Dortmund. 21 Frauen arbeiten bei der Feuerwehr Dortmund – und 945 Männer. Zwei Feuerwehrfrauen über Männer-Handschläge, Kraft und liebevolle Frotzeleien.

945 Feuerwehrmänner gibt es in Dortmund – und 21 Feuerwehrfrauen. Warum so wenige? "Hm, ja, warum?" Das fragt sich auch Nicole Mühle (39) und schaut achselzuckend zu ihrer Kollegin Antje Meitzner (48). "Vielleicht, weil viele denken, man brauche eine handwerkliche Ausbildung?" Dabei ist das schon lange keine Voraussetzung mehr. Eine echte Antwort finden die beiden Feuerwehrfrauen nicht. Für sie ist ihr Job Leidenschaft pur.

An der fehlenden Körperkraft sollte der Frauenmangel nicht liegen, sagen sie. Über 25 Kilo Ausrüstung und Montur schleppen sie beim Brandeinsatz – so viel wie ihre Kollegen auch. "Gar kein Problem", meint Mühle, die übrigens Dortmunds einzige Höhenretterin ist. "Klar kann ich nicht 200 Kilo tragen. Aber mir hat mal ein Kollege gesagt: Du kannst mich nicht ganz aus dem brennenden Haus ziehen, aber ich weiß, dass du Himmel und Hölle in Bewegung setzt, um mich zu retten."

Antje Meitzner (l.) und Nicole Mühle: Als Frauen bei der Feuerwehr Dortmund deutlich in der Minderheit.
Antje Meitzner (l.) und Nicole Mühle: Als Frauen bei der Feuerwehr Dortmund deutlich in der Minderheit. © Andreas Buck/FUNKE Foto Services | Andreas Buch / FFS

Gleicher Sporttest für alle: Bloß keine Frauenquote!

Auch in der berüchtigten Sportprüfung beim Einstellungstest müssen Frauen das Gleiche leisten wie Männer. "Dann bin ich halt eine Sekunde langsamer", meint Mühle. "Na und? Das ist mir lieber, als wenn ich als Frau mit anderen Maßstäben gemessen werde". Vor dem Begriff Quotenfrau graust es ihr.

Schwierig werde es eher "hinten raus", ergänzt Meitzner: "Wenn man älter wird, fällt das alles schwerer." Sie selbst schiebt heute noch zweimal im Monat Integrationsdienst, um bei Löscheinsätzen am Ball zu bleiben. Sonst arbeitet die 48-Jährige (dank entsprechender Weiterbildungen) in Leitstelle und Personalwesen. Die obligatorische Atemschutz-Tauglichkeit muss sie trotzdem jedes Jahr bestehen, wie alle anderen auch. Und die ist auch nicht ohne.

Frauenanteil bei der Feuerwehr Dortmund – die Zahlen:

 gesamtFrauenAnteil
Berufsfeuerwehr

966

21

2%

Bewerbungen auf April-Lehrgang

231

13

6%

 - angenommen

24

1

4%

Freiwillige Feuerwehr

744

70

9%

Jugendfeuerwehr

282

56

20%

Kinderfeuerwehr

47

8

17%

Beide Frauen kamen über die Freiwillige Feuerwehr zur Berufsfeuerwehr – Meitzner aus Brandenburg, Mühle aus Stadtlohn im Münsterland. Als Antje Meitzner 2002 in Dortmund anfing, waren erst zwei Frauen bei der Feuerwehr. Wie ein Fremdkörper haben sich die beiden zwar nie gefühlt, aber: "Im ersten Halbjahr muss man schon mehr ackern als die Männer", meint Höhenretterin Mühle. "Man muss den Jungs klar machen: Ich gehöre zum Rudel dazu!"

Einstecken und austeilen! – Sprüche gehören dazu

Heißt auch: Man muss direkt sein, einstecken und austeilen können. Liebevolle Frotzeleien gehören unter Feuerwehrleuten einfach dazu – und es wäre doch ungerecht, wenn Frauen dabei geschont würden. Das merkt man auch beim Fototermin im Hof der Hörder Wache: "Soll ich euch helfen?", witzelt ein Kollege, als Meitzner und Mühle die Sauerstoffflaschen aus dem Laster hieven. Lachend (nicht helfend) geht er weiter. So ist das halt.

Nur bei Kleinigkeiten wird deutlich: Die Jungs gehen mit Frauen anders um als mit dem eigenen Geschlecht. Männer werden beim Nachnamen genannt – "aber ich bin die Frau Mühle", sagt die 39-Jährige. Oder der Händedruck: Die Kollegen begrüßen sich mit einem kumpeligen Männer-Handschlag, wechseln bei ihr aber in den klassischen Händedruck mit brav ausgestrecktem Unterarm. "Äh, Jungs, hallo...?! Ich bin auch eine von euch!", sagt Höhenretterin Mühle dann. Verstehen kann sie es nicht. Ändern aber auch nicht.

"Kann nicht so viel heben, passe aber durchs Kellerfenster"

Aber das sei alles kein Drama, da sind sich die Feuerwehrfrauen einig. Wichtig sei schließlich nur, dass sie im Einsatz das Gleiche leisten wie die Herren. Retten, löschen, bergen, schützen. Was sie an Muskelkraft weniger schaffen, bringen sie anderer Stelle ein: "Ich kann nicht so viel heben, passe aber durchs Kellerfenster", meint Mühle.

Inzwischen arbeitet auf fast jeder Dortmunder Wache mindestens eine Frau (außer in Scharnhorst und Brackel, wo kein Platz für getrennte Duschen ist). "Frauen haben die Teams deutlich verändert", meint Feuerwehrsprecher Matthias Kleinhans. Mit einer Frau in der Gruppe sei der Umgangston weniger ruppig. "Da reißen sich die Jungs ein bisschen zusammen", sagt er.

Also noch so ein Geschlechter-Ding. Ob die vornehme Zurückhaltung in Anwesenheit der Kolleginnen nötig ist, das sei dahingestellt – Antje Meitzner und Nicole Mühle kommen sicher auch so klar. Oder wie Mühles ältere Tochter anerkennend sagt: "Mama, du bist nicht die normale Mama."

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