Dortmund. Ein Festival-Freitag mit bester Stimmung und einigen Überraschungen. Eine Band sorgte im Dortmunder Westfalenpark für besondere Zwischentöne.

Da haben wir den Fruchtsalat! Selbst der größte Abriss auf der Festival-Bühne kann den Alterungsprozess nicht aufhalten. Kaum haben Kraftklub am Freitag beim Juicy Beats im Dortmunder Westfalenpark ihre Songs für Liam angestimmt, schon spielen tausende Fans plötzlich die Hauptrolle.

Frontmann Felix Kummer outet Gitarrist Steffen Israel als Geburtstagskind. Das unvermeidlich feixende „22 Jahre? Nein, 21 Jahre…“ der Herren in den Dreißigern unterbrechen die Fans vor der dicht belagerten Hauptbühne lieber schnell mit „Happy Birthday“-Gesängen und einer undefinierbaren Zugabe. Felix Kummer: „Wir verstehen zwar kein Wort. Aber es hört sich schön an.“

Juicy Beats 2023: Rap neben Rock neben Elektro neben Pop

Das Dortmunder Zwei-Tage-Festival kommt am Freitag bestens aus den Startlöchern. Man muss schon Tomaten auf den Augen (und Ohren) haben, wenn bei all den Früchten, die knapp 30 Floors und Live-Bühnen ihren Namen geben, keine beschwingte Festival-Laune aufkommen mag. Und während Fans auf Faltplänen nach Himbeere, Honigmelone und Ananas suchen, ist auch die Genre-Auswahl ein bunter Obstkorb.

Rap neben Rock neben Elektro neben Pop. Alles geht. Was auch Kraftklub beweisen, die ohne Anstrengung um einen Kreis vor der Bühne bitten und ihr Konzert mitten unter den Fans fortsetzen. Einen Songwunsch lässt die Band mit dem Nummer-Eins-Album „Kargo“ einen Fan sogar am eilig aufgebauten Glücksrad ermitteln.

Die Rock-Männer wandeln gekonnt zwischen Schabernack und Politik. Während sie mit „500k“ ihre halbe Million Fans in den sozialen Netzwerken („Wir sind Facebook-reich“) durchaus ironisch feiern, geht es bei „Schüsse in die Luft“ um grobe gesellschaftliche Baustellen bis zum Fremdenhass. „Dortmund und der Ort, wo wir herkommen, haben ein gemeinsames Problem“, sagt der Chemnitzer Felix Kummer. „Ein ziemliches Nazi-Problem!“ Anschließend schallen „Nazis raus“-Rufe durch den Westfalenpark. Klare Kante.

Juicy Beats 2023: Nina Chuba mit unzerbrechlicher Stimme

Kraftklub sind seit 14 Jahren im Musikgeschäft. Nina Chuba steigt dagegen gerade erst steil empor, veröffentlichte im Februar ihr erstes Album „Glas“. Und von einer zerbrechlichen Stimme kann in Dortmund keine Rede sein. Die 24-Jährige wandelt zwischen Rap und Pop und zwitschert mit „Wildberry Lillet“ einen unwiderstehlichen Ohrwurm über die Grasnarbe, der schon an der Chartspitze stand. Sie verpackt das Gefühl von Neid bei „Ich hass dich“ in giftige Noten („Hast noch nie 'nen Korb bekommen, außer den mit Präsenten“) und erhält für eine Stunde Eskalation maximale Sympathiepunkte.

Die junge Schauspielerin („Notruf Hafenkante“, „Traumschiff“) zupft zwischendurch geheimnisvoll an ihren zwei gebundenen Mega-Zöpfen: „Ich verrate euch meinen Lieblingssong!“ Der heißt „Tinnitus“ und ist ausgerechnet eine der ruhigeren Passagen. Der Applaus ebbt dagegen nicht ab.

Manche Fans tragen Glitzer-Schmuck in den Gesichtern. Andere haben sich Air-Brush-Tattoos auf die Haut sprühen lassen. Ein Händler bietet in direkter Nachbarschaft BVB- und Schalke-Motive an. Mutig! Das gilt auch für manche Zuschauer-Garderobe. Bestes gesichtetes Bein-Outfit: Hochgezogene Drei-Frage-Zeichen-Socken zur kurzen Hose.

Juicy Beats 2023: Postleitzahlen-Hip-Hop und Rap mit Alf-Note

Auch nicht gerade 08/15 im Juicy-Beats-Kosmos: Die Rap-Crew 01099, deren Name sich an der Postleitzahl der Dresdener Neustadt orientiert. Doch diesmal residieren sie auf der Dortmunder Hauptbühne. Die vier Jugendfreunde nutzen bei ihren komplexen Hip-Hop-Konstruktionen neue Medien wie TikTok. Ihr aktuelles Album heißt dagegen: Altbau.

Ebenfalls gern gesehen: Rapper Megaloh. Dieser staunt hinter seiner dunklen Sonnenbrille über etliche ausgestreckte Hip-Hop-Arme und dürfte mit dem Alf-Song „Gordon Shumway“ bei älteren Festival-Besuchern für außerirdisches Kopfkino sorgen. Null Problemo!

Bei der Atmosphäre sind sich sowieso alle grün: Auf den Wiesen und Bänken sieht man viele lächelnde Gesichter. Einige Kinder wippen auf den Schultern der Eltern. Diese Vitaminkur, schmeckt!

Das Wetter dagegen: durchwachsen! Zwischendurch etwas Regen, zum Glück lange Trockenphasen, sogar Sonne, aber schwüle Temperaturen. In der Nacht mussten die DJ-Sets dagegen wegen eines aufziehenden Unwetters abgebrochen werden. Der Westfalenpark wurde nach Mitternacht geräumt. Der zweite Festival-Tag von Juicy Beats soll am Samstag, 29. Juli, um 12 Uhr starten. Unter anderem stehen SDP, Badmomzjay und Lari Luke im Line-up. Festivaltickets kosten 80 Euro.

Juicy Beats Dortmund: SDP überraschen mit den 257ers

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