Duisburg. . Ein 83-jähriger Duisburger vergisst, sein Bahn-Ticket zu entwerten und muss den Zug verlassen, weil ein Kontrolleur offenbar Feierabend machen will.
Kurt Graupner war früher regelmäßiger Bahnfahrer. Mittlerweile, mit 83 Jahren nach einem Schlaganfall auf einen Gehstock angewiesen, steigt er nur noch ab und zu in den Zug, um von A nach B zu kommen. Im Vorfeld holt sich der Duisburger dazu immer ein Ticket am Schalter des Reisezentrums im Hauptbahnhof.
So macht er es auch am 22. Dezember 2014, weil er kurz darauf am ersten Weihnachtsfeiertag mit der Bahn über Dortmund nach Ergste zu einer traditionellen Familienfeier fahren möchte. Weil es am Schalter aber offenbar technische Probleme gibt, Graupner sich aber mit den Automaten überhaupt nicht auskennt, besorgt ihm eine DB-Mitarbeiterin eine Hin- und Rückfahrkarte. So zuvorkommend verhält sich ein Bahnkontrolleur am 25. Dezember, nachdem der 83-Jährige in Duisburg in den Zug eingestiegen ist, ganz und gar nicht. Der erste Weihnachtfeiertag wird dadurch für den Senior zur Odyssee.
Duisburger wusste nicht, dass er Ticket entwerten muss
Das Problem: Graupner weiß nicht, dass er in diesem Fall seine Fahrkarte entwerten muss. Das ist er nicht gewohnt, weil er eben normalerweise seine Tickets am Schalter kauft und dann ist kein vorheriges Stempeln nötig. Kurz bevor der Zug in den Bochumer Hauptbahnhof einfährt, erklärt er dies auch jenem Kontrolleur. Der zeigt sich aber unnachgiebig, erklärt dem Duisburger, dass er kein gültiges Ticket besitze, und brummt ihm eine 40-Euro Strafe auf.
Und nicht nur das, wie der 83-Jährige zu berichten weiß: „Der Kontrolleur hat mich daraufhin gebeten, in Bochum auszusteigen, um die Formalitäten zu klären und mich danach einfach in der Kälte auf dem Bahnsteig stehen gelassen“, berichtet Graupner. Er ist zum ersten Mal im Bochumer Hauptbahnhof, muss sich erst orientieren und informieren. Erst nach einer Stunde kann er wieder in einen Zug nach Dortmund steigen, verpasst die Anschlussverbindung nach Ergste und taucht dort insgesamt vier Stunden später als geplant bei den Verwandten auf.
Wiederspruch gegen Bußgeld
Wieder zu Hause in Duisburg legt Graupner schriftlich mit ausführlichen Erläuterungen Widerspruch gegen das Bußgeld bei der Deutschen Bahn ein. Die reduziert die Strafe daraufhin auf 20 Euro, die der Duisburger mittlerweile überwiesen hat. Doch um das Geld geht es dem 83-Jährigen gar nicht, „sondern um eine Entschuldigung der Bahn, um ein Eingeständnis, dass man in meinem Fall weit überzogen hat“.
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Das sieht Lothar Ebbers, NRW-Pressesprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn, ganz genau so. „Der Kontrolleur hätte allen Grund gehabt, Kulanz anzuwenden. Vor allem aber hätte er den 83-Jährigen nicht aus dem Zug zitieren dürfen. Dies ist in solchen Fällen nur erlaubt, wenn sich der Betroffene nicht ausweisen kann.“ Graupner hat seinen Personalausweis aber an jenem Tag dabei. Ebbers: „Dann hätte der Kontrolleur im Zug weiterfahren müssen.“
Deutsche Bahn entschuldigt sich nicht
Dass er dies nicht getan hat, ist offenbar persönlich motiviert gewesen. Wie die Bahn nun auf Nachfrage bestätigt, hat der Kontrolleur den Senior aus Duisburg damals kurz vor seinem Dienstende erwischt. Allerdings sei Graupner unaufgefordert in Bochum ausgestiegen. „Das hat uns der Mitarbeiter so mitgeteilt“, so ein Sprecher. Eine haarsträubende Erklärung, finden Graupner und auch Ebbers von Pro Bahn, der es trocken formuliert: „Das widerspricht jeder Lebenserfahrung.“
Aufgrund der Gleichbehandlung gegenüber anderen Kunden, so ein Bahnsprecher abschließend, sei das Bußgeld berechtigt und die Strafe aufgrund der Umstände ja auch auf 20 Euro reduziert worden. Eine Entschuldigung kommt nicht über seine Lippen. Nur so viel: „Es ist vielleicht etwas unglücklich gelaufen...“