Duisburg. Gescheiterte Drogenexperimente, falsche Ehefrauen und ein onanierender Organist - die ungewöhnlichsten Fälle des Jahres 2015 aus Duisburg.

Richter erleben manchmal gar seltsame Arbeitstage. Im Gerichtssaal treffen die Juristen auf gescheiterte Drogenköche, falsche Ehefrauen oder einen onanierende Organisten. Wir haben einige der ungewöhnlichsten Fälle des Jahres 2015 aus Duisburg zusammengetragen.

Und täglich grüßt der Beziehungswahn

Auch den liebsten Nachbarn möchte man nicht ständig auf der Matte stehen haben. Was erst, wenn der Mann von nebenan nicht bloß klopft, sondern gleich die Tür eintritt? Regelmäßig? Mieter, denen das passiert ist, zeigten ihren 46-jährigen Nachbarn an. Ab Januar wurde der Fall vor dem Landgericht verhandelt. Der Angeklagte habe anderen Hausbewohnern Wohnungstüren und Scheiben eingeschlagen, mit rohen Eiern geworfen, sie beschimpft und geohrfeigt. Insgesamt 23 Fälle von Beleidigung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Körperverletzung und Wohnungseinbruchsdiebstahl listete die Anklageschrift auf. Die Krux an der Sache: Der 46-Jährige soll sich stets als Opfer gesehen haben. Nachbarn hätten ihn bedroht und mit "seltsam verstellten Stimmen" zu ihm gesprochen. Nur logisch (für ihn), dass er sich habe wehren müssen. "Beziehungswahn" - so lautete das Gutachten. Die Empfehlung der Staatsanwaltschaft: Geschlossene Psychiatrie.

Drogenpanscher versagt in Muttis Küche

Mamas Küche ist kein Drogenlabor - das musste ein 25-jähriger Chemietechniker aus Beeck feststellen, als es ihm trotz fünf Semestern Chemiestudium nicht gelang, in der Küche der Mutter Amphetamin herzustellen. Heraus kam nur eine undefinierbare schwarze Masse. Bevor er seine Rohmaterialien an Profis in den Niederlanden abgeben konnte, damit diese den Rest verkochen und ihm anschließend zwölf Liter hochkonzentriertes Amphetaminöl abgeben, wurde der einschlägig vorbestrafte Beecker bei einer Transportfahrt festgenommen. Immerhin zeigte sich der gescheiterte Drogenkoch vor Gericht geständig. Das Urteil der Richter: Sechs Jahre und vier Jahre Monate Haft.

Zirkusdirektor Renz vergisst eigene Verhandlung

Daniel Renz, ehemals Direktor des insoventen Zirkus gleichen Namens.
Daniel Renz, ehemals Direktor des insoventen Zirkus gleichen Namens. © WAZ FotoPool

So wichtig kann's ja nicht gewesen sein: Daniel Renz, früherer Direktor des gleichnamigen, insolventen Zirkus', vergaß Ende Januar sein eigenes Berufungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung. Der 47-jährige Artist hatte sich zwei Jahre zuvor in Wedau mit einem Zirkusbesucher um eine Freikarte gestritten, den Mann niedergestreckt und weiter auf ihn eingetreten. So sah es jedenfalls das Amtsgericht, das ihn dafür im Herbst 2013 zu sieben Monaten Haft auf Bewährung verurteilte. Daniel Renz legte Berufung ein. Das Landgericht bestätigte das Urteil in zweiter Instanz - in der Revision hob das Oberlandesgericht es allerdings wieder auf. Nun hätte der Fall noch einmal neu verhandelt werden sollen. Hätte, hätte, Fahrradkette - Rektor Renz verschwitzte den Termin, woraufhin das Gericht die Berufung kurzerhand verwarf.

Internet-Betrüger klebt falsche Namen an fremde Türen

Ein lukratives Geschäft betrieb ein 34-jähriger Meidericher zwischen Mai 2013 und September 2014. In dieser Zeit bestellte er im Internet mehr als 30 Mal Waren im Wert von insgesamt 17.000 Euro - bezahlt hat er sie nie. Stattdessen ließ der Familienvater die Bestellungen an alle möglichen Adressen in Duissern und Neudorf liefern. An die entsprechenden Hauseingänge klebte er einfach Schilder mit dem Namen, unter dem er bestellt hatte, und klingelte später bei seinen angeblichen Nachbarn, um die Pakete abzuholen. Darin befanden sich zum Teil Küchengeräte im Wert von mehr 1000 Euro. Die bot der Meidericher wiederum im Internet zum Verkauf an, kassierte auch den Kaufpreis, lieferte die Ware aber nie aus. Als ein Zeuge die Nummer mit den falschen Namensschildern durchschaute und sich das Autokennzeichen des Meiderichers notierte, hatten die Betrügereien jedoch ein Ende. Vor dem Schöffengericht legte der 34-Jährige Anfang März ein lückenloses Geständnis ab. Drei Jahre muss er nun im Gefängnis verbringen.

Von falschen Ehefrauen und jobsuchenden Räubern 

Wirt darf in leerer Kneipe nicht rauchen

Die letzten Gäste hatten die Kneipe in Ruhrort längst verlassen, nur der Wirt und seine angestellte Thekenkraft tranken gemeinsam noch einen Absacker und rauchten eine Zigarette. Zwei Raucher, keine Gäste, kein Problem - dachten sie. Bis das Ordnungsamt in der Bar erschien. Geschlossen sei die Kneipe ja wohl nicht, so die Auffassung der Beamten. Schließlich seien sie gerade zur Tür hereingekommen. Der Wirt zeigte sich zunächst einsichtig, wollte ein Ordnungsgeld wegen des Verstoßes gegen das Nichtrauchergesetz auch gleich bezahlen.

Rauchen ist in Kneipen nicht erlaubt. Selbst ein Duisburger Wirt durfte nicht in seiner leeren Kneipe qualmen.
Rauchen ist in Kneipen nicht erlaubt. Selbst ein Duisburger Wirt durfte nicht in seiner leeren Kneipe qualmen. © dpa

Als er aber bemerkte, dass er nicht genug Geld dabei hatte, gab er den Mitarbeitern des Ordnungsamtes erst einen falschen Namen und rastete dann völlig aus, als diese ihn daraufhin durchsuchen wollten. Wenig hilfreich dabei: Der Wirt hatte drei Promille Alkohol im Blut. Der Fall landete im Juni vor dem Berufungsgericht, nachdem ein Amtsrichter in Hamborn den Wirt zuvor zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt hatte. Das Berufungsgericht zeigte sich milder und stellte das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 200 Euro an den Kinderschutzbund ein.

Falsche Ehefrau verteidigt

Manchmal fällt es ja schwer, noch zu wissen, mit wem man überhaupt verheiratet ist - besonders, wenn man sich gerade auf dem Rückweg von einer Party befindet. Ein 50-jähriger Duissener legte sich im November 2014 so für eine ihm nicht angetraute Frau ins Zeug, dass er im Juni darauf vor Gericht landete. Er hatte Polizisten angepöbelt, die den Ausweis seiner Begleitung sehen wollten. Diese habe nämlich zuvor auf einer privaten Feier einen andern Gast körperlich verletzt. Ihre Papiere lägen in ihrer Wohnung, die Schlüssel dazu habe ihr Mann dabei. Nur, dass es eben nicht ihr Mann war - sondern der angetrunkene Duissener, der sich daraufhin als großer Beschützer aufspielte: Die Beamten sollten "seine Frau in Ruhe lassen". Dabei habe er den Arm eines Polizisten weggeschlagen und ausgeholt, sagte einer der Beamten vor Gericht. Dort versuchte der Angeklagte, die Sache als Irrtum zu verkaufen.

Die Frau sei nur eine gute Bekannte. Blöd nämlich, dass seine tatsächliche Ehefrau zum Zeitpunkt der Tat zu Hause saß. Doppelt ungünstig, dass der 50-Jährige in der Vergangenheit gemeinsam mit der "guten Bekannten" schon einmal polizeilich auffällig geworden war - wegen eines Knöllchens. Der Duisserner kam am Ende mit 600 Euro Strafe (60 Tagessätze zu je zehn Euro) davon. „Ich habe nur Ärger mit dieser Bekannten“, brummelte der Angeklagte zum Abschied.

Einbrecher wollte in Bäckerei "nach Job fragen"

Nachts sind alle Einbrecher grau - und alle Bäcker wach. Zumindest die in der Backstube an der Homberger Augustastraße, weshalb zwei Duisburger (22 und 33 Jahre alt) zwar in die Bäckerei hereinkamen, zu ihrem Pech aber nicht mehr heraus: Gegen ein Uhr nachts stemmten die Männer ein Garagentor auf, gelangten in die Firmenräume und stahlen dort unglaubliche 31,51 Euro und Schlüssel aus einem Mitarbeiterspind. Den Rückweg fanden die Duisburger dann versperrt: Zwei Mitarbeiter der Bäckerei hatten das Garagentor verschlossen. Standhaft weigerten sich die Angestellten, die Einbrecher laufen zu lassen, selbst dann, als der 33-Jährige ein Messer herausholte und die beiden Zeugen damit bedrohte. Die Polizei nahm die Eindringlinge fest.

Im August stand das Duo wegen schweren räuberischen Diebstahls vor dem Landgericht. Dort überraschte der jüngere der beiden mit der Aussage, er habe in der Bäckerei nur nach Arbeit fragen wollen. Derartigen Nonsens bügelte das Gericht ab und verurteilte den 22-Jährigen wegen schweren räuberischen Diebstahls zu zweieinhalb Jahren Haft. Sein Komplize muss nur für neun Monate ins Gefängnis, da er nach Ansicht der Richter in die gewalttätigen Teile des Coups nicht eingeweiht gewesen war.

Mann versuchte, Freundin auf der A40 aus dem Auto zu treten

Aus der Rubrik "Sowas-passiert-doch-nur-im-Fernsehen" ist der Fall, der im Juni vor dem Amtsgericht Stadtmitte verhandelt wurde: Ein 34-Jähriger soll seine 22 Jahre alte damalige Freundin in der Nacht zum 11. Dezember 2013 immer wieder geschlagen und dann ins Auto gezerrt haben. Während er ziellos über die A40 fuhr, soll der Mann sie mit einer Taschenlampe traktiert und schließlich versucht haben, sie aus dem Auto zu treten. Dazu hielt er erst an, klemmte eine Plastikflasche so in die Beifahrertüre, dass die sich nicht mehr schließen ließ, verbot seinem Opfer, den Gurt anzulegen, schaltete den Tempomat ein und beschleunigte auf rund 100 Stundenkilometer.

Seine Versuche, die Frau aus dem Auto zu treten, scheiterten. Dafür setzte er sie in den offenen Kofferraum und gab erneut Gas. Doch auch das überstand die sich festklammernde 22-Jährige, die der Angeklagte schließlich bis zum Abend in seiner Wohnung einsperrte. Von dort konnte sie jedoch zu Nachbarn flüchten. Obwohl der Angeklagte die Vorwürfe bestritt, verurteilte das Amtsgericht ihn wegen mehrfacher Körperverletzung, Nötigung und Freiheitsberaubung zu 18 Monaten mit Bewährung und 1500 Euro Geldbuße.

Der onanierende Organist und der unersättliche Kleinlaster 

Cannabis-Plantage zog zu viel Strom: Straßenlaterne quittierte Dienst

Nix ging mehr an der Karl-Albrecht-Straße in Duisburg-Beeck. Zumindest nicht die Beleuchtung: Ein Mehrfamilienhaus hatte im März so viel Strom aus dem Netz gesogen, dass die davor stehende Straßenlaterne ihren Dienst quittiert hatte. Als zwei Mitarbeiter der Stadtwerke nach dem Rechten sahen, staunten sie nicht schlecht: Statt eines Fehlers im Netz fanden sie in dem Haus eine gigantische Cannabis-Plantage. Ein 49-jähriger Niederländer stand dafür im September vor dem Duisburger Landgericht. Der Vorwurf: Er soll zwei Obergeschosse und das Dachgeschoss des Hauses an der Karl-Albrecht-Straße zu einem nahezu professionellen Gewächshaus umgebaut haben. 3600 Hanfpflanzen stellte die Polizei sicher. Allein die bereits erntereifen Gewächse hätten einen Ertrag von rund 51 Kilo Marihuana und Haschisch gebracht.

Bei der Suche nach einem Fehler im Stromnetz stießen Mitarbeiter der Stadtwerke auf die riesige Cannbisplantage.
Bei der Suche nach einem Fehler im Stromnetz stießen Mitarbeiter der Stadtwerke auf die riesige Cannbisplantage. © imago/Christian Ohde

Die Experten des Landeskriminalamtes errechneten, dass, wären alle Pflanzen in dem Haus erwachsen geworden und drei Mal im Jahr abgeerntet worden, das einen Ertrag von rund 443 Kilogramm gebracht hätte. Straßenverkaufswert: zwei Millionen Euro. Der Angeklagte sagte zunächst, die Plantage gehöre seinem Vermieter. Später nahm er diese Aussage zurück - vielleicht, weil der Vermieter des 49-Jährigen Mitglied des Rocker-Clubs Hells Angels sein soll. Vor dem Gericht gab der Niederländer dann wiederum an, er sei nur der Gärtner gewesen. Das Gericht verurteilte den Mann dennoch wegen Beihilfe zum Drogenhandel zu vier Jahren und neun Monaten Gefängnis.

Onanierender Organist - Musiker spielte nicht nur am Klavier

Bei dieser Einschulung bekamen die Kinder - und vor allem Eltern - in einer evangelischen Kirche an der Friedrich-Ebert-Straße in Walsum-Aldenrade mehr geboten, als sie gebucht hatten: Beim ökumenischen Gottesdienst spielte der Kirchenmusiker nämlich nicht nur am Klavier, sondern auch so offensichtlich an sich selbst herum, dass das zumindest einigen Gästen nicht verborgen blieb. Wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses hatte das Amtsgericht Hamborn den 55-jährigen Dinslakener bereits im März zu einer Geldstrafe von 1200 Euro verurteilt. Dagegen hatte der Klavierspieler, der unter dem Tourette-Syndrom leidet, Einspruch eingelegt. Er wollte erreichen, dass das Verfahren eingestellt wird, um seinen Job nicht zu verlieren. Im September fand er sich in zweiter Instanz vor dem Landgericht wieder.

Zwar konnte ihm bewiesen werden, dass er durch die Tick-Störung ständig stöhnt und zuckt - auch wenn er sich überhaupt nicht sexuell betätigt. Auch eine hirnrorganische Störung konnte ein sachverständiger Mediziner ihm bescheinigen, die dafür sorgen könnte, dass sich der Pianist sexuell nicht mehr steuern kann. Die Kündigung kam trotzdem. Seitdem arbeitet der 55-Jährige als privater Musiklehrer. Die Berufung zog er ebenfalls zurück und akzeptierte das Urteil.

Sex-Treffen in Kleingarten endete mit Stich in den Rücken

Treffen sich ein Mann und eine Frau mit einem Handy und einem Messer im Kleingarten... So beginnt die Geschichte, die im Oktober vor dem Landgericht verhandelt wurde. Am 8. März hatten sich eine 44-jährige Duisburgerin und ein 38-jähriger Moerser zu einem Sex-Treffen in einer Duisserner Kleingartenanlage verabredet. Statt ihre Massage-Künste an dem Moerser zu testen und ihre Gelüste zu befriedigen (O-Ton vor Gericht: „Ich hatte lange keinen Sex."), tranken die beiden flüchtigen Bekannten erstmal jede Menge Alkohol. Dann habe der Moerser sein Smartphone herausgeholt, um Fotos zu machen. Löschen wollte er die Bilder nicht, obwohl die Duisburgerin ihn nach eigener Aussage dazu aufforderte.

Hinterher, auf dem Weg zum Bahnhof, habe dann Frust und Wut sie übermannt. „Ich habe mein Messer rausgeholt. Aber ich habe gar nicht gemerkt, dass ihn die Klinge traf.“ Mit einem Loch im Lungenflügel landete der 38-Jährige auf dem OP-Tisch. Das Gericht verurteilte die Frau zu drei Jahren Haft. Weil ein psychiatrischer Sachverständiger die Frau als Alkoholikerin eingestuft hatte, ordneten die Richter an, sie in einer Entziehungsanstalt unterzubringen.

Mann tankt 2050 Liter Diesel in einen Kleintransporter

Mit einem handelsüblichen Kleintransporter fuhr ein 28-jähriger Mann im Februar an einer Industrietankstelle an der Sympherstraße im Meidericher Hafengebiet vor und fing an zu tanken. Und tankte. Und tankte. Insgesamt 2050 Liter. Wie das? Zwei Kunststofftanks mit je gut 1000 Liter Fassungsvermögen im Inneren des Transporters machten es möglich. Dann bezahlte der Mann mit einer gefälschten Tankkarte und machte sich davon. Diese Masche funktionierte nicht nur einmal, sondern innerhalb von drei Tagen an sechs Automatiktankstellen ohne Personal. Alles in allem brauste der 28-Jährige mit knapp 20.000 Liter Diesel davon. Deshalb und wegen anderer Delikte - so etwa der Unterschlagung eines Mini-Baggers im Wert von 28.000 Euro - stand der wohnungslose Mann vor dem Duisburger Landgericht. Weil er sich geständig zeigte und auch die Hintermänner der Coups nannte, kam er mit einem milden Urteil davon: zweieinhalb Jahre Gefängnis.

Verwirrt, bissig und betrunken 

Nackter Mann springt zu zwei Frauen ins Auto

Nichts als ein Lächeln trug ein junger Mann, als er sich im Dezember 2012 in Duisburg-Rheinhausen zu zwei Frauen ins Auto schwang. Vorher war er betrunken und bereits splitterfasernackt über die Friedrich-Alfred-Straße gelaufen. Im April angeklagt war der mittlerweile 23-Jährige allerdings nicht nur wegen der exhibitionistischen Einlage, sondern wegen nicht weniger als 14 Straftaten, die er zwischen Dezember 2012 und Dezember 2014 begangen haben sollte. Von gefährlicher Körperverletzung über Sachbeschädigung, Diebstahl und Nötigung bis hin zu Bedrohung war alles dabei. Seiner damaligen Freundin habe er mit dem Bügeleisen eins über den Kopf gezogen, an einer Trinkhalle stahl er Bier und drohte, eine junge Frau mit einem Brotmesser zu töten.

Zwar zeigte sich der Angeklagte vor dem Amtsgericht geständig, könne sich aber an vieles nicht mehr erinnern, weil er zu den Tatzeitpunkten zu viel Alkohol und Drogen konsumiert habe. Ein psychiatrischer Sachverständiger bescheinigte dem Mann psychotische Schübe, die durch Rauschmittel verschlimmert würden. So habe der Angeklagte bei einigen Taten offenbar Halluzinationen gehabt und auf die Befehle der Stimme eines jungen Mannes gehört. Die Richter verurteilten den 23-Jährigen zu 18 Monaten Haft, die er zum größten Teil in einer geschlossenen Entziehungsanstalt verbringen wird.

Schnaps macht Schüler zum Rambo

Der Raki ist einem 20-jährigen Duisburger offenbar zu Kopf gestiegen.
Der Raki ist einem 20-jährigen Duisburger offenbar zu Kopf gestiegen. © Volker Herold / FUNKE Foto Services

Der Teufel hat den Schnaps gemacht, sang dereinst Udo Jürgens (Gott hab ihn selig) - und ein Schüler aus Mündelheim singt laut mit: Nachdem er auf einer Geburtstagsfeier im April Raki getrunken hatte, drehte der damals 20-Jährige völlig durch. Innerhalb von nur zwei Stunden schlug er drei seiner Partykollegen so heftig ins Gesicht, dass sie Platzwunden davontrugen, bedrohte sowohl die Freunde als auch herbeigerufene Polizisten („Ich bringe euch alle um. Ich fahre nach Amsterdam und besorge mir eine Pistole. Die Strafe ist mir egal.“) und rief auch noch ohne Not einen Rettungswagen. Er sei von den Polizisten mit Pfefferspray angegriffen worden und außerdem Asthmatiker. Nichts davon traf zu.

Als der Schüler sich schließlich mit nacktem Oberkörper anschickte, die Polizei zu attackieren, packten sich die Beamten den Wüterich und setzten ihn gefesselt in den Streifenwagen - wo er zum guten Schluss einen Türgriff abbrach. Im September vor dem Amtsgericht konnte sich der Schüler gar nicht mehr erklären, wie es dazu kommen konnte: „Das hat auf einmal ‘schnipp“ gemacht." Sonst trinke er keinen Schnaps. Zusätzlich nehme er schwere verschreibungspflichtige Medikamente, die sich mit Alkohol nicht vertrügen. „Unter Alkohol werden Sie offenbar zur Wildsau“, kommentierte der Richter den Exzess und brummte dem jungen Mann 100 Sozialstunden sowie ein Anti-Gewalt-Training auf.

„Göttin von Duisburg“ muss dauerhaft in die Psychiatrie

Und noch ein Fall für die geschlossene Abteilung: Der Mann, der sich die "Göttin von Duisburg" nennt, darf nicht mehr frei herumlaufen. "Zum Schutz der Öffentlichkeit", so die Begründung der Richter, die den 35-Jährigen Ende Juni vor dem Landgericht Duisburg verurteilten. Verständlich, bei der Anklageliste: Der aggressive Duisburger hatte seine Großmutter angegriffen, weil die ihm kein Geld geben wollte. In einem Asia-Imbiss in Hamborn sprühte er ohne jede Vorwarnung mit Pfefferspray um sich und stach auf einen Angestellten ein. In der JVA Hamborn bedrohte der 35-Jährige schließlich einen Mitgefangenen mit einem Messer, weil der ihm keinen Kaffee bringen wollte. Der 35-Jährige, der darauf besteht, als Frau angesprochen zu werden und sich selbst als „Göttin“ bezeichnet, leidet seit 14 Jahren unter paranoider Schizophrenie. Seine Familie hatte schon 2003 versucht, ihn unter Betreuung zu stellen - das Gesundheitsamt der Stadt lehnte damals ab. Als er das Urteil hörte, rastete der Beschuldigte aus. Sollte bei seiner Behandlung etwas schief gehen, werde er sich am Richter rächen: „Dann töte ich Sie in ihrem Bett!“

Frau beißt Nachbarin Stück vom Daumen ab

Wieso, weshalb, warum - diese Fragen konnten im November vor dem Amtsgericht zwar nicht geklärt werden. Fest steht: Am Ende eines lautstarken und handreiflichen Streits zwischen zwei Nachbarinnen in Rheinhausen fehlte einer der beiden ein Stück vom Daumen. Ärzte im Krankenhaus mussten es der 24-Jährigen wieder annähen, monatelang soll die Geschädigte an einer entzündeten Wunde gelitten haben.

Vor Gericht zeichnete sich ab, wie die Auseinandersetzung ungefähr verlaufen sein musste: Die angeklagte 22-Jährige hatte anscheinend die Nachbarin verdächtigt, ihren Freund bestohlen zu haben. Im Streit darüber habe sie - mit zwei Promille im Blut - ihre Widersacherin angeschrien, an den Haaren zu Boden gezogen und schließlich herzhaft zugebissen. Die Angeklagte zeigte sich geständig. Das und die Tatsache, dass sie während des Streits rund zwei Promille im Blut hatte, milderten die Strafe für die zweifache Mutter, die mit 16 wegen einer Schwangerschaft die Schule abgebrochen hatte. Da sie einschlägig vorbestraft ist, gab es am Ende aber doch sechs Monate Gefängnis auf drei Jahre zur Bewährung sowie 100 Stunden Sozialdienst.

Geschichten aus dem Bordell und von der Straße 

Freier klaut sein Geld im Bordell zurück und kassiert Prügel

Kein Geld mehr im Bordell? Sie haben das Gefühl, abgezogen zu werden? Wenn Sie mal richtig Ärger bekommen wollen, verhalten Sie sich wie folgt: Greifen Sie nach dem Akt in die Schublade der Prostituierten ihrer Wahl und versuchen Sie, das gezahlte Geld - mit 1500 Euro ihrer Meinung nach sowieso viel zu viel für unbefriedigende Dienste - wieder zurückzuergattern. Rangeln Sie dann so lange und heftig mit der Frau, bis der ihre künstlichen Fingernägel abbrechen und sie anfängt, zu bluten. Es könnte daraufhin das passieren: Die Prostituierte ruft private Sicherheitsleute, die Sie so dermaßen verprügeln, dass Sie hinterher aussehen, als hätte Sie ein Bus überfahren.

Bei seinem Besuch an der Vulkanstraße in Duisburg wollte sich der Freier sein Geld von der Prostituierten zurück holen.
Bei seinem Besuch an der Vulkanstraße in Duisburg wollte sich der Freier sein Geld von der Prostituierten zurück holen. © WAZ

So geschehen einem 48-jährigen Landschaftsgärtner aus dem Raum Minden, der im Dezember 2013 ein Bordell an der Vulkanstraße besuchte. Nicht nur, dass er die Schmerzen der Prügel ertragen musste - im April stand der Mann wegen räuberischen Diebstahls und Körperverletzung vor dem Amtsgericht. Die Richter zweifelten nicht daran, dass die Anklage zutraf. Weil der Freier aber vorher noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten war, das Geld sofort wieder an die bestohlene Prostituierte zurück ging und der Mann nach den Prügeln der Sicherheitsleute ziemlich verletzt war, verurteilte das Gericht den 48-Jährigen nur zu einem Jahr Haft auf Bewährung.

Mann verschickt Nacktfotos der Ex an deren Chefs

Rache ist süß - und kann bisweilen vor dem Richter enden. Zumindest dann, wenn der ausgetüftelte Plan auffliegt. Einem 47-jährigen Hochfelder ist eben das passiert. Nachdem ihn seine Freundin sitzengelassen hatte, verschickte der Verlassene Nacktfotos der 39-jährigen Krankenschwester an deren Chefs im Krankenhaus. Dabei gab er sich als die Ehefrau eines Patienten aus. Angeblich sei "sie" zufällig im Internet auf die Fotos gestoßen. In Wahrheit hatte seine Ex dem 47-Jährigen die Fotos während der Beziehung zugesendet. Natürlich nur für den privaten Gebrauch. Das Amtsgericht hatte den Mann bereits zu 1800 Euro Strafe (120 Tagessätze zu je 15 Euro) verurteilt. Dagegen legte der Hochfelder Berufung ein. Doch das Landgericht schloss sich im April dem Urteil an: Obwohl der 47-Jährige immer wieder beteuerte, zum Zeitpunkt der Tat betrunken gewesen zu sein, habe er es immer noch geschafft, sowohl die Empfänger-E-Mail-Adressen korrekt einzutippen als auch seiner Ex noch eine Nachricht zu schicken mit der Botschaft: „Viel Spaß mit der Personalabteilung.“

Meidericher vergleicht Polizei-Bulli mit „Schweinetransporter“

Ebenfalls in zweiter Instanz verhandelten die Richter des Landgerichts eine immerhin bloß sprachliche Entgleisung: Ein 34-jähriger Unternehmer aus Meiderich hatte bei einer Verkehrskontrolle im März in der Duisburger Innenstadt den Bulli, in dem die Polizisten unterwegs waren, mit einem Schweinetransporter verglichen. Die Beamten sollen ihn gestoppt haben, weil er angeblich am Steuer telefoniert hatte. Ausweisen konnte sich der Meidericher mit einem türkischen Reisepass, der Meldebestätigung und weiteren Unterlagen, die die Polizisten aber nicht hätten akzeptieren wollen.

Der Kommentar des Angeklagten fiel daraufhin deutlich aus: Gegen seinen Porsche Panamera gelehnt habe er auf den 30 Jahre alten Transit der Polizei geblickt und seiner Begleiterin erklärt, dass es vielleicht daran liege, dass er Türke sei und ein so schönes Auto fahre. „Früher sind unsere Eltern und Landsleute mit solchen Schweinetransportern im Sommer in die Heimat gefahren“, soll er der Frau gesagt haben. Einer der Polizisten habe die Bemerkung in den falschen Hals bekommen, was vors Amtsgericht und zu einer Geldstrafe von 1600 Euro (40 Tagessätze zu je 40 Euro) führte. Um den Prozess abzukürzen, einigten sich alle Beteiligten im Dezember darauf, das Verfahren gegen eine Geldbuße von 500 Euro einzustellen.

Ehepaar raubte verschenkten Hund zurück

Geschenkt ist geschenkt. Egal, wie gerne man das Geschenk wieder zurück hätte. Das musste ein Ehepaar aus Lüdenscheid im Februar hinnehmen, als das Landgericht ein Urteil des Amtsgerichts bestätigte: Sechs Monate auf Bewährung für die beiden 54-Jährigen. Was war geschehen? 2011 hatte das Paar ihren Labrador-Retriever-Mix namens "Ronja" aus gesundheitlichen Gründen über ein Inserat an eine 22-Jährige vermittelt und ihr den Hund geschenkt. Als sich aber auch die Lebensverhältnisse der jungen Frau änderten, verkaufte sie Ronja an ein Duisburger Ehepaar.

Nun packte die einstmaligen Besitzer das schlechte Gewissen. Sie fanden heraus, wo die neuen Eigentümer wohnten, statteten ihnen einen Besuch ab und bedrängten sie, Ronja wieder herauszugeben. Dabei musste bereits die Polizei ausrücken. Im Rheinhauser Volkspark kam es dann am 23. September 2012 zum Showdown: Verzweifelt hatte die 55-jährige Duisburgerin noch versucht, ihren Hund festzuhalten. Doch der Angeklagte drückte ihre Hand weg, während seine Frau eine neue Leine anbrachte. Das Lüdenscheider Ehepaar nahm den Hund zwar mit, hatte aber zivilrechtlich keine Chance - ein Gerichtsvollzieher holte den Hund nach Duisburg zurück.