Duisburg. . Auf dem Werksgelände von Thyssen-Krupp im Norden Duisburgs gibt es fünf Trinkhallen für die Versorgung von Stahlarbeitern, darunter viele Stammkunden.

Die „Bude“ ist Kult. Sie gehört zum Ruhrgebiet wie die Hochöfen zum Stahl. Die ersten Trinkhallen sind zu Zeiten der Industrialisierung entstanden, damit sich die Arbeiter auf dem Weg zur Arbeit mit Essen und Getränken verpflegen können. Auf dem Werksgelände bei Thyssen-Krupp Steel Europe tun sie das bis heute. Eine davon ist die „Kantine 17/18“ nahe an Tor 1 im Werksteil Bruckhausen - direkt hinter einem Backstein-Bürogebäude, das alle nur „Bundeshaus“ nennen.

Wenn es morgens beim Bäcker nach frischen Brötchen riecht, gehen im „17/18“ die ersten Currywürste über die Theke. Um 5.30 Uhr öffnet Verkäuferin Monika Mausbach die Stehbude für hungrige Mitarbeiter nach der Nacht- und vor der Frühschicht.

Frische Brötchen, Salate, Koteletts und Saucen

Für die 62-Jährige, die sich selbst als Morgenmensch bezeichnet, heißt das früh aufstehen: Ab 3 Uhr bereitet sie frische Brötchen, Salate, Koteletts und Saucen zu und das bereits seit gut 25 Jahren. „Leichte Kost sieht anders aus. Aber wer hart arbeitet, muss auch gut essen“, weiß Monika Mausbach, die bis 7 Uhr allein ist im Kiosk, ehe eine Kollegin dazu kommt und hilft. „Im Grunde geht alles“, bringt sie das Produktangebot des Imbiss, der mehr ist als eine Pommesbude, auf einen einfachen Nenner.

Und so verkaufen die beiden Damen vom Grill neben der immer gefragten „Currywurst rot-weiß“ unter anderem rund 200 Brötchen, 100 Brühwürstchen und 30 Liter Kaffee täglich. „Bei manchen Stammkunden, die zum Teil seit 20 Jahren kommen, weiß unser Personal direkt, was sie wollen, wenn sie den Raum betreten“, weiß Betreiber Martin Brinkschulte von der Firma Brimatic mit Sitz in Velbert. „Einige Kandidaten brauchen nichts anderes als ihre Currywurst.“

Zwischen 400 und 800 Stahlkocher und Angestellte

Im Schnitt kommen zwischen 400 und 800 Stahlkocher und Angestellte täglich durch die Türen von „17/18“. In der kalten Jahreszeit ist der trotz der Fliesenwände gemütliche Stehimbiss die erste Adresse für den Kaffee vor der Frühschicht oder eine heiße Suppe am Mittag.

Insgesamt gibt es fünf solcher Kioske auf dem Werksgelände zur Versorgung der Mitarbeiter, darüber hinaus Essens-Kantinen in Verwaltungsgebäuden sowie das Restaurant „Schifferheim“ am Hafen Schwelgern.

Der schlichte überdachte Bereich mit Stehtischen macht die Bude am „Bundeshaus“ auch in den kalten Monaten zur beliebten Anlaufstelle. Die Kundschaft sind Mitarbeiter aus den Anlagen und Büros nebenan, aus technischen und gewerblichen Bereichen des Konzerns.

„Es ist sehr freundschaftlich, hier sind wir alle per ‚Du‘. Die meisten kennen mich und klopfen morgens an die Hintertür für Kaffee und Zeitung“, erzählt Monika Mausbach, deren „Schicht“ jeden Tag um 11 Uhr endet.

Moderne Versorge-Automaten mit Stehtischen

Auf dem 9,5 Quadratkilometer großen Thyssen-Krupp-Werksgelände im Duisburger Norden arbeiten so viele Menschen wie in einer Kleinstadt leben. Von den ehemals 25 Buden werden heute nach wie vor fünf betrieben. Daneben dienen moderne Versorge-Automaten mit Stehtischen auf dem Werksgelände als kleine Pauseninseln. Martin Brinkschulte, seit 16 Jahren im Geschäft, weiß: Ob Automat oder Kiosk, ihren Besuchern bedeuten sie weitaus mehr als reine Nahrungsaufnahme: „Sie sind Versorge- und Kommunikationstreffpunkt zugleich.“ Der Trend zu der 24-Stunden-Versorgung am Automaten konnte die klassische Pommesbude auf dem Werksgelände aber nicht ersetzen.

Der Name „17/18“ für die eine Bude am Tor 1 sei historisch bedingt, erläutert Brinkschulte. „Da wurden die Kantinen in Doppelschicht betrieben. Das heißt, es gab direkt nebeneinander die gleiche Kantine, eine rechts, eine links, eine 17, die andere 18. Wenn die eine Seite zu machte und gereinigt wurde, startete in der anderen Seite der Verkauf. Insgesamt gab es 25 Kantinen an verschiedenen Stellen, die wurden einfach durchnummeriert zur leichteren Auffindbarkeit.“

Heute wird nicht mehr in Schichten gearbeitet. Auf der einen Seite ist Lager-, auf der anderen der Verkaufsraum. Dafür gibt es den 24-Stunden-Service der Getränke- und Snackautomaten direkt neben der Bude, aber auch in unmittelbarer Nähe zu den Arbeitsplätzen der Mitarbeiter. „So gewährleisten wir heute eine Rundum-Versorgung und bieten zusätzlich kurze Wege“, sagt Brinkschulte, dessen fast 200 Mitarbeiter eine Reihe von Industriebetrieben im Revier beliefern.