Münster/Dortmund. Der Mörder von Nicole Schalla hatte sich abgesetzt. Er hätte seine lebenslange Haft antreten sollen. Die Polizei fand ihn in den Niederlanden.

Die Polizei hat den Ralf H. in der Nacht von Donnerstag auf Freitag in Enschede in den Niederlanden festgenommen. Der 56-Jährige, der 1993 die Schülerin Nicole Schalla ermordet hatte, war seit Dienstagabend mit seiner Lebensgefährtin auf der Flucht. Seit Mittwoch hatte die Polizei im Rahmen einer Öffentlichkeitsfahndung nach ihm gesucht.

Bei der Suche nach dem flüchtigen Mörder hatte die Polizei bereits zahlreiche Hinweise erhalten. Dabei verdichteten sich die Hinweise, dass sich der Gesuchte in einer Wohnung in Enschede aufhalten könnte, heißt es in einer Pressemitteilung der Polizei. Dieser Verdacht habe sich durch die Auswertung der Standortdaten der "elektronischen Fußfessel" erhärtet, die Ralf H. während seiner Flucht entfernt hatte. 

In Enschede fanden die Ermittler einige hundert Meter entfernt von der ermittelten Anschrift eines der beiden Fahrzeuge, welches auf die Verlobte des 56-Jährigen zugelassen ist. Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln auch gegen die Lebensgefährtin. Die könnte Ralf H. beim Entfernen seiner elektronischen Fußfessel geholfen haben. Gegen die Frau liegt ebenfalls ein Haftbefehl vor. Die 54-Jährige ist laut Polizei die Verlobte des verurteilten Mörders.

Zusammen mit Beamten des Landeskriminalamtes NRW verschaffte sich die niederländische Polizei Zugang zu der Wohnung in Enschede. Dort trafen sie auf den mit mit internationalem Haftbefehl gesuchten Ralf H. und nahmen ihn fest. Die Ermittlungen gegen seine ebenfalls anwesende Verlobte dauern an. Zwei auf die 54-Jährige zugelassene Autos wurden in der Nähe der Wohnung gefunden.

Urteil wegen Mordes seit einer Woche rechtskräftig

Vor einer Woche war das Urteil gegen Ralf H. wegen des Mordes an der damals 16-jährigen rechtskräftig geworden: lebenslange Haft, so bestätigte der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Dortmunder Landgerichts. Vollstreckt werden kann es erstmal nicht.

Der schon in der Vergangenheit mehr durch Gewalt gegen Frauen aufgefallene Ralf H. war im Januar dieses Jahres in einem Prozess mit zwei Anläufen - wegen der Erkrankung einer Richterin musste die Verhandlung neu aufgerollt werden - am Dortmunder Landgericht wegen der Tat verurteilt worden.

Auf freiem Fuß war er da schon wieder, nachdem er zuvor zwei Jahre in Untersuchungshaft gesessen hatte. Auch nach dem Urteil war keine erneute U-Haft angeordnet worden. Drei Monate nach dem Schuldspruch hatte das Amtsgericht Münster auf Antrag der Polizei aber verfügt, dass Hörstemeier eine elektronische Fußfessel tragen müsse.

Von der hat er sich laut Polizei am Dienstagabend um kurz nach 20 Uhr offenbar eigenmächtig befreit. Auch ein Handy, das als zusätzliche Sicherung - beispielsweise für einen Rückruf der Sicherheitsbehörden bei einem technischen Defekt der Fußfessel - diente, ließ der heute 56-Jährige zurück.

Aufgefallen ist Flucht von Ralf H. durch das gewaltsame Entfernen der Fußfessel. Die Manipulation löste einen Alarm aus. Die Polizei rückte zu der Wohnung aus - traf aber niemand mehr an. Die Fußfessel fanden die Beamten schließlich in einem Industriegebiet in Münster, wo Hörstemeier sie offenbar entsorgt hatte.

Ralf H., so sagte es ein Sprecher der Dortmunder Staatsanwaltschaft, hätte am Dienstag ein besonderes Schreiben erhalten sollen: Mit einem Termin für den Haftantritt für eine lange Zeit hinter Gittern. An seiner Wohnanschrift in Münster traf ihn die Polizei allerdings nicht mehr an.

Die Tat geschah bereits im Oktober 1993

Die eigentliche Tat ist lange her: Am 14. Oktober 1993 hat Ralf H. die Dortmunder Schülerin Nicole Schalla auf dem Heimweg von einem Besuch bei ihrem Freund überfallen und erwürgt, so sah es das Gericht als erwiesen an. Die Leiche wurde am nächsten Morgen gefunden. Eine Hautschuppe, die an dem Mädchen gefunden wurde, hatte die Polizei Jahre später auf die Spur von Ralf H. gebracht. Die Tat hatte er immer bestritten.