Duisburg. Junger Familienvater soll bei einer Tagung mit Azubis anstößige Videos auf seinem Diensthandy gezeigt haben. Jetzt klagt er gegen seinen Rauswurf.

Die Gewerkschaft Verdi tritt für klar definierte Werte ein, und vertritt die Interessen der Beschäftigten. Doch ein Prozess, der derzeit vor dem Arbeitsgericht Duisburg läuft, lässt Zweifel aufkommen: an den propagierten Werten und an der Qualität des Arbeitgebers Verdi. Ein Gewerkschaftssekretär soll bei einer Tagung für Berufsanfänger aus der Rolle gefallen sein. Alles, was Verdi dazu einfiel, war die fristlose Kündigung.

Die Jugendvertretungen von Stadtwerke und DVG hatten im September zu einem Wochenende in einem dem DGB gehörenden Haus in Hattingen eingeladen. Auf Seiten Verdis soll der Sekretär maßgeblich an der Vorbereitung und Durchführung beteiligt gewesen sein. Auszubildende, darunter auch Minderjährige, sollten unter anderem über den Sinn einer Gewerkschaftszugehörigkeit aufgeklärt werden.

Eine besondere Vorbildfunktion

Doch eine Verdi-Kollegin schwärzte den Sekretär hinterher an: So soll er unter anderem anstößige Videos auf seinem Dienst-Handy gezeigt und zu nächtlichem Nacktbaden aufgefordert haben.

Verdi fackelte nicht lange. Am 1. Oktober erfolgte der fristlose Rauswurf. Dagegen klagt der Sekretär nun: Als das nächtliche Baden stattgefunden haben soll, sei er schon auf seinem Zimmer gewesen. Und er habe in einer Arbeitsgruppe zwar sein Handy zur Verfügung gestellt, damit Videos gezeigt werden konnten, habe sie aber nicht selbst angesteuert. Seine Anwältin trug zudem vor, dass auch die Kollegin, die die Beschuldigungen erhob, zuvor anstößige Filmchen gezeigt haben soll.

Der Kläger habe offenbar Probleme, sich gegenüber den Jugendlichen abzugrenzen, mit denen er tagtäglich zu tun habe, so die Vorsitzende. Als Vertreter eines „Tendenzunternehmens“, wie es die Gewerkschaft mit ihren klaren Zielen und Werten nun einmal sei, habe er eine besondere Vorbildfunktion, der er nicht gerecht geworden sei.

Weiterbeschäftigung nur schwer vorstellbar

Doch auch für den Arbeitgeber Verdi gab es Schelte: „Das Mittel der Abmahnung scheint es für sie nicht zu geben“, so die Vorsitzende Richtung Beklagte. Und von einer Abwägung, bei der spürbar geworden sei, dass es auch um die Existenz eines jungen Familienvaters gehe, sei nichts festzustellen.

Die Richterin ließ durchblicken, dass sie sich eine Weiterbeschäftigung des Sekretärs nur schwer vorstellen könne. Sie schlug allerdings die Umwandlung in eine fristgerechte Kündigung und eine vierstellige Abfindung als Vergleich vor. Doch davon wollte der Kläger nichts wissen: „Das kommt für mich nicht in Frage.“

Das Gericht muss nun entscheiden, wie es in den kommenden Wochen weiter geht und ob Zeugenvernehmungen die strittigen Vorgänge klären können.