Duisburg. . Von Rollenspielen, Zellenbesuchen, Mord und Totschlag: Zum Abschluss der Serie „WAZ öffnet Pforten“ bekamen die Duisburger Leser einiges geboten.

Es geht um Steuerhinterziehung im großen Stil, Schwarzarbeit am Bau. Der erste Prozesstag, großer Sitzungssaal, Wirtschaftstrafkammer, Landgericht. Klaus Keulen setzt sich auf den Platz, der für den vorsitzenden Richter bestimmt ist. Der Wanheimerorter hat sichtlich Spaß an der gespielten Gerichtsverhandlung, die Bernhard Kuchler gerade mit knapp 20 Lesern während einer Führung durchs Landgericht bei der letzten Folge der Serie „WAZ öffnet Pforten“ in diesem Jahr inszeniert.

Vier Wachtmeister passen auf

„Daneben brauchen wir noch zwei beisitzende Richter und bitte auch zwei Schöffen“, ruft der Richter und Pressesprecher. Langsam werden alle Rollen besetzt. Gleich zwei Angeklagte gibt’s, die vier Wachtmeister im Auge behalten. Kuchler lächelt: „Es besteht Fluchtgefahr...“ Auch Verteidiger, Staatsanwalt, Gutachter, ein Steuerfahnder und eine Protokollkraft und die erste Zeugin nehmen ihre Plätze ein.

„Sobald die Gefangenen da sind“, erklärt Kuchler, „kommen die Richter und Schöffen aus dem Beratungszimmer, in dem die Schöffen kurz vor der Verhandlung über den Fall informiert werden. Denn sie dürfen die Anklage nicht kennen, um frei entscheiden zu können.“ Es gibt Strafsachen – bei 850 im vergangenen Jahr am Landgericht handelte es sich übrigens in 700 Fällen um Berufungsverfahren – kann die Anklageschrift schon mal 500 Seiten lang sein. „Da dauert“, so der Pressesprecher, „allein das Verlesen viele, viele Stunden.“

Container mit neun Zellen

Das gehört, Gott sei Dank, nicht zum Gerichtsspiel. Schließlich gibt es im Landgericht noch einiges mehr zu sehen – etwa den Container im Innenhof mit neun Zellen. Dort werden die Angeklagten tagsüber für den jeweiligen Prozess untergebracht. „Morgens werden sie etwa aus der Justizvollzugsanstalt in Hamborn, aber auch aus ganz NRW, zum Landgericht gebracht und abends wieder zurück. Übernachtung gibt es bei uns nicht“, so der Pressesprecher, der eine Zelle aufschließt.

Es riecht nach Zigarettenrauch. Ein Waschbecken mit integrierter Toilette, eine Holzbank, auf der sich so mancher mit Flüchen an die Justiz verewigt hat, und eine Holzplatte. Mehr bietet der rund fünf Quadratmeter große Raum nicht. „Beklemmend“, entfährt es einer Leserin, während Kuchler neben ihr jemanden gefunden hat, der sich mal kurz Handschellen anlegen lässt. Die werden erst nach Schließen der Zellentür durch eine Öffnung wieder abgenommen.

Flüche an die Justiz

„Lassen Sie die Tür ruhig zu, meine Frau ist noch da drin...“, scherzt ein Leser, ehe die Gruppe den Container – selbstverständlich komplett – wieder verlässt, um sich zum Vergleich die früheren Zellen im alten Trakt des 1876 erbauten Gebäudes anzuschauen. Viel kleiner, nur eine Holzbank und keine Toilette. „Da musste jedes Mal der Wachtmeister gerufen werden...“, sagt Kuchler, der die WAZ-Gäste auch ins Büro der Zivilrichterin Anne Muckelmann führt. Sie berichtet unter anderem darüber, dass sich bei Familien- oder Nachbarschaftsstreitigkeiten oft ein Vergleich anbietet. „Schließlich sollte man nachher noch miteinander auskommen.“

Die Leser nicken und dürfen danach noch einen Blick in den großen Schwurgerichtssaal werfen. Dort sitzen Menschen auf der Anklagebank, die einiges auf dem Kerbholz haben, wie zuletzt Ex-Satudarah-Boss Ali Osman in einem der zahlreichen Rocker-Prozesse.

KS steht für Mord und Totschlag

Wer wissen will, was in den vielen Sitzungssälen konkret verhandelt wird, wird durch die elektronischen Anzeigen davor nicht recht schlau. Einen Tipp gibt Kuchler den Lesern aber mit auf dem Weg: „Achten Sie auf das Aktenzeichen. Bei ,KS’ zum Beispiel geht es immer um Mord und Totschlag.“