Bottrop. Der weltweite Trend für Verliebte hatte Bottrop im Kulturhauptstadtjahr 2010 erreicht: Liebesschlösser. Doch am Tetraeder werden die Schlösser regelmäßig abmontiert. Deshalb tauchen sie jetzt in der Fußgängerzone auf, etwa am Schutzgitter der Standuhr vor Triffterer an der Hansastraße.
Der Sommertrend für Verliebte 2014 heißt: Liebesschlösser. Im Sommer 2008 sind an der Kölner Hohenzollernbrücke und an der Rheinpromenade in Wiesbaden-Biebrich die ersten Vorhängeschlösser mit den Namen von Verliebten und Verlobten abgeschlossen worden, derzeit erreicht der Trend kleinere Städte in Schwaben, Sachsen und Franken. In Bottrop haben Liebespaare 2010 den Tetraeder für ihre Schwüre entdeckt. Weil die aber dort nicht von Dauer sind, tauchen jetzt die ersten Schlösser in der Fußgängerzone auf.
Erfunden haben den Brauch mit den Schlössern, natürlich, die Italiener. Allerdings hatte er zunächst gar nichts Romantisches: Absolventen der florentinischen Sanitätsakademie sollen zur Feier ihres Abschlusses ihre Spindschlösser an die uralte Brücke Ponte Vecchio gehängt und die Schlüssel in den Arno geworfen haben. Definitiv waren es aber Liebespaare, die den Brauch in Rom an der Milvischen Brücke aufgegriffen haben. Zu einem europaweiten Trend machte den Brauch 1992 Federico Moccias später auch verfilmter Jugendbuch-Bestseller „Drei Meter über dem Himmel“, der sein Heldenpaar Babi und Stefano mit einem Liebesschloss die noch junge Liebe beschwören lässt.
RVR entfernt Schlösser am Tetraeder regelmäßig
Der Regionalverband Ruhr registriert den Schloss-Trend seit 2010. In diesem Jahr hatten die Brauchtumsforscher Dagmar Hänel und Mirko Uhlig vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) die erste Studie über das Phänomen vorgelegt: „Ein Vorhängeschloss für die ewige Liebe. In Köln etabliert sich ein neuer Brauch.“ Darin berichten sie von den ersten Schlössern am Gasometer in Oberhausen und am Tetraeder. Diese Schlösser werteten Hänelö und Uhlig als Beleg dafür, wie schnell sich heutzutage Bräuche verändern können. Denn eigentlich bestand die Symbolik des Brauches nicht nur im Aufhängen des Schlosses: Der Schlüssel wurde eigentlich als Zeichen der Ewigkeit des Bundes danach ins Wasser geworfen.
Für die Ewigkeit waren die Schlösser am Tetraeder ohnehin nicht gedacht; vielleicht von den Paaren, aber nicht vom Regionalverband. Der ließ die Schlösser nämlich regelmäßig entfernen. „Aus statischen Gründen“, sagt RVR-Sprecherin Barbara Klask: „Der Tetraeder ist schließlich eine fragile Stahlkonstruktion und nicht auf Hunderte von Tonnen Tragkraft ausgelegt wie die Hohenzollernbrücke.“
Erste Paare verewigen sich in der Innenstadt
Dieses Argument klang vielleicht ein wenig vorgeschoben. Aber nur bis zum Nachmittag des 8. Juni. An diesem Sonntag stürzte an der weltberühmten Pariser Brücke „Pont des Arts“ zwischen Seineufer und Louvre das Brückengeländer auf einer Breite von 2,4 Metern ein. Und zwar mit Ansage. Bezirksbürgermeister Jean-Pierre Lecoq hatte schon im vergangenen Jahr gewarnt: „Wenn eines Tages ein Stück Brüstung einem Touristen in einem Boot auf den Kopf fällt, könnte ihn das verletzen oder gar töten.“
Weil die Schlösser am Tetraeder deshalb nicht von Dauer sein können, haben sich seit vergangenem Jahr die ersten Liebespaare in der Innenstadt verewigt, zum Beispiel am Schutzgitter der Standuhr vor Triffterer an der Hansastraße. Vielleicht aber gibt es doch eine Zukunft für die Liebenden an der Halde, etwa nach dem Vorbild Wiesbaden: Die Stadt hat am Schiersteiner Hafen, einem beliebten Treffpunkt für Pärchen, ein Stahlseil an der Dyckerhoffbrücke gespannt: extra für die Liebesschlösser.