Duisburg. . Ortwin Rabe erinnert sich an die 80er-Jahre im Opernstudio, an wichtige Rollen – und an Matthias Rust, der 1987 auf dem Roten Platz in Moskau landete.

Bassist Ortwin Rave hat einen ungewöhnlichen beruflichen Weg gewählt – vom Mitglied des Opernstudios der Rheinoper übers Solisten-Ensemble in den Chor. Rudolf Hermes befragte den Sänger.

Wie sah in den 80er-Jahren die Arbeit im Opernstudio aus?

Ortwin Rave: In einem Seitenfoyer des Düsseldorfer Opernhauses hatten wir unseren Studioraum. Dort haben wir mit dem Kapellmeister Robert Schaub viele deutsche Spielopern durchgesungen oder hatten Ensembleproben mit Sanda Rintzler, der Ehefrau des großartigen Bassisten Marius Rintzler. Daneben gab es viele Auftritte in kleinen Rollen im normalen Theaterbetrieb, in einer Saison habe ich mal 185 Aufführungen gesungen Meine erste Solo-Rolle war dann der 2. Gefangene in Beethovens „Fidelio“. Das ist zwar nur eine kleine Partie, aber ich war wahnsinnig stolz, denn es war die Abschiedsvorstellung von Hildegard Behrens, und mein Vorbild Karl Ridderbusch sang den Rocco.

Welche Rollen waren für Sie die wichtigsten ihrer Karriere?

Hier bin ich in meinen zehn Solisten-Jahren leider nie richtig mit größeren Partien zum Zug gekommen. Als einer der Riesen in Wagners „Rheingold“ wäre ich gerne mal aufgetreten. Meine größten Rollen habe ich bei Sommerfestspielen im Alten Schloss in Stuttgart gesungen. Christof Loy hat dort als ganz junger Regisseur Mozarts „Zauberflöte“ und „L’Orfeo“ sowie „Die Krönung der Poppea“ von Monteverdi inszeniert. Da konnte ich als Sarastro, Caronte und Seneca gastieren.

Wie sind ihre Erinnerungen an die Intendanten des Hauses?

Dr. Grischa Barfuss war ein großer Stimmenkenner, eine Art väterlicher Autorität. Ich habe mich aber auch mal über ihn geärgert, als ich das Angebot hatte, in einer szenischen Johannes-Passion an der Mailänder Scala die Bass-Arien zu singen. Das durfte ich nicht, weil ich hier eine kleine Rolle in „Gianni Schicchi“ singen musste. Bei Kurt Horres habe ich in vielen Inszenierungen mitgesungen, meistens zeitgenössische Opern. Auf den Proben habe ich als junger Sänger nicht immer gleich verstanden, was er aus uns Darstellern heraus kitzeln wollte, aber er war trotzdem immer sehr zufrieden. Legendär war das Gastspiel 1987 im Moskauer Bolschoi-Theater. Genau in der Woche ist Matthias Rust auf dem Roten Platz gelandet.

War das nicht ein schwieriger Schritt, als Sie beschlossen haben die Solo-Karriere an den Nagel zu hängen und Chorist wurden?

Ich hatte von Kindheit an eine enge Verbindung zum Chorgesang. Ich komme aus Ramsdorf in Westfalen, wo mein Vater und mein Großvater schon in Männerchören gesungen haben. Ich war mir nie so richtig sicher, ob ich bei der Oper bleibe oder doch lieber zurück zur Kirchenmusik gehe. Außerdem muss man als Solist dauernd reisen, steht unter einem größeren Druck und muss befürchten, dass man keine Vertragsverlängerung bekommt. Ich hatte dann auch meine damalige Frau kennengelernt, mit der ich zwei Söhne habe, und da wurde das Sicherheitsdenken wichtig. Im Chor ist man auch finanziell langfristig abgesichert.

Sie haben daneben aber auch weitere künstlerische Betätigungen gefunden.

Ich arrangiere sehr viel Chormusik, unterrichte Gesang an der Musikschule in Neuss und leite den Männerchor „Pro Vocale“ in Mönchengladbach. Einige Jahre habe ich mit Chorkollegen das Quintett „Vocus Focus“ betrieben, mit dem wir auch drei CDs veröffentlicht haben und im Fernsehen aufgetreten sind. Mittlerweile leite ich ein neues Ensemble: „Globus Vocalis“ mit 14 Sängern aus sieben Nationen. Die Männer gehören fast alle zum Opernchor, wir singen von der Renaissance bis zur Moderne alles, was uns Spaß macht. Am 25. September geben wir ein Konzert im Düsseldorfer Opernfoyer.

Kurz-Biografie 

Ortwin Rave studierte katholische Kirchenmusik in Dortmund sowie Gesang in Dortmund und an der Essener Folkwang-Hochschule. In der Saison 1984/85 war der Sänger Mitglied im Opernstudio der Deutschen Oper am Rhein und wurde danach Ensemblemitglied. Nachdem er in den 90er Jahren auch als freier Sänger gearbeitet hatte, entschloss er sich 1996 in den Opernchor zu wechseln, dem er seither angehört.