Duisburg.. Intendant Alfred Wendel über die Verlängerung der Opernehe: „Uns ist ein Stein vom Herzen gefallen.“ Die Rückkehr in die Mercatorhalle beflügelt.

Seit Februar 2006 ist Dr. Alfred Wendel Intendant der Duisburger Philharmoniker – und bleibt es, bis er mit 65 Jahren in Rente geht. Bereits im September 2014 hat der Rat die Verlängerung seines Vertrags bis 2023 beschlossen und damit auch die Anerkennung und Wertschätzung ausgedrückt, die Wendel in der Stadt genießt. Im WAZ-Sommergespräch blickt er vor allem auf die kommende Saison.

Wie wichtig war es für die Duisburger Philharmoniker, dass die Opernehe verlängert worden ist?

Alfred Wendel: Uns ist ein Stein vom Herzen gefallen, die Ungewissheit hat die Musiker schon bedrückt. Das war eine weise Entscheidung des Rates. Wir sind sehr dankbar, dass das geklappt hat. Die Philharmoniker und die Oper gehören zusammen, eins ist ohne das andere nicht denkbar. Und schon der erste Kampf um die Opernehe hat ja gezeigt, wie vielen verschiedenen Duisburgern der Erhalt dieser Kultur-Institutionen wichtig ist. Kultur hat für die gesellschaftliche Stabilität eine größere Bedeutung als viele denken. Gebildete und kultivierte Menschen finden sich nicht in einem pöbelnden Mob.

Ist der Eindruck richtig, dass das Programm für die kommende Saison umfangreicher ist als sonst?

Wendel: Wir haben ja immer um die 100 Konzerte und Veranstaltungen neben den Opern. Es ist aber etwas mehr als sonst, das hat sich so ergeben. Außer der Reihe gibt es gleich am 6. September im Opernfoyer die Konzerte zum 100. Geburtstag von Rudolf Schock, dann folgt am 28. November das Barockkonzert. Wir haben aber auch ganz stark den Fokus gelegt auf junge Leute.

Auf der Bühne oder im Zuschauerraum?

Wendel: Beides – junge Musiker können auch ein junges Publikum anziehen Wir setzen den Wettbewerb „Virtuosen von morgen“ fort, der beim ersten Mal bombig eingeschlagen ist. Außerdem haben wir das Landesjugendorchester NRW eingeladen. Es spielt am 20. Oktober Bruckners Neunte in einer ungewöhnlichen Inszenierung – Raum und Musiker in weiß, dazu kommt eine besondere Lichtregie. Ich bin sehr neugierig, wie das wird. Wichtig ist aber auch, dass wir Gastgeber für den Landesorchester-Wettbewerb NRW am 26. und 27. September sind. Da kommen 50 Laienorchester mit über 2000 Musikern – von Mandolinen über Blechbläser bis hin zum großen Sinfonieorchester – nach Duisburg. Das ist ein schönes Zeichen für die Wichtigkeit der Musik. Sie ist nicht nur etwas für exklusive Zirkel sondern eine tolle und beglückende Freizeitbeschäftigung.

Kurz vor Saisonschluss gab es auch eine Kombination aus Konzert und Poetry Slam. Wird das fortgesetzt?

Wendel: Ja, wir machen das noch einmal außer der Reihe und dann eventuell als Serie. Das ist das Publikum, das wir suchen: junge Erwachsene. Und auch für die Philharmonischen Konzerte haben wir zum Teil sehr junge Leute engagiert. Beim 3. Philharmonischen sind sowohl Dirigent Rory Macdonald als auch Fagott-Solist Sebastian Stevenson jung. Oder beim 7. mit Jonathan Darlington: Giordano Bellincampi und ich hatten Frank Dupree zum Vorspiel eingeladen – und sind fast abgeschnallt. Ein junger deutscher Pia­nist mit riesigem Talent.

Jugendliche und junge Erwachsene gelten als schwierige Zielgruppe. Sind Kinder leichter zu erreichen?

Wendel: Ja, aber wir hatten in der letzten Saison leider keine Konzertpädagogin mehr. Der Einsatz von Honorarkräften war rechtlich nicht mehr möglich. Die gute Nachricht: Wir haben jetzt eine feste Ganztagsstelle für das Klasse-Klassik-Programm. Aus der Stadtverwaltung ist Annette Keuchel zu uns gekommen. Sie ist zwar keine Musikerin oder Pädagogin, aber hat ein großes organisatorisches Talent und ist jetzt fester Ansprechpartner für Schulen und Kindergärten.

Und die Nachfolge von Wilfried Gehse als Orchestergeschäftsführer ist auch bereits geregelt?

Wendel: Ja, der bisherige Solo-Oboist Martin Schie ist ab 1. August Orchester- und Veranstaltungsmanager. Externe Einstellungen sind ja nicht möglich, da habe ich mich gefragt, wer aus dem Orchester in Frage kommt. Denn das Wichtigste an dieser Stelle ist, dass man sich mit Musik und dem Orchester auskennt, dass man weiß, wie ein Konzert funktioniert. Da wird sich Martin Schie schnell einarbeiten.

Die Philharmonischen Konzerte sind ja meist gut besucht, aber bei den Sonderkonzerten gibt es oft leere Reihen. Wie kommt das?

Wendel: Ja, bei den Philharmonischen Konzerten haben wir etwa 1200 Besucher pro Abend. 850 Abonnenten haben uns im Theater am Marientor die Treue gehalten – von zuvor 1200. Für die Sonderkonzerte müssten wir ganz anders werben, aber das ist auch eine Frage des Etats. Im TaM werden weniger Karten im freien Verkauf abgesetzt. Das wird hoffentlich wieder anlaufen und auf den alten Stand kommen, wenn wir in die Mercatorhalle zurückkehren.

Dass Sie 2016 wieder in der Philharmonie Mercatorhalle spielen können, muss Sie doch sehr beflügeln?

Wendel: Ja, die Nachricht, dass wir im September 2016 wieder einziehen können, ist eine große Erleichterung. So gut das im TaM auch läuft – es ist eben doch nicht die Mercatorhalle.