Bottrop. . Aus der Zechen- wird eine Studentenstadt: Heute wird der erste Campus der Fachhochschule Ruhr West in Bottrop eingeweiht. Die Studis ziehen aus einer alten Hauptschule in ein echtes Zukunftshaus. Nicht alle Bottroper sind glücklich über den erwarteten Andrang.

Bottrop gehört nicht nur zu den letzten Städten Deutschlands, in denen noch Steinkohle aus der Tiefe geholt wird. In Bottrop wird zugleich die Energiewende studiert, was nun endgültig nicht mehr zu übersehen ist: Am heutigen Freitag wird feierlich der Neubau der Hochschule Ruhr West (HRW) in der Innenstadt eröffnet. Ein prägendes Ereignis für die ganze Region. Herzlichen Glückwunsch, Bottrop!

Diesen Satz „Ich studiere in Bottrop!“, den kann man freilich schon länger hören. Gegründet wurde die Hochschule schon 2009 und kurz darauf kamen die ersten Studenten an die beiden Standorte Bottrop und Mülheim: Ein Kuriosum – eine Hochschule ohne eigenes Gebäude. Kennt man nicht mal von der Fernuni Hagen.

Es war "viel improvisiert"

In Mülheim bauten sie eine provisorische Hochschule aus Containern, in Bottrop lernten die zuletzt 765 Studis in einer ausgemusterten Hauptschule: „Ich habe mich gefühlt wie ein Schüler“, sagt Moritz Schulz (26), angehender Wirtschaftsingenieur. „Dort war viel improvisiert. Teilweise hatten wir Vorlesungen im Bottroper Saalbau. Das hier ist schon was anderes.“ Alica Fries (19), Erstsemesterstudentin der Energieinformatik, kennt den „alten“ Campus von einem Schülerpraktikum. „Das Labor dort war ein Klassenraum.“

Nun ist also endlich Platz da für 900 Studis. Gut 38 Millionen Euro investierte das Land als Bauherr in den dreistöckigen Hochschul-Neubau mit seiner markanten Kupfer-Fassade. Der Standort Mülheim ist sogar deutlich größer, dort sollen es 2500 werden, wenn der Campus zum Wintersemester nächsten Jahres steht. Nichtsdestotrotz, schon vor einem halben Jahr hat der Diplom-Ingenieur Jens Weidenmüller als erster hier seinen Doktor gemacht.

Der Campus selbst ist ein Labor

In der Bergbaustadt Bottrop nun sind die Institute „Informatik“ sowie „Energiesysteme und Energiewirtschaft“ vertreten. Der Neubau beherbergt nicht nur ein 600 Quadratmeter großes Technikum, in dem Versuche gefahren werden können „bis hin zu Auftragsarbeiten für Unternehmen“, wie Dekan Marcus Rehm erläutert. Der Campus selbst dient als Großlabor. Studierende können zum Beispiel mit der Restwärme von Abwasser wissenschaftlich umgehen. Aber auch Solarkollektoren, Blockheizkraftwerk oder Betonkerntemperierung sollen der Lehre und Forschung dienen. Dieser Ansatz passt zur Modellstadt „Innovation-City“: Bottrop will seinen CO2-Ausstoß in einem großen Pilotgebiet bis zum Jahr 2020 halbieren.

Der Neubau macht indes nicht alle glücklich: „Was die Parkplätze angeht, ist es eine absolute Fehlplanung“, sagt Anwohnerin Yvonne Nowozcyn. Praktisch mit Baubeginn Mitte 2012 gründeten Nachbarn aus Furcht vor einem Auto-Chaos eine Bürgerinitiative. Aktuell stellt die HRW nur 165 Parkplätze für Beschäftigte und Studierende zur Verfügung. Eine Anwohnerparkregelung seitens der Stadt soll die Lage entspannen. Es gibt Zweifel daran. Solche Probleme sind in Mülheim nicht zu erwarten. Dort steht seit Neuestem immerhin das Parkhaus.