Duisburg. . Emanuele Soavi und die Duisburger Philharmoniker zeigen „Variations on Bach“. Bewegungen beeindrucken, Musik berührt, Handlung verstört.
Bereits im vergangenen Jahr hatte Emanuele Soavi seine getanzte Mythentrilogie im Duisburger Theater vorgestellt, nun zeigt er in Zusammenarbeit mit den Duisburger Philharmonikern „Aurea –Variations on Bach“. Untertitel dieses Tanzprojektes, bei dem das Publikum mit auf der Bühne sitzt, ist das Bibelzitat „Und die Erde war wüst und leer und es war finster auf der Tiefe…“. Ähnlich wie Martin Schläpfer erzählt auch Soavi keine klassischen Handlungsballette, sondern seine Stücke sind düster, rätselhaft und fordern den Zuschauer. Dieser vertanzte Bach-Abend ist also eher als Ergänzung zu den Stücken des „Ballett am Rhein“ zu sehen und nicht als Kontrapunkt.
15 Minuten passiert so gut wie nichts
Schon die Eröffnung ist harte Kost: Da sieht man einen Haufen schwarzen Papier auf der Bühne, der von einer Neonröhre beleuchtet wird und 15 Minuten passiert eigentlich nichts, als dass man es rascheln hört. Dann hat sich Soavi, der schwarz geschminkt und gekleidet ist, in Zeitlupe den Papierberg abgeschüttelt. Bis er zum ersten Mal aufrecht steht, vergeht eine weitere Viertelstunde.
In seiner Performance, die von Susanne Linke mit erarbeitet wurde, zeigt der Choreograph sozusagen das Werden des Menschen. Emotional wird das Stück aber erst durch die Klavierbegleitung durch Thomas Wansing, der Auszüge aus Bachs Französischen Suiten BWV 812 bis 817 spielt. Meist klingt die Musik wie aus weiter Ferne. Dann gibt es Momente, in denen sich die Musik im Kreis dreht oder die Bassstimme brutal dröhnt. Wenn Soavi schließlich den Papierberg, unter dem er anfangs begraben lag, in den Flügel wirft, so wirkt dies wie ein Aufbegehren gegen Gott.
Beweglichkeit ist Beeindruckend
Tänzer und freischaffender Choreograph
Emanuele Soavi begann sein Tanzstudium in seiner Heimatstadt Ferrara. Die Ausbildung führte ihn weiter zum Balletto di Toscana in Florenz.
1998 zog er nach Deutschland und war drei Jahre lang als Tänzer und mit ersten Choreographien für das Ballet Dortmund tätig. Seit 2006 arbeitet er als freischaffender Choreograph für Kompanien, Theater und Hochschulen.
2012 gründete er sein eigenes Label Emanuele Soavi incompany.
Der zweite Teil des gut 100-minütigen Stückes wird vom Barockensemble der Duisburger Philharmoniker begleitet, die Sätze aus Bachs „Musikalisches Opfer“ BWV 1079 spielen. Die Musiker gestalten das komplizierte Werk in einem sehr durchsichtigen Zusammenspiel und auch hier verströmt die Musik mehr Emotionen als der Tanz.
Ergänzt wird die Compagnie um Frederico Casadei, Lisa Kirsch und Francesca Poglie, die mit Soavi Abklänge an höfische Tänze einfließen lassen. Beeindruckend ist die Beweglichkeit und Körperspannung der Tänzer. Neben interessanten Bildern, in denen zum Beispiel ein Tänzer mit den schwarzen Papieren bepackt wird, gibt es aber auch Momente der Ratlosigkeit beim Zuschauer, denn es fällt schwer den roten Faden in diesem Abend zu finden.
Trotzdem ist der Schlussbeifall herzlich und eine Zuschauerin stellt fest: „Ich habe zwar nichts verstanden, fand es aber trotzdem toll!“ „Aurea – Variations on Bach“ wird noch am 2. Oktober bei der Kölner Theaternacht in der Kölner Kirche St. Gertrud gezeigt.