte Spitzenschuhe sich aber ähnlich energisch in den Boden zu rammen scheinen wie die Absätze der Stiefel, mit denen gestampft und damit der Musik eigene Tanzlaute hinzu gefügt werden. Auch die Fußbekleidung der Tänzer zeigt, dass Martin Schläpfer jenseits von Konventionen denkt. Die er zugleich einsetzt etwa in kraftvollen Sprüngen, blitzschnellen Pirouetten oder Spitzentanz, der an die künstliche Ballerina einer Spieluhr erinnert.
Wie Erinnerungen an seine Kindheit baut Mahler Kuhglocken und Mandoline ein. Schläpfer bricht Szenen von naivem Liebesglück auch schon mal, indem er eine „Braut“ einen Migräneanfall tanzen lässt. Am Ende steht eine „Reise nach Jerusalem“, dieses Spiel, in dem nicht alle einen Platz finden.
Ein überwältigender, Abend, der lange und intensiv bejubelt wurde.
Die nächsten Termine in Duisburg: 13.9., 18.30 Uhr, 19.9., 19.30 Uhr, 25.9. 19.30 Uhr.