Duisburg. . Pusten statt Pieksen: Die Duisburger Polizei macht bei dem landesweiten Test mit, der das Ziel hat, Blutproben bei Promillefahrten abzuschaffen.
Alkohol löst bekanntlich die Zunge: Duisburgs Polizei hofft darauf, dass erwischten Promillefahrern, die für die Blutprobe zur Wache müssen, ein „Ja“ entfährt, wenn sie gebeten werden, künftig zusätzlich zum Aderlass mit der Nadel einem freiwilligen Alkohol-Atemtest zustimmen sollen. Zu Testzwecken. Testpersonen gäbe es genug: Hunderte Autofahrer müssen im Jahr dem Arzt ihren Arm entgegenstrecken.
Polizei Duisburg ist eine von 21 Behörden im Land, die am Test teilnimmt
Das Duisburger Polizeipräsidium ist eine von 21 Kreispolizeibehörden im Land, in denen NRW-Innenminister Ralf Jäger mit wissenschaftlicher Begleitung für ein Jahr untersuchen lassen will, ob Atem-Alkoholtests die Blutprobe ersetzen können. Denn die ist bislang ausschließlich beweissicherndes und gerichtsfestes Verfahren bei Alkoholsündern über 1,1 Promille. Aber sie ist zeitaufwendig für Polizei wie ertappten Autofahrer – und für den auch noch teuer.
Bislang gilt: Wer von der Polizei unterwegs erwischt wird, muss zunächst am Streifenwagen quasi mobil am Vortestgerät „pusten“. Liegt der Wert über 0,5 Promille geht’s zur Wache, wo der Delinquent ins große, noch genauere Testgerät blasen muss. Liegt dabei der Wert über 0,8 Promille, muss die Blutprobe her. Denn dann geht’s nicht mehr um eine Ordnungswidrigkeit, bei der der Promille-Atem reicht, sondern ab 1,1 Promille um ein Strafverfahren, das gerichtsfest sein muss.
Blutprobe muss angeordnet werden, ist teuer und kostet Zeit
Dafür muss bislang eben Blut fließen, was auch noch richterlich angeordnet werden muss. Für die Blutprobe muss die Polizei einen Arzt zur Wache einbestellen: „Das kann auch mal anderthalb Stunden dauern, bis der Arzt in der Nacht von Buchholz nach Hamborn gefahren ist“, berichtet Polizeisprecher Ramon van der Maat. Folge: Die Streifenbesatzung muss warten, der Promillefahrer ebenfalls. Und der muss auch die Kosten tragen. Da sind nachts schnell 150 Euro plus 25 Euro Laborkosten fällig.
Also wäre der alleinige Atem-Test eine „Win-Win-Situation“ für beide Seiten. „Die Beamten könnten direkt wieder auf Streife fahren“, hofft van der Maat auch aus dienstlichen Gründen auf den Wegfall der Blutprobe. Neben Zeit und Geld bliebe dem Autofahrer überdies die „Nadel im Arm“ erspart, meint van der Maat. „Eine Blutprobe ist immer auch ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, die sich heute vermeiden lässt“, erklärte Jäger dazu, als er jüngst den Landestest in Düsseldorf ankündigte. Er wünscht sich eine einheitliche Lösung im Bund. „In anderen europäischen Ländern wird die Atem-Alkoholanalyse schon lange ganz selbstverständlich bei Verkehrsstraftaten angewendet“, will Jäger die Blutprobe abschaffen.
In der Praxis stimmen Blutprobe und Atemtest meist überein
Aus der Praxis weiß van der Maat, dass Blutprobenwert und Atemtestwert ohnehin meistens übereinstimmen. Im Testlauf jetzt sollen die Alkoholsünder jetzt vor und nach der Blutprobe pusten. Anonymisiert werden die Ergebnisse dann an einer Polizeihochschule in Sachsen ausgewertet – als Massentest angesichts der hohen Fallzahlen.
Im Jahr 2014 hatte die Polizei 1450 Verfahren wegen Drogen und Alkohol im Straßenverkehr. Von den 531 Alkohol-Fällen mussten 374 zur Blutprobe, 157 blieben im Ordnungswidrigkeitenbereich bis 1,1 Promille. Im ersten Halbjahr 2015 gab es bisher 468 Verfahren insgesamt, 223 wegen Alkohol. Davon lagen 172 Autofahrer nach der Blutprobe über 1,1 Promille.