Essen. Eigentlich eine zündende Idee: Ausgerechnet einen Gastank-Lkw hatten zwei Männer aus Castrop-Rauxel und Oberhausen zum Drogenversteck umgebaut, um Hunderte Kilo Haschisch von Spanien nach Holland zu schmuggeln. Seit Mittwoch müssen sie sich vor dem Landgericht Essen verantworten. Den Angeklagten drohen bis zum neun Jahre Haft.
Auf den ersten Blick wirken der Castrop-Rauxeler Oliver B. (45) und der Oberhausener Horst L. (37) gar nicht so fantasievoll, als dass ihnen diese ausgeklügelte Tat zuzutrauen wäre. Außerordentlich professionell sollen sie den Schmuggel aufgezogen haben.
Die alten Freunde bekamen laut Anklage Kontakt zu Hintermännern in den Niederlanden, die Kuriere für Drogenfahrten im 100-Kilo-Bereich suchten. Dafür besorgte der Berufskraftfahrer Oliver B. eine Zugmaschine und einen Gastankauflieger und ließ die Fahrzeuge in Gelsenkirchen auf eine Spedition zu.
Alles sah legal aus, den Vorteil eines Gastankers als Drogenversteck nennt die Anklage: Zöllner schrecken meist davor zurück, die offenbar mit hochexplosivem Gas gefüllten Laster intensiv zu kontrollieren. Und die Stahlummantelung ist so dick, dass Röntgenstrahlen nicht bis zu den gelagerten Drogen durchdringen.
Angeklagten schmuggelten 100 bis 500 Kilo Haschisch
Auf zwei Probefahrten soll Oliver B. Kontaktmänner und Fahrtrouten kennengelernt haben, bevor es ab dem 8. Juli 2011 von der Gelsenkirchener Spedition aus zu den echten Fahrten gekommen sein soll. In Spanien, so heißt es weiter, belud er den Wagen mit Hilfe eines Kontaktmannes mit 500 Kilo Haschisch. Dazu hätten beide Spezialanzüge angezogen, um keine Drogenspuren an ihrer Alltagskleidung zu hinterlassen. Nachdem er in Holland ankam, soll er 15.000 Euro Kurierlohn bekommen haben, die er mit seinem Mitangeklagten Horst L. geteilt haben soll.
Am 8. Dezember kam es zu einer weiteren Schmuggelfahrt nach Holland mit 107 Kilo Haschisch, die aber von der niederländischen Polizei gestoppt wurde. Damit starben laut Anklage auch die angeblich weit gediehenen Pläne der beiden, in Kühltransportern Heroin aus der Türkei nach Deutschland zu bringen. Lkw seien dafür jedenfalls schon angeschafft und mit Stahlschubladen als Drogenversteck versehen worden.
Erstes Honorar in Marihuana-Plantagen in Castrop-Rauxel investiert
Wie es sich für weitschauende Geschäftsleute gehört, sollen die Angeklagten ihr erstes Honorar in Marihuanaplantagen investiert haben, die sie in Castrop-Rauxeler Wohnungen eingerichtet hätten. Bei der ersten Plantage lässt sich die gärtnerische Qualität angesichts der Hege und Pflege von 350 Setzlingen nur bescheiden nennen.
Sie hätten nämlich Schwierigkeiten gehabt, die erste Ernte abzusetzen und mussten schließlich mit einem Düsseldorfer vorlieb nehmen, der ihnen 18.000 Euro für fünf Kilo verkaufsfertiges Marihuana zahlte. Spätere Ernten brachten dank einer größeren Zahl von Setzlingen auch bessere Erträge. Einmal gab es sogar einen Gewinn von 32.000 Euro, sagt die Anklage.
Castrop-Rauxeler drohen maximal neun Jahre haft
Erste Rechtsgespräche nach der Anklageverlesung brachten nur für Oliver B. die Zusage des Gerichtes, dass bei einem Geständnis nicht mehr als neun Jahre Haft zu erwarten seien. Horst L., der wegen der Plantagen bereits vom Landgericht Duisburg zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt wurde, sträubte sich dagegen. Er hofft wohl für das Duisburger Urteil auf die Revision beim Bundesgerichtshof (BGH). Richterin Wendrich-Rosch machte ihm deutlich, dass das Gericht Anhaltspunkte für seine Schuld sähe. Deshalb solle er sich bis zum nächsten Prozesstag überlegen, ob nicht auch er auf das Angebot des Gerichts eingehen wolle: „Nehmen Sie den Spatz in der Hand, oder warten Sie auf die Taube vom BGH?“