Dortmund. Die Bediensteten der Stadt Dortmund haben keine Lust, die Zeche fürs städtische Haushaltsloch zu zahlen. In einer Sonderausgabe der Mitarbeiter-Zeitung „Einblick” greift der Personalrat die "Giftliste" mit all ihren Sparvorschlägen an.
Die Stadtbediensteten haben keine Lust, die Zeche zu bezahlen für gesamtstaatliche Fehlentwicklungen, aber auch finanzpolitische Versäumnisse von Verwaltungsspitzen und Parteien in Dortmund.
So lautet die Kernbotschaft der Sonderausgabe der Mitarbeiter-Info „Einblick” - sie liegt der WAZ bereits vor, die der Stadtpersonalrat am Montag verteilen will. Beigefügt wird die letzte Fassung der „Giftliste” des Verwaltungsvorstands. Dessen Vorschläge dürften von der Politik weitgehend akzeptiert werden, macht sich die Arbeitnehmervertretung nichts vor, „zumal die Sparmaßnahmen vor allem zulasten der Beschäftigten gehen und kostenträchtige Aufgaben und Serviceleistungen für die Bürger weitgehend unberührt bleiben”.
Arbeitnehmervertretung sprich Klartext
Bei der Ursachenforschung für die angeblich urplötzlich eingetretene größte Finanzkrise aller Zeiten, aber auch bei der Bewertung des aktuellen Krisenmanagements durch Bald-OB Sierau und Interims-Kämmerer Stüdemann nimmt die Arbeitnehmervertretung kein Blatt vor den Mund.
Allen Großstädten brächen wegen der Krise die Haushalte weg, räumt der Personalrat ein. Zudem gelte weiterhin, "dass den Letzten die Hunde beißen” - Bund und Land hörten nicht auf, den Kommunen neue Aufgaben aufs Augen zu drücken, ohne sich um deren Finanzierung zu scheren.
Immer neue Klagelieder anzustimmen, reiche als kommunale Reaktion aber nicht aus. „Wer glaubwürdig Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung durchführen will, muss gleichzeitig die politischen Aktivitäten ergreifen, um die Ursachen der kommunalen Finanznot an den Wurzeln zu packen”, will der Personalrat von der Verwaltungsführung ebenso konkrete, energische Gegenwehr sehen wie von allen politischen Parteien.
Vorwurf an rot-grüne Ratsmehrheit
Vor allem an die rot-grüne Ratsmehrheit dürfte sich der Vowurf des Personalrats richten, schon seit Jahresbeginn in Kenntnis der bedrohlichen wirtschaftlichen Entwicklung „wohl mit Blick auf die Kommunalwahl die Augen vor dem unvermeidbar entstehenden Haushaltsloch die Augen zugemacht” zu haben - „nach dem Motto: „Was nicht sein darf, das wollen wir auch nicht wissen, und es wird wohl nicht so schlimm werden.”
Dem OB und der Kämmerin sei vorzuwerfen, „nicht schon im Frühjahr (2009) in der gebotenen Ruhe gemeinsam mit den Fachbereichen und dem Personalrat ausgewogene Konsolidierungsmaßnahmen angepackt zu haben.”
Stattdessen lasse sich jetzt - wo sich zur Finanznot auch noch die Zeitnot gesellt hat - die Verwaltungsführung in „autoritäre Frühzeiten” zurückfallen. Die Sparliste sei „wieder auf dem alten Verordnungsweg im stillen Kämmerlein der so genannten Querschnittsämter” entstanden. Man habe den Sparkommissaren freie Hand gegeben, den Beschäftigten die Hauptlast beim Sparen aufzubürden.
"Neoliberale Verarmung"
„Wir sollen also ungefragt die Zeche der neoliberalen Verarmung bezahlen.” Wo dabei der vom neuen OB proklamierte Kulturwechsel (Transparenz, Partizipation) bleibe, sei „nicht in Ansätzen zu erkennen". Der Personalrat verstehe unter Transparenz etwas anderes, als „ein Röntgenbild von einem Toten zu machen.”
Trotz des Hauruck-Verfahrens beim Erstellen der „Giftliste” kündigt die Arbeitnehmervertretung den neuen Stadtspitze Sierau / Stüdemann die Zusammenarbeit nicht auf. Noch nicht.
Für seine weitere Bereitschaft, sich kontruktiv an den Überlegungen zur Überwindung der städtischen Finanzkrise zu beteiligen, formuliert der Personalrat in der Sonderausgabe des „Einblick” im wesentlichen zwei Bedingungen.
Vor allem anderen müsse OB Sierau gleich beim Amtsantritt (am 21. Oktober) den Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen erklären und dazu eine Dienstvereinbarung auf den Weg bringen. Sonst könne die Belegschaft nicht „angstfrei an der Rettung des Haushalts mitwirken”.
Zudem müsse Sierau verbindlich zusagen, den Sparvorschlägen, „die unausgreift sind und einseitig zulasten der Beschäftigten gehen”, ein entlastendes Gesamtkonzept zur Abfederung der Arbeitsverdichtung sowie ein verbessertes Personalentwicklungs- und -Personaleinsatzkonzept zur Seite zu stellen.
"Massive Arbeitsverdichtungen”
Die anvisierten personalwirtschaftlichen Maßnahmen - sie sollen dauerhaft 20 Mio Euro einsparen - führen laut Personalrat zu „massiven offenen und versteckten Arbeitsverdichtungen”. Ein feingliedriges Abfederungskonzept müsse vor allem regeln, wie die Mehrarbeit aufgefangen werden soll. Die Führungskräfte müssten darlegen, wie die Arbeitsmengen an das tatsächlich vorhandene Personal und die Arbeitszeit angepasst werden sollen. Dazu müssten vorhandene Aufgaben reduziert und die Übernahme neuer Aufgaben abgewehrt werden.