Duisburg. . Die katholische Kirche ließ ein imposantes Backstein-Heim in Ruhrort errichten, um Schiffer-Sprösslingen den Schulbesuch zu ermöglichen.

Turm, Gitter und starke Mauern, ein Bauwerk, das sichere Zuflucht bietet: Eigentlich trägt die Nikolausburg in Ruhrort das Wörtchen Burg mit Fug und Recht. Wenn auch der Zweck und die verschiedenen Nutzungen des festen Backsteinbaus immer uneingeschränkt friedlichen Charakters waren.

Offiziell, etwa in den Denkmalschutzunterlagen, heißt das Gebäude ja auch Schifferkinderheim „Nikolausburg“, womit die ursprüngliche Nutzung schon mehr als angedeutet wäre. In den Jahren 1923 bis 1927 wurde der dreiflügelige Großbau im Stile des Backsteinexpressionismus an der erst 1890 durch Aufschüttung entstandenen Fürst-Bismarck-Straße unweit des Eisenbahnbassins von der katholischen Kirche errichtet. Wenige Schritte entfernt bestand seit 1900 bereits eine evangelische Schifferkinderschule. Schlaf- und Speiseräume für 250 Mädchen und Jungen – natürlich dem Zeitgeist entsprechend strikt getrennt, aber immerhin schon unter einem Dach – sahen die Pläne der renommierten Duisburger Architekten Gustav von Cube und Arthur Buchloh vor, dazu Werk- und Lernräume, Bibliothek, Kapelle und besagten Turm, der nach wie eine Landmarke in Ruhrort ist.

Heiliger Nikolaus ist Patron der Kinder wie auch der Schiffer

Die Unterbringung in einem Heim stellte den Schulbesuch der Schiffersprösslinge sicher, während die Eltern an Bord und unterwegs waren – und häufig gar keinen festen Wohnsitz an Land hatten.

Den Namen bekam das Gebäude, weil der Heilige Nikolaus Patron der Kinder wie auch der Schiffer war. Und dass der damalige Pfarrer mit Nachnamen Burg hieß, soll auch eine Rolle gespielt haben, verriet Eva Hess, seit 21 Jahren im Hause tätig und seit elf Jahren Leiterin des Schifferkinderheimes.

Die klugen Leute, die die Route der Industriekultur erdacht haben, vergleichen die Nikolausburg wegen ihrer Backsteinarchitektur mit dem etwa zeitgleich entstandenen Hauptlagerhaus der Gutehoffnungshütte in Oberhausen, der Verwaltung des Ruhrsiedlungsverbandes in Essen und dem Tausendfensterhaus, ebenfalls in Ruhrort.

150 Kinder werden von insgesamt rund 100 Mitarbeitern betreut

Schifferkinder stehen nach wie vor im Namen der von der Caritas geführten Einrichtung, doch war der Bedarf an einem Kinderheim dieser Art durch den Strukturwandel in der Binnenschifffahrt seit den 70er Jahren zurückgegangen. Flüchtlinge aus Kambodscha und Spätaussiedler aus Kasachstan waren zeitweise in der Nikolausburg untergebracht, heute stehen wieder Kinder Mittelpunkt, deren Eltern oftmals mit der Erziehung überfordert sind.

Tagesgruppen gibt es, wo Kinder nach der Schule bis abends betreut werden, eine Internatsgruppe von Sonntagabend bis Freitagnachmittag, drei Außenwohngruppen und weitere Betreuungsmöglichkeiten je nach individuellem Bedarf. 150 Kinder werden insgesamt betreut von rund 100 Mitarbeitern, von denen laut Hass etwa 60 im Haus selbst beschäftigt sind, wo auch noch Platz ist für die Suchthilfe der Caritas mit weiteren zehn Mitarbeitern.