Duisburg. Viele Ehrenamtliche helfen in Duisburg in der Asyl-Hilfe. Sie klagen aber auch über zu wenig Unterstützung und über Probleme in Unterkünften.
Nach den Vorwürfen, die der Flüchtling Umayyad gegen das Landes-Asyl in Neumühl erhob, bekommt der Syrer nun Unterstützung von einer ehemaligen Mitarbeiterin der Kleiderkammer: „Da ist nichts organisiert. Ich habe jedes Mal heulen müssen, wenn ich dort gearbeitet habe.“ Petra Kolominski engagiert sich seit vergangenem Herbst für Flüchtlinge. Erst nur in Neumühl, jetzt duisburgweit.
Die 39-Jährige hat früher selbst in Neumühl gewohnt. „Das ist meine Nachbarschaft, da wollte ich helfen.“ Die Schicksale der Flüchtlinge seien ihr nach der Geburt ihres zweiten Kindes besonders nah gegangen. Zudem habe es kaum Unterstützung von Seiten des DRK, das die Unterkunft betreibt, gegeben. Deshalb zog sie sich kurz vor den Sommerferien zurück.
Bezirksregierung erkennt Engagement an
Wenn die gelernte Raumausstatterin von ihrer Arbeit für Flüchtlinge erzählt, leuchten ihre Augen. In jedem Satz schwingt mit, wie sehr sie daran glaubt, was sie tut. Monatelang half sie deshalb in der katholischen Gemeinde Herz Jesu, gespendete Kleidung zu sortieren und an die Menschen im St. Barbara zu verteilen. „Eigentlich ist das DRK mit der Ausgabe der Kleider betraut. Es sind ausschließlich Ehrenamtler der Gemeinde, die dort Regale aufbauen, Kleider ordnen und ausgeben.“
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Thomas Voß vom Deutschen Roten Kreuz Nordrhein, widerspricht: „In die Ausgabe und Organisation der Kleiderkammer ist traditionsgemäß sehr stark das Ehrenamt eingebunden. Das Team der Sozialbetreuer war immer wieder in die Aufgabe der Kleiderkammer involviert, aber aufgrund der hohen Belastung durch die steigende Anzahl von Asylsuchenden, war und ist das Team vor Ort über jede ehrenamtliche Unterstützung dankbar.“ Auch die Bezirksregierung Arnsberg erkennt das Engagement an.
"Diese Menschen möchten auch ihre Würde bewahren"
Doch Ehrenamtliche gibt es laut Petra Kolominski zu wenige: „Mehr als zwei, drei Leute in der Woche finden sich nicht, um die Kleiderkammer zu öffnen.“ Wenn sie dann geöffnet ist, hätten die Bewohner nur eineinhalb Stunden Zeit, um sich etwas auszusuchen. „Das sind zehn, zwölf Minuten.“ Ganz gleich, ob es sich um eine Person oder eine sechsköpfige Familie handelt. „Dann kommen die Menschen mit drei, vier Kindern und müssen aus unsortierten Klamottenhaufen für alle etwas heraussuchen. Anprobieren können sie nichts.“ Angesichts der Masse an Menschen bleibt den Ehrenamtlern keine Zeit, ihnen zu helfen,„Es ist ein reines Abarbeiten.“
Einige würden argumentieren, dass die Flüchtlinge ja froh sein könnten, überhaupt etwas anzuziehen zu haben. Petra Kolominski sieht das anders: „Möchten wir in kariertem Hemd und gestreifter Hose herumlaufen? Diese Menschen möchten auch ihre Würde bewahren.“
"Unsere Mitarbeiter sind geschult"
Während der Ausgabe helfen Security-Kräfte, die Papiere der Flüchtlinge zu kontrollieren und die Menschen durch die Räume zu schleusen. „Sie geben ihr Bestes. Aber es sind nicht alle ausgebildet für den Umgang mit teilweise traumatisierten Kriegsflüchtlingen. Sie scheuchen die Menschen mit ,Go! Go!’ durch die Kammer.“ Manche Flüchtlinge reagierten darauf verschreckt oder gar aggressiv. Diese Einschätzung passt zu den Berichten von St.-Barbara-Bewohner Umayyad: Er hatte in der vergangenen Woche von unfreundlichen Mitarbeitern erzählt, die ihm Essens-Nachschläge verwehrten. Bei einem Telefonat am Mittwoch erklärte er, dass sich das weiterhin nicht verbessert hätte. Beholfen habe man sich mit Essens-Einkäufen. Das geht nicht mehr, weil alle in Quarantäne sind wegen der Windpocken. „Ich fühle mich wie im Gefängnis“, sagt Ummayad.
Thomas Voß vom DRK Nordrhein räumt bei den Vorwürfen zur Kleiderkammer ein: „Wir haben festgestellt, dass die Kleiderkammer bei der hohen Anzahl an wöchentlich neu ankommenden Schutzsuchenden anders organisiert werden muss, um den Menschen mehr Möglichkeiten zu bieten, die Kammer zu besuchen.“ Es sei für Neumühl ein Ehrenamts-Koordinator eingestellt, der seit dem 1. August Ansprechpartner für die Ehrenamtlichen ist. „Unsere Mitarbeiter sind geschult, aber wir müssen auch die Ehrenamtlichen engmaschiger betreuen, damit sie mit der Situation umgehen können“, weiß DRK-Nordhein-Sprecherin Stefanie Kutschker.
Engagement über Facebook vernetzen
Viele Duisburger möchten sich engagieren und wenden sich zunächst an die Stadt. Die weist sie zurück, weil die Stadtangestellten nicht wissen, wo konkret Hilfe benötigt wird. Es ist alles sehr unkoordiniert“, bedauert Petra Kolominski. Ihr Tipp: Wer sich einsetzen möchte, soll sich direkt an die Einrichtungen wenden. Oder an eines der vielen Duisburger Online-Netzwerke.
Mit Hilfe dieser Netzwerke, wie etwa bei Facebook, engagiert sich Kolominski weiter. Aktuell ist sie dabei, mit Gleichgesinnten ein „Virtuelles Warenhaus“ aufzubauen - eine Online-Plattform, über die Spenden für Duisburger Flüchtlingsunterkünfte zentral koordiniert werden können. Sie organisiert Spendenaktionen und Trödelmärkte. Wenn ihr Ehemann nicht gerade auf die Kinder aufpasst, nimmt Kolominski auch ihre neunjährige Tochter und den kleinen Sohn (3) auch mit: „Sie sollen mitbekommen, wer die Flüchtlinge sind, woher sie kommen und was mit ihnen in Deutschland passiert. Das ist ihre Zukunft, denn diese Menschen bleiben.“
Stadt bevorzugt dezentrale Ansprechpartner bei Asyl-Hilfe
Wer sich ehrenamtlich engagieren will, hat in Duisburg viele Möglichkeiten. Koordiniert werden Angebot und Nachfrage vom Referat für Bürgerengagement und Bürgerangelegenheiten. Von hier aus werden Lesepaten, Schöffen und Wahlhelfer vermittelt. „Wir sind die erste Anlaufstelle für die Bürger“, betont Hildegard Stieler vom Bürgerreferat.
Bei der Flüchtlingshilfe ist es jedoch anders. Hier biete die Stadt Unterkunft, Versorgung. Aber niederschwellige Angebote, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, ihre Bedürfnisse zu ermitteln, das sei eine dezentrale Aufgabe, die von Wohlfahrtsverbänden, Kirchengemeinden und Runden Tischen organisiert würden. „Wir haben überall Ansprechpartner, an die wir weitervermitteln können“, sagt Stieler.
"Es ist schwer zu sagen, was gebracht wird"
Andreas Fateh, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und aktuell Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Duisburger Wohlfahrtsverbände, würde eine zentrale Koordinierungs-Stelle begrüßen. Die Verbände seien zwar vernetzt, aber: „Man muss im Moment viel Zeit investieren, um den Überblick zu bekommen.“ Da die Zuweisung von Flüchtlingen nicht planbar sei, hinke man mit den Kapazitäten meist hinterher, sei der Bedarf an Unterstützung im ständigen Fluss. Die AG prüfe derzeit, ob sie selbst so eine Zentrale stellen könne. Insgesamt sei die Hilfsbereitschaft in Duisburg groß, lobt Fateh.
Flüchtlinge in DeutschlandDas bestätigt auch Andrea Bestgen-Schneebeck, Leiterin des Amtes für Soziales und Wohnen: In allen Einrichtungen hätten sich Angebote von selbst ergeben. Die Unterstützerkreise würden sich nach den aktuellen Bedürfnissen der Bewohner richten. Sprachkurse gebe es überall, Spielgruppen nur da, wo auch Familien leben. „Es ist schwer, allgemein zu sagen, was gebraucht wird“, so Bestgen. Da die Stadt nicht alles koordinieren könne, sei Hilfe aus der Nachbarschaft wichtig. Jede Art von Unterstützung sei willkommen - ob jemand beim Einkaufen helfe oder ein Soccer-Turnier organisiere, um Menschen zusammen zu bringen.
Hier gibt es Ansprechpartner:
- Die Facebook-Gruppe „Ich will was tun, für Flüchtlinge aus Kriegsgebieten in Duisburg“ ist eine geschlossene Gruppe, die konkret Hilfe vermittelt, Ansprechpartner nennt, bei Fragen berät.
- Auch die Facebook-Gruppe „Refugees Welcome Duisburg“ hilft bei der Vernetzung.
- Die Caritas bietet Fortbildungen für Ehrenamtler an, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren wollen. Der nächste Kurs läuft in Oberhausen, Infos: 0208 8599641.
- Die Paritätische Freiwilligenzentrale Duisburg hilft bei der Vermittlung: 0203/60 990-0.
- Das Referat für Bürgerengagement und Bürgerangelegenheiten ist unter 0203/283-2830 zu erreichen.