Dortmund. Im Streit um Gehaltskürzungen für Erzieherinnen der städtischen Kindertagesstätten, die während des bundesweiten Kita-Streiks krank waren, verhärten sich die Fronten. In Dortmund zieht neuer Ärger auf.
Die Stadt bleibt dabei: Erzieherinnen, die am Streik im Frühsommer gar nicht teilnehmen konnten, weil sie krank geschrieben, zur Kur oder in einer Reha-Maßnahme waren, sollen sich mit den zum Teil herben Lohnausfällen im Juli und August abfinden. Nur in Einzelfällen will man auf die soziale Härten Rücksicht nehmen. Ansonsten rät die Stadt den betroffenen Erzieherinnen, deren gesunde Kolleginnen unter anderem für eine besssere Gesundheitsfürsorge stritten, sich das Geld bei ihrer Krankenkasse wiederzuholen - als Krankengeld.
"Haarsträubendes Verhalten"
„Das Verhalten der Stadtverwaltung ist haarsträubend”, empörte sich jetzt erneut Verdi-Sekretär Martin Steinmetz über den „unerträglichen” Umgang mit Mitarbeitern. Man werde dagegen „nicht nur gerichtlich vorgehen”, drohte der Gewerkschaftler verschärfte Protestmaßnahmen an.
Unterstützung erhält Steinmetz jetzt vom Bochumer Wirtschaftsanwalt und Arbeitsrechtler Prof. Rüdiger Knaup. Nach Auffassung des renommierten Juristen, der durch die WAZ-Berichterstattung auf den Fall aufmerksam wurde, wäre die Stadt nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich gut beraten, ihre Haltung zu überdenken. Die Personalverwaltung stützt ihre Argumentation - wie sie gestern auf WAZ-Nachfrage erstmals offiziell mitteilte - auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes (BAG) von 1973. Diese Rechtsprechung gehe jedoch auf die frühen 1960er Jahre zurück und stamme aus einer Zeit, als das Streikrecht gewissermaßen noch in den Kinderschuhen gesteckt habe, sagte der Jurist im Gespräch mit unserer Zeitung. Knaup: „Die Rechtsmeinung der Stadt ist eindeutig falsch.” Die alte Rechtssprechung des BAG sei inzwischen durch eine ganze Reihe aktueller Urteile, etwa aus 1991 und 2003, überholt und korrigiert worden. Die Lohnkürzung könne höchstens dann rechtmäßig sein, wenn der Kita-Betrieb während des Streiks vollständig zum Erliegen gekommen wäre, es beispielsweise keinerlei Not-Gruppen gegeben hätte. Während des Streiks waren jedoch mehrere Kitas als Noteinrichtungen geöffnet. Die Stadt beharrt unterdessen auf ihrer Darstellung - hat sich aber offenbar nach dem WAZ-Bericht vom 9. September beim Kommunalen Arbeitgeberverband rückversichert. Doch auch dort sei eine Rechtssprechung, die vom Grundsatzurteil aus dem Jahr 1973 abweiche, nicht bekannt.
Wie berichtet, mussten die vor oder während des Streiks erkrankten Erzieherinnen des städtischen Eigenbetriebs FABIDO zum Teil dramatische Lohnabzüge hinnehmen. In einem Fall hat eine Erzieherin, die nicht gestreikt hatte, 900 Euro weniger auf ihrem Gehaltskonto. Jetzt wurde ein weiterer Fall bekannt, in dem die Mitarbeiterin sogar noch draufzahlen soll.