Duisburg. Jugendliche werden zu „Ruhrstadtträumern“. In einem Kurs lernen sie das Handwerk für ehrenamtliches Engagement und stellen selbst etwas auf die Beine.
„In Duisburg geht noch was. Hier kann man auch etwas bewegen und muss nicht nach Berlin abhauen“, erklärt Katharina Nitz. Sie ist eine von drei Initiatorinnen des Projekts „Ruhrstadtträumer“, das das Theodor-Heuss-Kolleg mit der Bürgerstiftung für junge Duisburger anbietet. In einem Kurs lernen die Schüler, wie man selbst eine Aktion auf die Beine stellt, Mitstreiter findet, Öffentlichkeit informiert und nebenbei die Stadt verbessern kann.
Samenbombenund Origami-Vögel
Eine Gruppe, die sich „Freiflieger“ nennt, bastelt mit Kindern aus Hochfeld Origami-Vögel, die sie in den Bäumen des Böniger Parks fliegen lassen wollen. „Wir haben einfach Kinder aus der Nachbarschaft angesprochen und uns mit ihnen in der Alten Feuerwache getroffen“, sagt Clara Neff. Sarah Azgua interessiert sich indes für Natur und Umwelt, hat so genannte Samenbomben gebaut und deren Saatgut im Meidericher Stadtpark verstreut.
In der Theorie wusste sie, worauf sie bei der Organisation achten muss. In der Praxis stieß sie allerdings auf die eine oder andere Hürde. „Es hat mich schon Überwindung gekostet, bei Blumenhändlern nachzufragen, ob sie etwas spenden. Einige waren total nett, andere eher abweisend“, berichtet sie. Trotzdem will sie weiter machen und überlegt sogar, ob sie noch ein Projekt im Bereich Food-sharing auf die Beine stellt. „Momentan weiß ich aber noch nicht, wie ich das zeitlich neben der Schule alles hinkriegen soll.“
Ahmed Derdiyok und seine Mitstreiter haben sich ein politisches Thema vorgeknöpft. Sie wollen eine Kampagne starten, die Duisburger für Mobbing und Homophobie sensibilisieren. „Neulich habe ich wieder gehört, dass jemand gesagt hat: ,Das ist aber schwul.’ Ohne darüber nachzudenken, was er da eigentlich sagt“, erklärt der Gymnasiast. Oder es würden Mädchen im Sportunterricht gehänselt, weil sie sich nicht unter den Achseln rasieren. „Da wird einem dann ein Schönheitsideal aufgedrückt“, wissen die anderen.“ Das soll sich ändern.
Die Gruppe „Togather“ bietet im „Syntopia“ Jamsessions an. „Ich spiele Harfe und wir haben zu Hause oft gespielt. Nur einen Treffpunkt, wo man Jamsessions veranstalten kann, gab es noch nicht“, erklärt Alina Brücker. Andere aus der Gruppe wollten lieber einen Treffpunkt etablieren, wo sich Jugendliche auf Englisch unterhalten können. Also nahmen sie beides in Angriff.
Mit-Organisatorin Teresa Grünhage, selbst in Duisburg aufgewachsen, lebt in Berlin und findet es toll, wie sich die Jugendlichen für die Stadt einbringen. Bei regelmäßigen Treffen ziehen sie Bilanz oder motivieren sich, wenn es mal nicht so läuft. „Die Jugendlichen haben nicht nur Projekte entwickelt, sondern auch sich selbst“, hat Katharina Nitz beobachtet. Der eine oder andere kann jetzt viel besser vor vielen Menschen sprechen.
Theodor-Heuss-Kolleg und Bürgerstiftung fördern
Am 6. Oktober stellen die Jugendlichen in der „Arche“ in Marxloh ihre Ergebnisse vor – und berichten, wie es mit den Projekten weitergeht. Die drei Organisatorinnen haben sich kennen gelernt, weil sie an einem Austausch mit Duisburgs Partnerstadt Perm teilnahmen.
Das Theodor-Heuss-Kolleg unterstützt Initiativen, bei denen sich junge Menschen für Veränderungen in der Gesellschaft einsetzen. Nicht nur in Deutschland ist das Kolleg aktiv, sondern in über 30 Ländern in Mittel-, Ost- und Südosteuropas, außerdem im Kaukasus und Zentralasien. Dabei geht es darum, demokratische Werte in die Gesellschaft einzubringen. Die Bürgerstiftung wiederum kam dazu, weil sie Engagement in Duisburg fördert.