Duisburg. Experte der Polizei Duisburg erklärt beim Arbeitskreis Kriminalitätsvorbeugung, warum Versammlungen nicht ohne triftigen Grund verboten werden können.

Nur wenige marschieren noch mit „Pegida“ und „Dügida“. Trotzdem stören sie das öffentliche Leben gewaltig. Das Recht ist dabei auf ihrer Seite. Es ist ein Ärgernis für die Vielen, aber die Wenigen sind entschlossen, es zu einem dauerhaften zu machen: Zuletzt am Montag vor Ostern demonstrierten in Duisburg wieder rechte Islamgegner. In den letzten Wochen wurden es immer weniger.

Und doch erreichten „Pegida“ (Duisburg) und „Dügida“ (Düsseldorf) große Aufmerksamkeit, weil sie jedes Mal ausgerechnet dort marschierten, wo am frühen Montagabend auch die Pendlerströme hindurch wollen. Am 1. Mai will „Die Rechte“ am Hauptbahnhof aufmarschieren.

Kann man das nicht verbieten? Ihnen andere Routen vorschreiben? Bislang jedenfalls nicht, sagt Bernd Heimfahrt, Dezernatsleiter Zentrale Aufgaben bei der Polizei Duisburg, dort auch zuständig für das Versammlungsrecht.

Polizei kann Demonstrationen nur in Ausnahmefällen verbieten

Er hat in dieser Woche der Stadtverwaltung, dem Einzelhandel, den Kirchen, Medien, Sozialverbänden und anderen Organisationen der Stadt - versammelt im so genannten „Arbeitskreis Kriminalitätsvorbeugung“ - noch einmal eine Nachhilfe-Lektion in Sachen Verfassungsrecht erteilt: Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht und das macht jeden, der sich darauf berufen kann, so gut wie unantastbar.

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„Und die Polizei“, so unterstreicht Heimfarth, „sie ist neutral.“ Ihr stehe es daher auch gar nicht zu, eine politische Versammlung (Pegida oder DGB-Kundgebung), die ihr bekannt gemacht wird, zu „genehmigen“. Die Polizei sei nur die Behörde, die eine Versammlung bestätige, die den Ablauf der Versammlung mit den Demonstranten bespreche. Heimfarth: „Nur bei einer unmittelbaren Gefahr der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kann die Polizei eingreifen, oder eine Versammlung untersagen.“

Verfassungsgericht genehmigte verbotene Pro NRW-Demo dann doch

Doch, dass „Sicherheit“ und „Ordnung“ vor Gericht zwei unscharfe Begriffe sind, hat die Duisburger Polizeipräsidentin Elke Bartels im November 2013 schmerzhaft zur Kenntnis nehmen müssen. Als sie versucht hatte, eine Versammlung der rechten Pro NRW nicht am 9. November 2013 (dem 75. Gedenktag der Reichspogromnacht) stattfinden zu lassen.

Für die Polizeipräsidentin schien klar: Themen vor dem Problem-Haus in den Peschen („Rheinhausen darf nicht Klein-Bukarest werden, Recht und Ordnung wieder herstellen“), Verbalangriffe auf Roma an einem Gedenktag an die Nazi-Pogromnacht von 1938 ließen sind als ein Angriff auf die öffentliche Ordnung werten und deshalb verbieten. Heimfarth: „Zudem sahen wir auch den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt.“ Doch Thema und Planung der Duisburger Pro NRW -Demo reichten damals dem eilens angerufenen Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe nicht aus, um einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung festzustellen. Die Versammlung konnte stattfinden.

Zahl der Versammlungen in Duisburg steigt stetig an

Die friedliche Ausübung des Grundrechtes auf Versammlungsfreiheit, so Heimfarth in seinem Vortrag vor dem Arbeitskreis, genieße also grundsätzlich Vorrang vor dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit.

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Und dieses Grundrecht auf Versammlung stößt in Duisburg offenbar auf wachsendes Interesse: Wurden in 2012 erst 183 Versammlungen bei der Polizei angemeldet, waren es 2013 bereits 230, im vergangenen Jahr schon 250 und in diesem Jahr 2015, so der Dezernatsleiter, werde ebenfalls wieder die Vorjahreszahl übertroffen.

Polizeieinsatz bei Demonstrationen kostet Steuerzahler viel Geld

Den Steuerzahler kommen diese Versammlungen, die in großer Zahl von Verächtern der Demokratie veranstaltet werden, teuer zu stehen: Alleine in Dresden muss der Staat wegen Pegida schon jetzt 1,4 Millionen Euro für Polizeiaufwand bezahlen. In Duisburg, so berichtet Heimfarth, standen zuweilen 700 Polizisten eher wenigen Teilnehmern diverser Kundgebungen gegenüber.

Aber, so die Botschaft der Polizei an die Duisburger Stadtgesellschaft: Nach dem Bundesverfassungsgericht gilt die Meinungsfreiheit als unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit und als eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt.