Duisburg. Chirurgen der Duisburger St. Anna-Krankenhaus sind Spezialisten für die wiederherstellende Chirurgie nach Krebsoperationen im Kopfbereich.

Eine rekonstruierte Zunge als Transplantat aus dem Unterarm, ein Stück aus dem eigenen Dünndarm als Schlundersatz nach der Tumor-Entfernung: Die HNO-Klinik des St. Anna-Krankenhauses in Huckingen hat sich auf die wiederherstellende Chirurgie nach Krebs-Operationen spezialisiert. „Unser höchstes Ziel ist es, den Patienten möglichst viel Lebensqualität zu ermöglichen“, versprach Prof. Stephan Remmert beim WAZ-Medizinforum am Mittwochabend im Huckinger Steinhof.

Oft schwerwiegende Funktionsverluste nach Operationen

Krebstumore an der Zunge, am Gaumen, in der Speiseröhre oder am Kehlkopf, der häufigsten Krebsart im Kopfbereich, sowie an Lymphknoten: Für die betroffenen Patienten sind die oft unausweichlichen Operationen zur Entfernung der Tumore mit schwerwiegenden Funktionsverlusten beim Sprechen, beim Schlucken, beim Atmen verbunden. Die Chirurgie will helfen. Und kann dies auch, wie Remmert versicherte. Denn die Operationstechniken sind moderner, filigraner und ja, ideenreicher denn je. Seit 30 Jahren beschäftigt sich der Chefarzt damit. Da fällt schon mal das Wort der „Kunst des Operateurs“.

Und in der Tat: Remmert lässt beeindruckende Operationsbilder sprechen, die zeigen, wie etwa Kehlkopfkrebs-Patienten nach der Entfernung des Tumorgewebes aus eigenem Unterarmgewebe ein neuer Schlund eingesetzt wird, aus Rippenknorpeln ein Kehlkopf-Gerüst konstruiert wird oder eine Stimmprothese hilft. Alles mit dem Ziel, den Betroffenen so lebenswichtige, alltägliche Dinge zu ermöglichen: zu atmen ohne sich zu verschlucken, wieder normal essen zu können statt durch die Sonde, oder wieder sprechen zu können. „Man muss aber auch Geduld mitbringen, um über die schwere Zeit zu kommen“, sagt der Chefarzt..

Der menschliche Körper als Ersatzteillager

Die moderne HNO-Chirurgie nutzt dabei den menschlichen Körpers als Ersatzteillager, formt Gaumen aus der Haut, „bedient“ sich am Darm, entnimmt Knochen aus dem Becken, transplantiert Muskelgewebe und Schleimhäute. Die Spezialisten müssen dabei in der höchst komplizierten Mund- und Rachenregion förmlich zwischen den wichtigen „Kopf-Kabeln“ aus Blutbahnen und Nerven navigieren. So wichtige Funktionen wie das Sprechen und das Schlucken – teils bewusst gesteuert, aber in hohem Maße auch reflexartig – haben hier ihr Zentrum. Man mag sich vorstellen, wenn dort mitunter großflächig befallenes Gewerbe entfernt wird, dass das schwerwiegende Folgen hat. „Für die Operationen ist ein enormer personeller und technischer Aufwand nötig“, betont denn auch Remmert.

Nicht nur, weil er selbst Chirurg ist, sieht der Chefarzt der Huckinger Klinik bei Krebsbefall im HNO-Bereich vor allem den Operateur gefragt – neben Bestrahlung, Chemotherapie und den immer vielfältigeren Formen der Immuntherapie, der Remmert großes Zukunftspotenzial bescheinigt: „Wir favorisieren erst die Operation und dann die anderen Behandlungsmethoden“, so der Chirurg.

Die Warnzeichen beachten

Das Tückische an vielen Krebserkrankungen im HNO-Bereich ist, dass die Tumore oft „klinisch stumm“ sind. Das heißt, dass sie nur schwer erkennbar sind und erst im späteren Stadium Beschwerden machen.

Es gibt allerdings einige Symptome und mögliche Warnzeichen – etwa langfristige Heiserkeit. „Wer drei Wochen heiser ist, der sollte auf jeden Fall zum Arzt gehen“, rät Prof. Remmert. Auch Schluckbeschwerden können Warnhinweise sein, etwa das Gefühl, so Remmert, „man habe soeben eine heiße Kartoffel geschluckt“. Eine Untersuchung ist auch dann ratsam, wenn der Patient eine einseitige Mandelschwellung bemerkt oder der Mann beim Rasieren Knötchen am Hals. feststellt.

Chefarzt warnt vor Nikotin und Alkohol

Eindringlich warnt der Chefarzt auch vor Nikotin und Alkohol. Sie sind es, die bei einer genetischen Disposition die Mutation der Zellen und die Tumorbildung auslösen können.

Am St. Anna ist auch der Bezirksverein der Kehlkopflosen angesiedelt. Der Verein steht Kehlkopferkrankten vor und nach der Operation unterstützend zur Seite und berät die Betroffenen und ihre Angehörigen im Umgang mit Ämtern, Krankenkassen, Versicherungen und Arbeitgebern. Seit seiner Gründung im Jahre 1977 hat der Bezirksverein sein Büro im Malteser Krankenhaus. Ansprechpartner ist der 1. Vorsitzende Heribert Dresen: 0203/49 58 25.