Duisburg. Bis vors Bundesverfassungsgericht war ein 71-Jähriger gezogen, weil er eine Duisburger Richterin beleidigt haben soll. Die Details zum Freispruch.
Ein Fall mit Seltenheitswert: Zum dritten Mal musste das Landgericht am König-Heinrich-Platz am Dienstag in der selben Sache über eine Berufung entscheiden. Am Ende des rund fünfjährigen Zuges durch alle denkbaren Instanzen, mit dem sich ein 71-jähriger Akademiker gegen eine Verurteilung wegen Beleidigung wehrte, stand ein Freispruch.
Am Anfang hatte ein Zivilverfahren gestanden, dessen Wurzeln ins vergangene Jahrtausend zurückreichten. Zuletzt stritt der Kläger mit seinem früheren Anwalt, weil der ihn angeblich falsch beraten hatte - und verlor. Weil er mit dem Ausgang des Prozesses unzufrieden war, hatte der in Florenz lebende Mathematiker 2009 eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen eine Duisburger Richterin gestellt und ihr in einem Schreiben vorgeworfen, sie habe „schlampig und arglistig“ geurteilt und dabei ein „schäbiges, rechtswidriges und einer Richterin unwürdiges Verhalten“ an den Tag gelegt.
Strafantrag des Landgerichtspräsidenten
Der Präsident des Landgerichts hatte daraufhin einen Strafantrag gegen den Absender gestellt. Das Amtsgericht hatte den Mann 2010 wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. In der Berufung sprach das Landgericht ihn 2011 frei. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hob der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichtes Düsseldorf das Urteil auf. Der Angeklagte wurde in der Berufungsneuverhandlung 2012 diesmal vom Landgericht verurteilt.
Eine Revision des Akademikers wies das Oberlandesgericht als unbegründet zurück. Der legte Verfassungsbeschwerde ein. Das Bundesverfassungsgericht hob das Urteil im Juli 2014 auf: Es habe sich zwar um eine überspitzte Kritik gehandelt, von einer Schmähung, die geeignet sei, die Richterin in ihrer Würde herab zu setzen, könne aber keine Rede sein. Im Mittelpunkt des Schreibens habe die Wahrnehmung berechtigter Interessen gestanden, die vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt werde.
Urteil keine Überraschung
Da das Landgericht an den Beschluss der höchsten Richter gebunden war, war der Ausgang der zweiten Berufungsneuverhandlung am Dienstag keine Überraschung mehr. Dem Vorsitzenden machte das Verfahren trotzdem einige Mühe: Da der Angeklagte mit einer Einstellung des Verfahrens nicht einverstanden war, musste der Richter bis zum Freispruch viele Dokumente verlesen.