Der Busunternehmer Udo Scharf zeigt auf seiner neuen Tour Industrie und Idylle jenseits der Ruhr. Die Gäste lernen bis auf Ruhrort alle nördlichen Stadtteile kennen.

Ein Jahr ist es her, da trat Udo Scharf an, die Duisburger diesseits und jenseits des Rheins miteinander zu versöhnen. Der Westen wollte sich abspalten und Sparkassen-Mann Scharf, Duisburger durch und durch und im Nebenjob Busunternehmer, erarbeitete eine Stadtrundfahrt durch die westlichen Stadtteile. Seitdem läuft und läuft und läuft die Tour, übrigens steigen zumeist Einheimische ein. „Aber Duisburg ist eine Großstadt und hier gibt es viel zu entdecken“, weiß Scharf und legte einen neuen Rundkurs auf. Diesmal überschreiten er und seine Teilnehmen die Ruhr als Grenze gen Norden. Von den 17 Stadtteilen liegen 16 auf der Route. Vorbei geht’s an Industrie und Idylle. Schönes und Scheußliches liegen nah beieinander.

Die Sonne scheint, aber das war ja klar, „wenn Engelchen reisen“, sagt Teilnehmerin Christel Niemczyk. An der Aakerfährbrücke startet Udo Scharf mit seinen Erklärungen. Bevor eine Brücke gebaut wurde, verkehrte eine Fähre zwischen Duissern und Meiderich. Später passierte eine Straßenbahn die Brücke, die Schienen sind heute noch teilweise zu sehen. Als allerdings festgestellt wurde, dass das Bauwerk marode ist, wurde im Jahr 2000 die Bahn unter Tage gelegt. Sie unterquert den Fluss und den Hafen. Mit 7,5 Kilometern ist der Abschnitt Duissern-Auf dem Damm einer der längsten Streckenabschnitte Deutschlands, die eine U-Bahn ohne Zwischenhalt fährt. Später quert der Bus die Brücken des Rhein-Herne-Kanals, kurvt durch Meiderich – „links liegt das Trainingsgelände unseres MSV“ – und biegt schließlich Richtung Neumühl ab. Zunächst geht’s vorbei an der Moriansmühle, die Neumühl seinen Namen gab. Auf dem Parkplatz von Zoo Zajac ist die Hölle los. „Es wurde sogar ein zweiter Parkplatz angelegt“, weiß Scharf.

Interessante Siedlungen in Neumühl

Neumühl und der Norden haben interessante Siedlungen zu bieten. Zum Beispiel die Häuser an der Borussiastraße. „Das ist hier hübsch gemacht. Manchmal sind die Siedlungen auch Kulisse für Dreharbeiten, dann muss alles so aussehen wie früher.“ Und immer wieder wird zwischen den alten Häusern auch neu gebaut, damit sich junge Familien ansiedeln. „Schön sind die vielen alten Bäume, die Schatten spenden“, findet Scharf. „Die Leute glauben ja immer noch, dass hier die Briketts durch die Luft fliegen, dabei sind wir eine der grünsten Städte Deutschlands“, sagt der Tourenleiter nicht ohne Stolz.

 Der alte Bahnhof Hamborn wird jetzt als Tanzsaal und Fischlokal genutzt.
Der alte Bahnhof Hamborn wird jetzt als Tanzsaal und Fischlokal genutzt. © Funke Foto Services

Von Neumühl fährt die Gruppe durch Obermarxloh, vorbei am alten Bahnhof Hamborn, der inzwischen von einem Fischrestaurant genutzt wird. Aber es sind ohnehin nicht mehr allzu viele Bahnhöfe in Betrieb. In Walsum wollen Mario und Tina Perva den alten Haltepunkt bewohnbar machen. „Das sind unsere Fernsehstars“, so Scharf. Nunja, die Sendung heißt „Ab in die Ruine“ – und genauso sieht der Kabachel auch noch aus. „Da müssen die sich aber dran halten“, bemerkt ein Mitreisender.

Brautmodenmeile in Marxloh

Wesentlich idyllischer sind da schon die Rheinauen. Ein paar Ausflügler haben ihre Camping-Klappstühle ausgepackt und sonnen sich mit Blick auf die Fähre – nach Orsoy, „gesprochen Orsau“. Am liebsten würde Scharf übrigens mit dem Bus auf die Fähre fahren. Das wäre gewichtsmäßig eigentlich kein Problem, aber da die Wasserstände des Rheins schwanken, kann es passieren, dass der Bus beim Befahren der Fähre aufsetzt. Also erhaschen sie nur einen kurzen Blick auf die das Schiff und drehen wieder ab – vorbei an der alten Zeche, den tausenden Kisten von Hövelmann und dem alles überragenden Kühlturm. „Da können sie den Kölner Dom reinstecken, so groß ist der Turm.“

Von der Natur geht’s weiter zur Brautmodenmeile nach Marxloh, später an Ikea vorbei, durch Bruckhausen ins liebliche Beeckerwerth. Hier war noch kaum einer der Duisburger, die vornehmlich aus den südlichen und westlichen Stadtteilen stammen. Die Straßen tragen die Namen von Weinanbaugebieten in Rheinhessen, auf dem Rheindeich düsen ein paar Radler vorbei. Vor Kopf hat jemand ein Sofa aufgestellt. „Sonst stehen die in Duisburg doch auf Brücken“, frotzelt ein Gast.

Am Ende fehlt nur Ruhrort auf der Route – dieser Stadtteil wird bei der „Industrie und Häfen“-Tour besucht.

Echter Duisburger kaufte in den 1980er Jahren seinen ersten Bus

Udo Scharf ist echter Duisburger. Im „Bethesda“ (Hochfeld) geboren, wuchs er in Mündelheim auf. Als Jugendlicher ging’s nach Friemersheim, inzwischen wohnt er in Bergheim. Als Kind fuhr er mit dem Schulbus von Mündelheim in die Schule. Seitdem wollte er immer Busfahrer werden. Mit 18 Jahren machte er seinen Pkw-Führerschein, später noch die Lizenzen für Lkw und eben den Bus. In den 80er Jahren kaufte er der DVG ein ausrangiertes Modell ab.

Udo Scharf wollte schon als Kind immer Busfahrer werden. Nun ist das zumindest sein Drittjob.
Udo Scharf wollte schon als Kind immer Busfahrer werden. Nun ist das zumindest sein Drittjob. © Funke Foto Services

„Eigentlich sind die Stadtrundfahrten nur mein Drittjob“, sagt der 52-Jährige. Er arbeitet bei der Sparkasse. Zudem stellt er seine Busse für Dreharbeiten zur Verfügung – sie werden als Pausenräume genutzt. Götz George kennt er seitdem, „ein feiner Kerl.“ Auch an anderen Produktionen hat er mitgewirkt. „Früher habe ich mir alles angeguckt, nach 20 Jahren ist das normal.“

Die Infos für seine Touren entnimmt er der Zeitung. „Ich versuche immer etwas Neues zu entdecken. Die Sehenswürdigkeiten reihe ich dann wie eine Perlenkette aneinander.“ Derzeit plant er eine Rundfahrt durch den Stadtsüden. Seine Lieblings-Stadtteil ist allerdings Friemersheim. Er sei so vielfältig mit seiner Dorfkirche, Logport und dem benachbarten Kruppsee.