Duisburg. . Über 200 Menschen hat die Opferschutz-Organisation der “Weiße Ring“ im Jahr 2014 in Duisburg geholfen. Am Sonntag ist der Tag der Kriminalitätsopfer.

In 2014 hat der „Weiße Ring“ in Duisburg über 200 Menschen betreut, die körperlich, seelisch oder materiell zu Leidtragenden einer Straftat geworden sind. Diese Zahl nannte Manfred Kaufeld, der Leiter der hiesigen Außenstelle des „Weißen Rings“, anlässlich des Tages der Kriminalitätsopfer, der am Sonntag, 22. März, erneut ansteht.

Treffpunkt ist das Büro von André Tiegs (46). Der Kriminalhauptkommissar bildet mit seiner Kollegin Sylvia Wenz das zweiköpfige Team der Opferschutzbeauftragten bei der Duisburger Polizei. Seit Ende 2010 füllt er diese Aufgabe aus. Seitdem ist Tiegs ein Ansprechpartner für Menschen, die Probleme mit ihrem Alltag bekommen, nachdem sie Opfer einer Straftat wurden.

Zu seinen wichtigsten Aufgaben gehört die persönliche Beratung der Opfer. „Viele sind traumatisiert. Wir zeigen ihnen hier einen Weg auf, wie es nach einer Straftat weitergehen kann.“ Um auf die Opfer eingehen zu können, brauche es Einfühlungsvermögen und Intuition, so Tiegs, der hinzufügt: „Wir sind aber keine ausgebildeten Psychologen.“ Diese Fachhilfe von Therapeuten gebe es an anderer Stelle – in Opferschutzambulanzen. „Wir überreden niemanden, dort hinzugehen, sensibilisieren die Betroffenen aber für diese Art von Hilfe“, sagt Tiegs. Pro Jahr treffe das auf 100 bis 150 Opfer zu.

Verständnis und Trost

Auch die Vermittlung der Opfer an geeignete Hilfseinrichtungen ist eine Kernaufgabe von Tiegs. Eine davon ist der „Weiße Ring“, dessen Außenstelle in Duisburg seit Sommer 2007 von Manfred Kaufeld geleitet wird. Fünf ehrenamtliche Kräfte kümmern sich dort in der Nachsorge um Kriminalitätsopfer. „Das Allerwichtigste ist zunächst der menschliche Beistand. Wir versuchen stets, auf die Situation des Opfers verständnisvoll einzugehen und Trost zu spenden“, so Kaufeld. Viele der Menschen, die zu ihm kämen, hätten schlimme Dinge erlebt. Sie waren Opfer von häuslicher Gewalt, wurden also daheim vom eigenen Partner verprügelt. Andere wurden vergewaltigt. Auch Kinder, die Opfer von sexuellem Missbrauch wurde, gehören dazu. Betroffene der letzten beiden Delikte hätten in den ersten Monaten des Jahres vermehrt Hilfe beim „Weißen Ring“ gesucht, nannte Kaufeld einen besorgniserregenden Trend für 2015.

Neben dem Immateriellen leistet die Organisation auch finanzielle Hilfe – etwa bei der Verpflichtung eines Rechtsbeistandes für die Opfer. Manchmal wird Umzugsunterstützung gewährt. „73 Prozent der Hilfesuchenden in Duisburg waren Opfer von häuslicher Gewalt, Sexual-, Raub- oder Körperverletzungsdelikten“, sagt Kaufeld. Allein für sie brachte sein Verein in 2014 rund 32 000 Euro auf.

Ein weithin unbekanntes Gesetz

Weitere Gelder können Betroffene über das Opferentschädigungsgesetz bekommen. „Das ist weithin unbekannt, beinhaltet aber den Anspruch auf Entschädigungsleistungen“, sagt Kaufeld. Dafür müsse ein Antrag beim Landschaftsverband Rheinland gestellt werden. Die Mitarbeiter des „Weißen Rings“ helfen auch beim Formulareausfüllen.

Die Betreuung von Menschen, die solch schwere Schicksale erleiden mussten, geht gewiss auch nicht spurlos an den Helfern vorüber. Nimmt man von etwas von diesen Geschichten mit nach Hause? „Das ist jedes Mal ein schwieriger Spagat zwischen Anteilnahme und beruflicher Distanz, die ich aus Gründen des Selbstschutzes einhalten muss“, sagt Opferschutzbeauftragter Tiegs. Er selbst tausche sich manchmal mit seiner Partnerin aus, ohne in Einzelfällen zu konkret zu werden. Aber auch das Angebot des psychologischen Dienstes bei der Polizei Münster hilft. Dort kann alle vier bis sechs Wochen in einer Supervision das Erlebte aufgearbeitet werden. „Das hilft mir sehr“, sagt Tiegs.

Manfred Kaufeld sagt, dass er einen solch dicken mentalen Schutzschild um sich herum aufgebaut habe, dass ihm die Opferschicksale nicht zu nahe gehen.

Kontaktmöglichkeiten für Betroffene 

Jeder Polizeibeamte mit Kontakt zu Kriminalitätsopfern leistet die erste Form von Opferschutz. Bei intensiverem Beratungsbedarf stehen die Polizei-Opferschutzbeauftragten, André Tiegs (0203/280 42 57) und Sylvia Wenz (0203/280 42 58), helfend zur Verfügung.

Der „Weiße Ring“ ist erreichbar unter: 0203/60 11 331. Internet: www.weisser-ring.de. Manfred Kaufeld sucht noch ehrenamtliche Mitarbeiter, die sich im Verein engagieren wollen.