Duisburg. Eine Teilzeitkraft bewarb sich bei Kaufland auf eine volle Stelle. Die bekam sie nicht und ging vor Gericht. Der Vergleich könnte Signalwirkung haben.

Böse Schlappe für Kaufland, kurz vor den Feiertagen. Bei einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Duisburg gab der Supermarktbetreiber gezwungenermaßen der Klage einer Kassierin nach: Statt nur 18 Stunden in der Woche zu arbeiten, wird die alleinerziehende Mutter ab Jahresbeginn mit 37,5 Stunden weiter beschäftigt.

Flexibilität ist kein Grund für Absage

Kaufland hatte 2014 Stellen für Kassiererinnen ausgeschrieben. Die Frau, die seit Jahren offenbar zur Zufriedenheit des Unternehmens an der Kasse in mehreren Duisburger Filialen arbeitete, bewarb sich, drängte aus finanziellen Gründen auf eine Vollzeitstelle. Doch ihr sei mitgeteilt worden, dass man nur fünf Teilzeitkräfte zu je 15 Stunden Wochenarbeitszeit suche, so die Klägerin.

Die zog daraufhin vor das Arbeitsgericht. Kaufland konnte dort keine zwingenden Gründe dafür vorlegen, warum sie das Ansinnen der Frau, für die es nach eigenen Angaben um ihre wirtschaftliche Existenz ging, ablehnte. Von „Flexibilität“ war vor Gericht die Rede.

Arbeitgeber muss Gründe darlegen, weshalb er nicht in Vollzeit beschäftigt

Das sei bequem für das Unternehmen, aber nicht die Begründung, an die der Gesetzgeber gedacht habe, belehrte die Vorsitzende. „Es ist gesellschaftlicher Wille, dass es Teilzeitstellen geben muss, aber auch, dass ein Arbeitgeber spezifische Gründe dafür vorlegen muss, warum er - bei entsprechendem Bedarf - jemanden nicht voll beschäftigt.“

Doch solche arbeitsplatzbezogenen Gründe, zum Beispiel, wenn ein kleineres Unternehmen nur wenige Stunden am Tag überhaupt Kunden hat, oder die regelmäßig nur zu bestimmten Zeiten Waren bar bezahlen, gab es im vorliegenden Fall nicht. Ob Kaufland, wenn es von Stoßzeiten spreche, denn entsprechende innerbetriebliche Erhebungen gemacht habe, wollte die Richterin wissen. Doch damit konnte die Beklagte nicht dienen.

Urteil könnte Signalwirkung für andere Kaufland-Beschäftigte haben

Im Publikum, in dem zahlreiche Kolleginnen der Klägerin und Gewerkschaftsvertreter saßen, herrschte Klarheit darüber, warum Kaufland hauptsächlich Teilzeitbeschäftigte mit Arbeitszeiten zwischen 20 und 8 Stunden wolle. „So schwächt man die Arbeitnehmervertretung“, erklärte ein Funktionär den Kollegen in einer Verhandlungspause. „Bislang können die euch bei Streiks schön gegeneinander ausspielen.“

Das Gericht befasste sich mit derartigen Fragen nicht. Es machte der Beklagten dafür deutlich, dass sie aufgrund der gesetzlichen Situation mit einer Niederlage rechnen müsse. Die Klägerin zeigte ihren guten Willen, indem sie sogar auf die Nachzahlung ihres Vollzeitgehaltes ab August verzichtete. Nach längeren Beratungen auf dem Flur traten die Kaufland-Vertreter schließlich den Rückzug an. Mit einem Vergleich stimmten sie nur dem zu, was ohnehin als Urteil heraus gekommen wäre: Die Frau wird nun Vollzeitkraft.

Die erleichterte Klägerin brach in Tränen aus. Im Publikum herrschte Freude - und Kampfbereitschaft. Kommentare machten deutlich, dass das Urteil Signalwirkung für weitere Beschäftigte bei Kaufland haben könnte.